10/07/2022
Chapeau, PETA.
Als Pferdefrau bin ich kein Fan dieses Vereins, als PR-Frau muss ich vor den Kollegen jedes Mal aufs Neue den Hut ziehen. Ein Pferd stolpert unglücklich und muss erlöst werden. Und PETA nutzt die Chance, um 1,2 Millionen Menschen in Deutschland das Reiten zu verbieten.
Kann PETA Menschen das Reiten verbieten? Natürlich nicht!
Tut PETA mehr, als in Boulevardmedien das Unmögliche zu fordern? Natürlich nicht!
Und doch geht er weiter: Der Zersetzungsprozess. Ein guter PR’ler, der mit einem Arbeitsaufwand von rund 2 Stunden pro Monat den Deutschen Reitsport in die Mangel nimmt.
Der langfristige Erfolg ist unverkennbar. Wer dieser Tage auf Google “Reiten” eingibt, bekommt als ersten Vorschlag “Ist Reiten Tierquälerei?”. In den Sozialen Medien lassen sich Ahnungslose über die empathielosen und erfolgsgeilen Reiter aus, die ihre Pferde wechseln, wie andere die Unterhosen.
Dass die Ausbildung eines Pferdes Jahre dauert? Dass die Reiter teils mehr Zeit mit ihren Pferden als mit ihren Familien verbringen? Dass die Ausbildung Unsummen verschlingt? Dass ein gutes Sportpferd den Wert von mindestens einem hübschen Haus hat? Alles unwichtig. PETA hat ja gesagt: Reiter sind böse und Reitpferde werden gnadenlos verheizt und ersetzt. Und wenn die Reiter im Fernsehen böse sind, dann gilt das natürlich auch für Lieschen Müller und ihren Haflinger, der 2 x im Jahr eine E-Dressur läuft.
Oftmals frage ich mich, ob eine fundierte Diskussion mit PETA überhaupt möglich wäre. So reißerisch die Artikel auch sind; teils sind sie ohne jeden Funken von Sachverstand geschrieben. PETAs Angriff gegen die Pferdezucht im Frühjahr hat mich gelinde gesagt sprachlos gemacht. Reichweitenstark bezeichnete der Verein jeden Tierzüchter quasi als Zuhälter, der seine Tiere zum unnatürlichen Geschlechtsakt zwingt. Haben Sie jemals einen 600 Kilo schweren Hengst in der Nähe einer rossigen, 600 Kilo schweren Stute erlebt? Wer lebensmüde genug ist, kann sich gerne mal dazwischenstellen und mir zeigen, wie man irgendwen zu irgendwas zwingen kann.
Trotzdem ist von den Verbänden nur wenig Gegenwehr zu beobachten. Denn eines ist sicher: In wenigen Wochen ist der Aufruhr abgeklungen. Und nur selten bekommt eine Disziplin 2 x ihr Fett weg. Also atmet man auf, wenn beim nächsten Mal ein anderes Lager betroffen ist.
Ist tot stellen wirklich die beste Strategie? Denn die “Aufhänger” sind da, die Negativ-Schlagzeilen, auf die PETA aufbaut.
Es gibt schlechte Eltern – trotzdem würde nie jemand allen Menschen das Kinderkriegen verbieten. Es gibt schlechte Hundehalter – trotzdem würde nie jemand die Hundehaltung verbieten. Aber wir Reiter sehen zu, wie ein guter PR’ler wenige Unfälle und schwarze Schafe nutzt, um über 1 Millionen Pferdeliebhaber durch den Dreck zu ziehen.
Bleibt die Frage: Was kann man tun?
Unschöne Bilder dürfen im Pferdesport ausnahmslos nie toleriert werden und schwarzen Schafen gehört schnell und hart der Prozess gemacht.
Die Verbände und Veranstalter brauchen gute Kommunikationsabteilungen, die Themen und ggf. auch Probleme breitentauglich erklären können und proaktiv den Dialog mit den Medien suchen. Unfälle passieren auf der Koppel, in der Stallgasse und leider auch beim Reiten. Das kann man nicht schönreden, aber erklären und daraus Konsequenzen für die Zukunft ziehen.
Und zuletzt dürfen es Ottonormalreiter nicht müde werden, mit den Ahnungslosen zu streiten. Denn wenn die letzten Stimmen der Vernunft verstummen, dann verlieren wir alle.