17/12/2021
Wie das Fjordpferd zum Aalstrich kam. Eine wundervolle Weihnachtsgeschichte… 🎅🏻
St. Nikolaus und Knecht Ruprecht standen fassungslos im Schneegestöber vor Ihrem schwer beladenen Schlitten. Die Rentiere scharrten verdrossen mit den Hufen im Schnee und schüttelten die Köpfe. Man musste kein Fachmann sein um zu sehen, was sich hier anbahnte.
Die totale Weihnachts-Katastrophe. Das Aus für das Weihnachtsfest. Zumindest für dieses Jahr. Der Schlitten war kaputt. Die aus Eiskristallen geschmiedeten Kufen endgültig gebrochen.
Nur die Eiszwerge aus den 7 Eisbergen schmieden solche Kufen, das wussten Nikolaus und Ruprecht ganz genau, und leider wussten sie auch, wie lange so was dauert. „10 Monate, Minimum!“, stöhnte Ruprecht. Er erinnerte sich sehr wohl daran, dass ihm Nikolaus im letzten Januar den Auftrag gegeben hatte, neue Kufen zu bestellen. Erwähnen wollte er dies momentan nicht gerade, aber er schämte sich sehr und dachte an all die Kinder auf der Erde.
Nikolaus gab sich einen Ruck. „Dann müssen die Rentiere die Säcke halt tragen!“ Erschrocken wichen die Tiere ein paar Schritte zurück. Aber das half nichts, Ruprecht nahm einen der prall gefüllten Säcke und packte ihn dem größten der Tiere auf den Rücken. Das hätte er besser nicht tun sollen. Die Hinterhufe wirbelten durch die Luft, das Geweih bohrte sich wütend in den Schnee und der Sack flog Ruprecht in hohem Bogen vor die Füße. Im Inneren des Sackes gab es ein sehr gemeines Geräusch, das einen an Müllcontainer und Kindertränen denken ließ. Die Rentiere drehten den beiden Alten die Hinterteile zu. „Mit uns nicht, wir ziehen notfalls deinen Schlitten, aber wir sind keine Lastesel!“, schien darauf zu lesen zu sein. Dann zogen sie ab.
Es wurde sehr still. Ratlosigkeit wirbelte in weißen Flocken durch die Luft. Weihnachten rückte in weite Ferne. Irgendwo wieherte ein Pferd. „Das ist es!!“ entfuhr es dem sonst so ruhigen Heiligen mit einem kleinen Quiekser „wir brauchen Pferde! Schnell!“ Mit diesen Worten scheuchte er einige Dutzend Engelchen auf, die auf einer Tanne gesessen und Lametta poliert hatten. „Pferde“ riefen sie aufgeregt, erst leise, dann immer lauter “ St. Nikolaus braucht Pferde!“ und flogen los um den Pferden der Welt den Ruf des Nikolaus mitzuteilen.
Es dauerte nicht lange und sie kamen. Pferde aus allen Ländern, in allen Farben in jeder Größe, sogar ein grünes Karussellpferdchen war dabei. In einer langen Karawane trabten, galoppierten, tänzelten, tölteten, piaffierten und schritten sie durch den Schnee heran um St. Nikolaus ihre Hilfe anzubieten. Es war ein erhebender Anblick von seltener Schönheit. Als erstes drei Araber mit geblähten Nüstern; den Wüstenwind im Atem fegten sie heran wie ein Sandsturm und kamen kaum zum Stehen. „Nimm uns“ wieherten sie, „wir sind schneller als der Wind, nimm uns!“ Begeistert von den edlen Tieren wollte Ruprecht dem ersten gerade einen Sack auflegen, da blies der Nordwind dem Rappen in die seidige Mähne und der rannte los.
