24/03/2023
Zeit für einen Post mit "emotionalem Touch" - weil wir eben auch nur Menschen sind! ;)
Es passieren manchmal einfach Dinge, die glaubt man gar nicht...
Viele von euch haben ja mitverfolgt, dass wir seit Ende letzten Jahres den Malinois-Buben Jack bei uns auf Pflegestelle aufgenommen haben. Ein Hund mit der ein oder anderen Baustelle - unter anderem der, dass er anfangs gern selbstständig fremde Menschen körperlich angegangen ist, die ihm zu nahe kamen. Und das nicht grad auf die nette Art. Harte Arbeit, blanke Nerven und jede Menge Herzblut haben wir täglich investiert, um diesen auf Abwege geratenen Goldschatz wieder auf Spur zu bekommen. Ehrenamtlich versteht sich, nicht im bezahlten Auftrag als Hundetrainer, sondern tatsächlich rein aus Liebe zum Hund. Menschen mit Herz soll's ja geben. Ziel für Jack ist es, dass er nach Bestehen zweier Prüfungen in den Dienst gehen darf, denn eine geeignete Privatperson für ihn zu finden gleicht einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Nicht umsonst hatte er bereits zwei Vorbesitzer, bevor er eine längere Zeit im Tierheim verbrachte. Ein Wanderpokal soll er nicht werden.
Die Begleithundeprüfung hat er bereits bestanden, nun trainieren wir fleißig für die spr1 (Schutzdienstprüfung). Dafür fahren wir seit Wochen auf eigene Kosten quer durch die Heide, um an den entsprechenden Plätzen üben zu können. Man macht's ja gern...
Das Schwierigste an der letzten noch kommenden Prüfung ist es, dass Jack lernen muss, den Beuteärmel, in den er beißen darf, zuverlässig wieder auszulassen, denn er hat hoch im Trieb natürlich enormen Stress und neigt zu gesteigerter Ressourcenaggression. Kein ganz leichtes Stück Arbeit und auch nicht immer ganz ungefährlich. Aber wir geben täglich unser Bestes in der Hoffnung, dass wir die Prüfung schaffen und aus dem Bengelchen doch noch ein Engelchen wird. Denn das ist nun mal das A und O: Kein Beißen ohne zuverlässiges Aus-Kommando.
Umso mehr könnte ich AUSRASTEN, wenn dann Situationen wie heute entstehen: Wir stehen im Garten und üben im Schweiße unseres Angesichts mit Jack das Trennen und das NICHT selbstständig in den Ärmel gehen. Kommt eine alte Dame vorbei, stiert durch die Lücken unserer Hecke durch den Zaun und pöbelt uns in unfreundlichster Weise an, ob wir denn spinnen würden, den Hund scharf zu machen, warum wir das tun?!! Ich versuche im ersten Moment völlig perplex eine Antwort zu geben, stelle aber augenblicklich fest, dass die Dame zwar eine Frage gestellt, jedoch gar keine Antwort erwartet hat, sondern lieber in einer Tour schimpfend vor dem Zaun stehen bleibt und uns weiter mit den wüstesten Beschimpfungen belegt.
Mir ist bewusst, dass so etwas Absurdes eigentlich völlig an mir abperlen müsste und ich hätte jedem anderen vermutlich sowas in der Art gesagt: "Reg dich doch nicht auf, offensichtlich möchte sich doch hier nur jemand lauthals über etwas aufregen, das er nicht versteht und ist an der Realität noch nicht mal interessiert. Was juckt es dich, was so jemand denkt?"
Aber das ist die nüchterne Logik. Die Theorie. Emotionslos.
SO emotional wie heute werde ich echt selten getroffen, möchte es aber zum Anlass nehmen, nicht nur meinem Frust darüber Luft zu machen, sondern auch dafür zu sorgen, möglichen Gerüchten, die besagte Dame nun vielleicht da draußen verbreitet, vorzugreifen.
Im Allgemeinen rolle ich einfach mit den Augen, wenn Menschen behaupten hier irgendetwas zu sehen, das in ihren Augen Gewalt am Hund darstellt, denn im Zweifel können sie ja - sofern es sie wirklich interessiert und sie nicht nur etwas zum Aufregen suchen - jederzeit einfach bei uns vorbeischauen und sich davon überzeugen, dass hier Hunde weder gequält, noch missbraucht noch getreten oder in irgendeiner Form gewaltsam behandelt werden.
