06/08/2024
Drei Ledernasen unterwegs
Teil 4
„Wenn Du nicht weisst wohin du gehst, wird dich jede Strasse dorthin bringen“
Lewis Caroll
Mein Weg führt mich immer weiter hinauf in den hohen Norden.
Je höher ich komme, desto mehr nordische Hunde begegnen mir und mein Wunsch wird grösser, mehr über diese faszinierenden Tiere zu erfahren.
Da auf meiner Route eine Husky Farm liegt, entscheide ich mich spontan, eine Nacht dort zu verbringen.
Die Betreiber sind ausgesprochen herzliche Menschen und so wurden aus einer Nacht drei.
Katerina und Jachym sind vor fast 20 Jahren aus Tschechien nach Schweden ausgewandert und führen einen Kennel, in dem zurzeit 50 Sibirische Huskys leben.
Katerina ist zudem eine richtige Kräuterfachfrau und mit viel Engagement und Herzblut bringen sie interessierten Menschen die faszinierenden Welt dieser besonderen Hunde und die Vielfalt der nordischen Kräuter näher.
Mehr zufällig führt mich danach mein weiterer Weg etwas weiter nördlich ein weiteres Mal zu einem Ort, an dem viele nordische Hunde leben.
Die beiden Schweizer Caro und Dänu Schafer sind im Jahr 2011 gemeinsam mit ihren Schlittenhunden nach Schweden an den Sandsjösee ausgewandert und führen dort in der Abgeschiedenheit einen kleinen, sehr familiären Campingplatz.
Der Wunsch, ihren Hunden ein artgerechtes Leben bieten zu können war damals der Antrieb die Schweiz zu verlassen, um in Schweden eine neue Heimat zu finden.
In den vergangenen Jahren haben die beiden für sich, ihre Hunde und alle Menschen, die nordische Abenteuerluft schnuppern wollen, eine kleine Oase erschaffen.
Dänu und Caro teilen ihr grosses Fachwissen und ihre Erfahrung gerne mit anderen Menschen und so bekam ich die Gelegenheit,
viele (und noch viel mehr😉) Fragen stellen zu können und ihre Hunde persönlich kennenzulernen.
Zu ihrer Gruppe gehören Sibirische Huskys, der Alaskan Malamut, Grönländer und Jakutische Laikas.
Es war sehr eindrücklich, die unterschiedlichen Hunde im direkten Vergleich nebeneinander zu erleben.
In den eisigen Zonen des Nordens war das ursprüngliche Ziel, Hunde zu züchten, die an die klimatischen Verhältnisse angepasst und in der Lage waren, den Menschen die Arbeit in der eisigen Kälte zu erleichtern.
Ihre Aufgaben waren unter anderem schwere Lasten zu ziehen, zu jagen und die menschlichen Siedlungen zu schützen.
Dabei entwickelten sich je nach Region und Aufgaben auch Spezialisierungen.
Manche Rassen sind auch heute noch kräftiger gebaut und können grosse Lasten ziehen, andere sind schnelle Kurzstreckenläufer und wiederum andere sind ausdauernde Langstreckenläufer.
Die Natur hat die nordischen Hunde mit besonderen Merkmalen ausgestattet, so dass sie mit den eisigen Temperaturen in ihren Ursprungsländern gut zurechtkommen können.
Die Länge des Fangs muss so sein, dass die kalte Luft genügende aufgewärmt wird, bevor sie in die Lunge gelangt.
Auch die Rute muss lang und buschig sein, damit die Hunde sich beim Schlafen einwickeln und ihre Nase darin schützend vergraben können, um so die Atemluft zu erwärmen.
Die Pfoten sind unter der Haut mit einer dicken Fettschickt gepolstert zum Schutz gegen die Kälte und die Ohren müssen innen gut behaart sein, so dass der Schnee nicht eindringen kann.
Die Augen haben eine mandelförmige Form, damit die Hunde sie bei Schneefall zukneifen können und trotzdem den Weg noch vor sich sehen.
Wenn sie sich hinlegen, dann tun sie das mit einer leicht abgedrehten Hinterhand, so dass Nieren und Bauch nicht ungeschützt dem kalten Boden ausgesetzt sind.
Mich fasziniert, mit welcher Perfektion die Natur Lebewesen für ihren jeweiligen Lebensraum ausstattet.
Doch auch wenn die nordischen Hunde in der Lage sind,um mit den widrigsten Lebensbedingungen klarzukommen so heisst das nicht, dass sie das auch immer gerne tun.
Bei meiner Kennel Tour erfahre ich, dass es durchaus Hunde gibt, die nicht gerne arbeiten wenn es schneit und das sich die meisten der Hunde bei eisigen Temperaturen lieber in ihre leicht beheizte und isolierte Hütte zurückziehen als draussen im kalten Schnee zu liegen.
In der Hütte können sie sich entspannt hinlegen und sind somit erholt für die Arbeit.
Wenn im Winter die Temperaturen sinken, brauchen die Hunde viel mehr Futter, um ihre Körperfunktionen aufrecht erhalten zu können. Werden sie dann noch zum Arbeiten eingesetzt, erhöht sich ihr Bedarf umso mehr.
Eine gut geschützte Hütte macht somit also auch den Spezialisten für Kälte, Eis und Schnee das Leben leichter und angenehmer.
Die Begegnung mit diesen ursprünglichen Hunden hat mich sehr fasziniert und begeistert.
Sie vereinen so viele Eigenschaften, die ich persönlich sehr schätze.
Sie sind eigenwillig, unabhängig, eigenständig und ausgesprochene Persönlichkeiten.
Zugleich sind sie neugierig, freundlich, den Menschen gegenüber offen und mit ihrer Bezugsperson sehr verbunden.
Sie scheinen noch das alte, ursprüngliche Wissen in sich zu tragen, dass man in diesen Regionen der Erde aufeinander angewiesen ist, wenn man überleben will.
Es braucht in einer Gemeinschaft gegenseitige Akzeptanz und Vertrauen, sowie die Stärken und Fähigkeiten jedes Einzelnen, damit dies in der rauen Wildnis auch gelingen kann.
Ich wünsche mir, dass wir alle wieder zu dieser Weisheit zurückfinden können in einer Welt, die sehr anspruchsvoll geworden ist.
Herzliche Grüsse aus der Wildnis
Vanessa
Wer mehr wissen möchte kann gerne hier stöbern:
Nordic Husky Farm:
www.nordichhuskyfarm.com
Sandsjögarden:
www.sandsjogarden.com