24/09/2023
Oft werde ich gefragt, ob die Arbeits- und Stressbelastung für Assistenzhunde nicht zu hoch ist - besonders bei Hunden für Menschen mit Traumafolgestörungen und ähnlichem. Ich finde diese Frage grundsätzlich gut, weil sie die Bedürfnisse der Hunde und ihr Wohlergehen der Hunde in den Blick nimmt. Und beides wird bei der Ausbildung berücksichtigt - zumindest sollte das so sein und ist bei mir und vielen anderen Kolleg:innen der Fall.
Meine Beobachtung war immer, dass auch PTBS-Assistenzhunde "glückliche Hunde" 🍀 sind - eine hochwertige Ausbildung basierend auf positiver Verstärkung und einen liebevollen Umgang vorausgesetzt.
Jetzt hat sich ein Forschungsteam mit dieser Frage beschäftigt und die Studie scheint meinen Eindruck zu bestätigen 🙂.
🐕🦺 PTBS Assistenzhunde sind speziell ausgebildet, um Menschen mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) zu unterstützen und Aufgaben zu übernehmen, welche die Auswirkungen der PTBS-Symptome mildern sollen.
📈 In der Pilotstudie am Messerli Institut (Vetmeduni) von Karoline Gerwisch, Karl Weissenbacher, Michelle Proyer & Ludwig Huber wurde mittels eines Online-Fragebogens untersucht, wie sich PTBS-Assistenzhunde auf die Lebensqualität von PTBS-Betroffenen in Österreich und Deutschland auswirken.
🦮 Außerdem wurde erforscht, ob die beteiligten Assistenzhunde durch ihre täglichen Aufgaben mehr Stress erleben als zwei Kontrollgruppen: 1. Familienhunde ohne spezielle Aufgaben, 2. Signalhunde für Diabetiker:innen, die eine ähnliche Arbeitsbelastung haben. Zur Erhebung der Stressbelastung wurde Speichelcortisol gemessen.
🥰 Die Studie ergab, dass Menschen mit PTBS durch ihren Assistenzhund eine Verbesserung ihrer Lebensqualität erlangen, da sie unter anderem Verantwortung für diesen übernehmen, Routinen in ihrem Alltag schaffen können und sich sicherer sowie freier fühlen.
🫤 Andererseits schafft die Begleitung durch einen Assistenzhund laut Studienteilnehmer:innen soziale Barrieren. Wichtige Themen, die diesbezüglich angesprochen wurden, sind die Zutrittsrechte (zum Beispiel zu Supermärkten, Arztpraxen, etc.) von PTBS-Assistenzhunden sowie das Problem der Inklusion von Menschen mit nicht sichtbaren Beeinträchtigungen.
🧪Überraschenderweise konnten im zweiten Teil der Studie bei den PTBS-Assistenzhunden im Vergleich zu den Kontrollgruppen signifikant niedrigere Speichelcortisolwerte nachgewiesen werden.
❤ Die enge Bindung zwischen den Assistenzhunden und ihren Halter:innen, die auch als soziale Puffer fungieren können, ist eine mögliche Erklärung der unerwarteten Ergebnisse. „Social Buffering“ bedeutet, dass Oxytocin als Reaktion auf Stress ausgeschüttet wird, wobei die Sekretion durch die Anwesenheit und den Körperkontakt von Sozialpartner:innen (wie es bei PTBS-Assistenzhunden und ihren Halter:innen sehr häufig der Fall ist) verstärkt wird (Buttner, 2016). Dadurch wird Stress verringert.
Die Ergebnisse der Pilotstudie deuten darauf hin, dass die positive Beziehung zwischen PTBS-Assistenzhunden und ihren Halter:innen Stress auf beiden Seiten reduzieren kann und ein an die Anforderungen eines Assistenzhundes angepasstes Training Stress im Alltag dieser Hunde vorbeugt 💞.
Herzlichen Dank an Karoline Gerwisch für diese Zusammenfassung ihrer Arbeit!
Quelle:
Gerwisch, K., Weissenbacher, K., Proyer, M., Huber, L., 2023. A pilot study into the effects of PTSD-assistance dogs’ work on their salivary cortisol levels and their handlers’ Quality of life. Journal of Applied Animal Welfare Science
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