Aber wie dreist ist es bitte, fremde Menschen ohne jegliches Verständnis derartig anzumachen, dann nicht einmal zu Wort kommen zu lassen und hier einen Aufruhr zu veranstalten wegen einer Situation, die GENAU DAS GEGENTEIL dessen ist, was diese Person meint zu sehen?? Das Letzte was mir jetzt noch fehlt als Dank für all die harte Arbeit mit Jack, ist eine völlig uninformierte alte Dame, die hier durch die Zanderstraße rennt und behauptet in unserer Hundeschule würden Hunde scharf gemacht!! Hallo??!!
Ich gebe zu, mich in dieser Situation nicht gerade mit Ruhm bekleckert zu haben. Ich weiß, ich hätte diese Dame auch einfach auflaufen lassen können. Darüber stehen. Doch da sie offensichtlich nicht wirklich reden sondern nur pöbeln wollte, war ich sehr erbost. Wirklich SEHR erbost. Ich habe also wüst zurück geschimpft und sie sehr unhöflich aufgefordert zu verschwinden, was sie dann auch (weiterhin schimpfend) irgendwann endlich tat. Ich war ECHT WÜTEND, denn es hat auch unsere Arbeit in diesem Moment torpediert. Weshalb ich meine schlechte Laune auch direkt an der Verursacherin ausgelassen habe, denn warum sich beherrschen und im Anschluss die aufgestaute Wut womöglich unabsichtlich am Hund auslassen, der ja nun wirklich gar nichts dafür kann? Ja sicher, im Nachhinein ist mir natürlich klar, dass es niemals cool ist, die Beherrschung zu verlieren, passiert mir heutzutage auch zum Glück eher selten, doch ich gebe es zu, auch ich bin nur ein Mensch, der in diesem Moment komplett überrumpelt die Fassung verloren hat. Vielleicht hätte ich mal versuchen sollen selbst in den Ärmel zu beißen, um meine Wut daran auszulassen, das kam mir aber nicht so verlockend vor.
Naja, Spaß beiseite, absurder könnte ein Vorwurf wirklich nicht sein - wir reißen uns hier seit mittlerweile Monaten den Allerwertesten auf, um Jack zu einem glücklichen, möglichst ungefährlichen Hund mit Zukunft zu machen. Wir opfern unsere Zeit, unser Geld, unsere Nerven. Wie viele Stunden haben wir bei Dunkelheit und Kälte in den Wintermonaten draußen beim Training verbracht, statt drinnen auf dem warmen Sofa, damit der Bub Fortschritte macht? Wie viele Kilometer haben wir auf's Auto geschrubbt? (Von seiner ersten Woche bei uns, in der ich mit ihm 7 Tage hintereinander bis zu 8 Stunden täglich beim Tierarzt an der Infusion gesessen habe mal ganz zu schweigen) Und dann kommen da solche Menschen daher und brüllen in ihrer unendlichen Borniertheit solche Dinge über die Straße. Schreien hier laute Behauptungen raus, die ferner der Realität nicht sein könnten und die der absolute Rufmord sind. Würden wir wollen, dass Jack unkontrolliert in Menschen beißt, hätten wir doch gar nichts machen müssen, dann hätten wir ihn einfach nur gelassen wie er schon war... Was hätte uns das Ressourcen erspart!! Ehrlich, es ist wie ein Schlag ins Gesicht...
Naja, das wird sicher nicht die letzte Begebenheit gewesen sein, denn wir leben offenbar in einer Gesellschaft, in der erst gebrüllt und dann (wenn überhaupt) nachgedacht wird.
Das musste jetzt einfach mal raus, zusammen mit der klaren Aussage: Unsere Arbeit ist weder geheim noch fragwürdig. Jeder hat die Möglichkeit alles zu fragen, das er nicht versteht, uns kennenzulernen und sich einen Einblick in unsere Grundsätze zu verschaffen. Unsere Kontaktdaten sind veröffentlicht, man kann sich jederzeit (höflich!) an uns wenden.
Wir arbeiten auch weiter daran, Jack auf seine letzte Prüfung vorzubereiten, sprich noch viel Arbeit in hoher Trieblage, denn was nützt einem der Gehorsam, wenn dieser nur bis zu einem gewissen Punkt gegeben ist und der Hund im Trieb dann einfach abschaltet? Gerade ein Triebtäter wie Jack MUSS lernen, sich auch unter hohem Stress im Griff zu haben und mit dem Menschen zu kooperieren, damit er eben NICHT eine Gefahr für andere Menschen darstellt. Genau deshalb machen wir den Kram doch. Und das macht er auch schon wirklich gut und gibt sich große Mühe. Und wir werden auch nicht aufgeben, TROTZ erschwerender Umstände und Mitmenschen... Er hat es verdient