30/11/2023
Für "Wie kann ich dich so führen, dass du mir gerne folgst?" statt "Du musst mir gehorchen (sonst...)!" im Umgang mit unseren Hunden.
Wovor es mir bei all den neuen Hundeverordnungs-Diskussionen am meisten graust, ist diese allgemeine Verherrlichung des „Gehorsams“.
Als wären Hunde komplette Idioten, die nix auf die Reihe kriegen, wenn wir es ihnen nicht beibringen.
Das Wort „Alltagstauglichkeit“ fällt in fast jedem Beitrag. Am alltagstauglichsten wäre der gehorsame Hund, wird behauptet.
Dieser „Gehorsam“ besteht dann aus dem Befolgen von „Kommandos“.
Jetzt ist mein Eddie zum Beispiel ein ausgesprochen alltagstauglicher Hund. Er ist zu jedem Menschen freundlich, fürchtet sich vor gar nix, findet gelegentliche Ausflüge in die Stadt hochinteressant und kommt mit den meisten Hunden gut aus. Rüden braucht er nicht unbedingt, aber er rauft auch nicht, sondern belässt es bei Beschimpfungen. Er kommt mit Leinen jeder Länge zurecht und auch ohne Leine gibt es keine Probleme.
Als „gehorsam“ würde und möchte ich ihn aber nicht bezeichnen. Ich habe kein einziges „Kommando“ mit ihm eingeübt. Genaugenommen haben wir überhaupt nix trainiert. Ich rede ganz normal mit ihm und interessiere mich für Dinge, die er tut. Das meiste davon finde ich toll und sag ihm das auch.
Er kommt zu mir, wenn ich ihn rufe und auch ich komme zu ihm, wenn er mich ruft.
Er ist einfach ein lieber, freundlicher, verlässlicher Kerl und ich wüsste nicht, was ich an ihm durch irgendein „Gehorsams-Training“ verbessern könnte.
Ehrlichgesagt würde ich mir da ziemlich blöd vorkommen.
Auch meine alte Vivi ist alltagstauglich. Sie kann zum Beispiel ausgesprochen deutlich „NEIN!“ sagen, wenn sie etwas nicht möchte. Wenn ich darauf Rücksicht nehme, kommen wir ganz hervorragend durch alle möglichen Situationen. Sie mit Kommandos belästigen zu wollen, wirkt geradezu lächerlich. Sie hat immerhin auf der Straße überlebt. Ich nicht.
Meine beiden jungen Hunde sind nur bedingt alltagstauglich. Der Elfie sind fremde Hunde unheimlich, dem Wenzel alles, was Räder hat und beiden laute oder schnelle Menschen. Noch!
Was „Gehorsam“ daran ändern könnte, erschließt sich mir nicht.
Im Gegenteil! Ich werde mich hüten, ihnen meine Einschätzungen aufzuzwingen.
Viel mehr interessieren mich die Gründe für ihr Verhalten und genau die würde ich nie erfahren, wenn ich sturen Gehorsam fordern würde.
Gemeinsam durch Dick und Dünn zu gehen, hat mit Vertrauen zu tun und mit Freundschaft, mit Hilfestellung und Beschützen, mit Interesse am jeweils Anderen aber doch nicht mit dem Befolgen von Befehlen. Außer vielleicht in amerikanischen Soldatenfilmen.
Die allerdings haben mit unserem Alltag rein gar nix zu tun.
Ich glaube nicht an Sicherheit durch Gehorsam. Ich glaube an Sicherheit durch Rücksichtnahme und Empathie. Bei Hunden und Menschen.