29/05/2025
In letzter Zeit bekomme ich bei FB ein Seminar angezeigt: "von Leithunden lernen, Hunde intuitiv führen". In dem Post wird beschrieben, dass gezeigt wird, wie man die richtige "Energie" ausstrahlt.
In diesem Post möchte ich dir beschreiben, was dahinter steckt.
Auf den ersten Blick klingt der Titel super nett. Aber ein Seminar mit dem Titel: "Wie du mit deiner Körpersprache deinen Hund so einschüchterst, dass er sich nichts mehr traut" würde sich wahrscheinlich weniger gut verkaufen.
Denn wir alle lieben doch unsere Hunde und niemand möchte seinem Hund schaden. Daher nutzen solche Hundetrainer schön klingende Begriffe um nicht zu sagen, was sie machen.
Allein die Wortwahl zeigt mir, dass da noch nach der veralteten "Rudelführertheorie" gearbeitet wird. Es gibt nämlich gar keinen Leithund. Diese Rangordnung wurde bei Wölfen in Gefangenschaft beobachtet. Ein Rudel Wölfe besteht aus dem Elternpaar, den Kindern des aktuellen Jahres und des Vorjahres. Die Eltern sind also ganz automatisch die Leittiere, es gibt keine Rangordnung, mit Kämpfen ausgefochten wird. Wenn die Kinder erwachsen sind, wandern sie ab und gründen ihre eigene Familie. Ganz so wie beim Menschen. Das ist im Zoo nicht möglich, daher kommt es da zu Kämpfen und eine unnatürliche "Rangfolge" bildet sich aus. Ähnlich wie im Gefängnis, wo es auch Rangordnungen und Gewalt gibt.
Anhänger dieser Rudelführertheorie (ein Rudel besteht im Übrigen aus Tieren einer Gattung - also können Menschen mit Hunden gar kein Rudel bilden) sind der Meinung, dass der Hund dazu strebt, die Führung zu übernehmen und wir ihn die ganze Zeit unterdrücken müssen. Das ist nicht nur wahnsinnig anstrengend, sondern auch kontraproduktiv. Dadurch, dass wir dem Hund einen bösartigen Willen unterstellen, machen wir es uns natürlich leicht. In 90% der Fälle hören Hunde deshalb nicht, weil sie einfach nicht verstanden haben, was wir von ihnen wollen.
Es gibt eine Studie, bei der Lehrer getestet wurden. Ihnen wurden verschiedene Schulklassen gegeben und vorher gesagt, dass es entweder gute oder schlechte Schüler waren (es waren jedoch alle durchschnittlich). Bei einem abschließenden Test waren die "guten" Schüler tatsächlich besser. Was war passiert? Bei den "schlechten" Schülern haben sich die Lehrer weniger Mühe gegeben und es auf die Dummheit der Schüler geschoben, wenn der Stoff nicht verstanden wurde. Bei den "guten" Schülern suchten die Lehrer die Schuld jedoch bei sich und erklärten den Stoff auf verschiedene Arten.
Und ich denke, daraus können wir ganz viel im Umgang mit Hunden lernen. Statt ihnen Unwilligkeit oder Bösartigkeit zu unterstellen, lasst uns doch davon ausgehen, dass sie hören wollen und sie einfach nur nicht verstanden haben, was wir von ihnen möchten. Oft sehe ich auch, dass ein Verhalten unbewusst gefördert wird, weil Menschen intuitiv den Fokus auf das unerwünschte Verhalten legen.
Und ein kleiner Merksatz zum Schluss: Wann immer du Verhalten unterbrichst (z.B. Menschen anspringen, am Zaun bellen, Hunde ankeifen), muss das für den Hund mindestens unangenehm sein. Meist ist es schmerzhaft. Der Beweis, dass es für den Hund unangenehm bis schmerzhaft ist, ist dass es funktioniert. Je besser es funktioniert, desto unangenehmer für den Hund. Wenn es dem Hund nichts ausmachen würde, würde es nicht funktionieren.