Berauscht von der eigenen Schnelligkeit riss er die anderen mit sich und sie flogen davon, ohne woher und wohin. “ Nun“ sagte Nikolaus bedächtig “ ich denke ein wenig ruhiger sollten unsere Weihnachtspferde schon sein.“ Als nächstes kam ein kleines Shetlandpony, energisch stapfte es herbei, obwohl es fast im hohen Schnee versank und begann in den Taschen von St. Nikolaus nach einer Mohrrübe zu suchen. Als aber Knecht Ruprecht mit dem Sack kam, war dieser so groß, dass er auf beiden Seiten des Pferdchens bis auf den Boden herunter hing. “ Nun“ sagte Nikolaus mit einem Schmunzeln “ ich denke ein wenig größer sollten unsere Weihnachtspferde schon sein, aber warte nur, ich will dich mit zur Erde nehmen, da weiß ich ein kleines Mädchen, das die Taschen voller Mohrrüben hat.“
Das hörten die Shire Horses, groß und gewaltig, mit Hufen wie Kanaldeckel, schritten sie herbei dass die Erde bebte. “ Leise, leise!“ schimpfte Rupprecht “ Ihr weckt ja alle Kinder auf!“ und als er einem der Riesen einen Sack auflegen wollte, gelang es ihm nicht, das Tier war einfach zu groß. Nikolaus seufzte und schloss die Augen für einen Moment als er spürte, wie es neben ihm zitterte. Zwei Andalusier, mit gebogenem Hals und glänzendem Fell verbeugten sich vor ihm. Auch sie wollten dem Nikolaus helfen, aber der Nordwind ließ sie schaudern. Nikolaus dankte ihnen: „Geht nach Hause, grüßt mir die Sonne Spaniens!“ Bei sich dachte er, dass ein Weihnachtspferd doch auch richtig wetterfest sein sollte.
Die lange Reihe der Pferde wurde immer kürzer, manche Tiere waren zu schnell, manche zu langsam, manche zu aufgeregt um auch nur eine Minute ruhig zu warten und andere schliefen fast ein. Einige glitten im Schnee aus und fanden, irritiert durch das viele Weiß, den Weg nicht mehr. Die Isländer liebten den Schnee, aber sie versuchten die Säcke im Rennpass zu transportieren, die dabei natürlich abrutschten. Die Lippizaner wären fast für immer verschwunden, weil niemand sie im weißen Schnee entdecken konnte, ein deutsches Reitpony schnappte vor lauter Aufregung nach St. Nikolaus und die schönen, lackschwarzen Friesen mit der wallenden Mähne fanden, dass ihnen die braunen Säcke farblich nicht standen, außerdem waren sie im weißen Schnee viel zu auffällig. Nur Knecht Rupprecht, dessen Lieblingsfarbe schwarz war, hätte das nicht gestört.
Jetzt waren gar keine Pferde mehr da. Alle hatte Nikolaus nach Hause schicken müssen.
Alle?? Nein, nicht alle! Etwas weiter hinten stand noch ein Grüppchen unauffälliger falber Pferde im Schnee. Nicht groß und nicht klein,nicht zu dunkel und nicht zu hell, zottig wie die Teddybären, mit vereisten Nikolausbärten im Gesicht standen sie geduldig da und warteten, bis sie an der Reihe wären.
Kleine Dampfwolken kamen aus ihren Nüstern. St. Nikolaus trat zu ihnen. Und er sah ihnen in die Augen. Und wusste, dass er gefunden hatte, was er gesucht hatte. Denn diese Augen sagten ihm: Wir tragen deine Säcke und dich fleißig und unbeirrt durch Eis und Schnee. Wir warten geduldig vor der Tür, wenn du bei den Kindern bist. Wir fressen alles, wenn dir der Hafer mal ausgegangen ist, notfalls auch Lebkuchen oder deine Butterbrote. Und wenn du nach deiner langen Reise müde bist und uns vor lauter Müdigkeit in die falsche Richtung führen willst, sei unbesorgt, wir setzen uns schon durch und zeigen dir den richtigen Weg nach Hause.
„Das sind sie, meine Weihnachtspferde!“ rief Nikolaus. „Ruprecht, bring die Säcke!“ Ruprecht kam zwar mit den Säcken, war aber noch nicht so ganz überzeugt. Er hätte sich wohl zu gerne auf einem eleganten Friesen durch die Welt reiten sehen. Deshalb begann er erst einmal zu mäkeln: „Wie soll ich denn die beladen, die haben ja gar keinen Widerrist, da weiß ich ja gar nicht, wo die Mitte ist und wie ich das Gewicht richtig verteilen soll.“ „Ach, Ruprecht!“ seufzte St. Nikolaus, der die Eitelkeiten seines Knechts sehr wohl kannte. Dann zwinkerte er dreimal und die falben Pferdchen hatten alle einen langen, dunklen Strich von vorne bis hinten, genau in der Mitte des Rückens, um Knecht Ruprecht zu zeigen, wie er sie bepacken sollte.
Und wer mir nicht glaubt, dass die Fjordpferde einmal das Weihnachtsfest gerettet haben, braucht nur mit mir in den Stall zu kommen, dann zeig ich ihm auf ihrem Rücken das Zeichen von St. Nikolaus.