22/07/2022
Das hab ich mal für die Basisgruppe in einfache Worte gefasst. Man muss das nicht unbedingt alles so kompliziert sehen:
Wie trägt das Pferd den Reiter?
Der Reiter sitzt auf dem Brustkorb des Pferdes direkt hinter dem Widerrist. Der Brustkorb wird von den Beinen des Pferdes getragen, wobei nur die Hinterbeine über knöcherne Gelenke mit dem Rumpf verbunden sind (Hüftgelenke, und der Übergang Kreuzbein zur Lendenwirbelsäule). „Vorne“ trägt das Pferd den Rumpf in einer muskulär/bindegewebigen Halteschlinge zwischen den Schulterblättern, denn es hat kein Schlüsselbein, welches Schulter und Rumpf knöchern verbinden könnte.
Nun ist es wichtig, dieses Tragesystem zu stabilisieren, und zwar aus zwei Gründen.
Diese Schlinge vorn ist auch für die Dämpfung des Auftretens des Vorderbeines verantwortlich. Hinten haben wir eine deutlichere Dämpfung über die Winkelung vieler Gelenke, vorn ist das Bein gerader und kann sonst fast nur im Fesselgelenk federn, was zu einer erhöhten Verschleissanfälligkeit der Sehnen der Vorderbeine führt.
Der zweite Grund sind die senkrecht stehenden Dornfortsätze der Wirbelsäule. Wenn das Pferd sich in eine Hohlkreuzhaltung begibt, weil es den Reiter nicht korrekt trägt, dann berühren sich auf Dauer diese knöchernen Strukturen schmerzhaft, es kommt zu Entzündungen im Rahmen der sogenannten Kissing spines.
Wie kann ich das nun alles verhindern oder verbessern? Indem ich das Pferd so reite, dass es funktionell anatomisch den Reiter schadlos tragen kann, alle Welt spricht von der Biomechanik des Pferdes.
Ich kräftige die Muskulatur des Pferdes, die den Rumpf stabilisiert und ich rege das Pferd dazu an, auch etwas mehr Gewicht über die Hinterhand zu tragen und den Rücken leicht aufzuwölben.
Ich bringe das Pferd dazu, die Wirbelsäule nach oben soweit wieder aufzufächern (aufzuwölben), bis das Absinken durch das Reitergewicht wieder ausgeglichen wird. Hierzu nutzen wir eine anatomische Struktur, die das Nackenrückenband genannt wird. Das ist eine Sehnenplatte, die vor allem im Bereich des Rückens oben an den Dornfortsätzen angeheftet ist und über Zug diese Auffächern kann. Das geschieht, wenn die Pferde den Hals leicht wölben und senken(in Anlehnung und Beizäumung) und, wenn sie gleichzeitig mit der Hinterhand fleissig nach vorn Richtung Schwerpunkt abfußen und somit hinten das Becken stabilisieren.
Der Rumpf wird zusätzlich über die Bauchmuskulatur stabilisiert, diese wird vor allem im Galopp und in Vorwärtsseitwärtsbewegungen wie dem Schenkelweichen und den Seitengängen zum Arbeiten angeregt.
Die Trageschlinge vorn trainieren wir am besten über ein abwechslungsreiches, sich langsam steigerndes Training mit viel Trab und kleinen Pausen. Sobald das Pferd beginnt, vorn hörbar lauter aufzufußen, ist die Federungsfähigkeit der vorderen Trageschlinge erschöpft und der Reiter muss absitzen! So weit sollte es nicht kommen. Das gut trainierte Pferd schwebt federnd fast lautlos auffußend über die Reitbahn!
Und wegen all dieser Dinge ist es so wichtig, dass Reiter wirklich das Reiten erlernen und lernen, wie sie das Pferd dazu bringen, sie auf Dauer schadlos zu tragen. Es geht eben nicht nur darum, von A nach B auf dem Pferderücken zu kommen. Immer im Sinne der Pferde
Eure Dagmar Ciolek
(Bild gezeichnet von Nadine Krause)