05/08/2022
Zucht... ein Thema, das momentan in den Schlagzeilen ist und im Rahmen des Tierschutzgesetzes einen gewissen Drive bekommen hat. Ein guter Zeitpunkt, dazu in sich zu gehen und darüber nachzudenken.
Die Punkte, die unter anderem von Rütter und Rückert angesprochen werden, kann ich an einigen Stellen nicht nur nachvollziehen, sondern mit kräftigem Nicken bestätigen. Ich möchte hier keine einzelnen Rassen oder ihre Mixe daraus diffamieren, aber wie oft habe ich in Wartezimmern gesessen und den Raum mit Hunden geteilt, die selbst im Ruhezustand kaum Luft bekamen, röchelten, schnorchelten, schnarchten... Wie man sich freiwillig so ein permanentes "Nebengeräusch" an das Bein, die Couch oder an´s Bett binden kann mit der inneren Überzeugung, dass das "so sein muss", ist mir unverständlich. Gerade weil diese Hunde ein Wesen, einen Charakter haben, der rassetypisch so sympathisch ist und von Familien geliebt wird, sollten wir uns doch deren Gesundheit und Lebensqualität verpflichtet fühlen und alles Menschenmögliche dazu beitragen, diese Features in einem gesunden Körper zu erhalten. Aber: hier haben Züchter, Richter und vor allem aber auch die Welpenkäufer versagt. Auf ganzer Linie. Und auch die, die sagen "meiner ist 10 und lebt noch", "meiner kann aber auch bei 22 Grad 1 km am Stück laufen", "meiner kann 100 m rennen und fällt nicht um", sind wir mal ehrlich, die immer wieder beschriebenen Fähigkeiten solcher Hunde sind für jeden anderen Hund ein besserer Witz. Das schaffte auch unsere 17 Jahre alte Parson Hündin noch.
Etwas anders sieht es mit Punkten aus, die zu keinerlei Einschränkung der Lebensqualität führen. Nehmen wir das Fehlen von Zähnen. Selbst mit 3 oder 4 Zähnen, die fehlen, kommt ein Hund super durch das Leben, nicht selten kommt es ja im Leben unfallbedingt zu Verlusten, gerade bei der Arbeit im jagdlichen Einsatz kann das immer passieren.
Oder nehmen wir Merle - hat ein Hund ein Problem, weil er Merle ist? Ich kenne keinen. In einer seriösen Zucht würde auch niemand 2 Merle miteinander verpaaren. Allerdings gibt es diese Angebote trotzdem immer wieder und auch immer wieder Menschen, die glauben, dass sie hier eben was ganz besonders Tolles für nicht wenig Geld bekommen - und noch stolz drauf sind.
Oder nehmen wir silberne Labradore - wieso stellt sich niemand die Frage, bevor er so was kauft, warum ein Labbi auf einmal silberfarben sein kann und warum das so selten ist und warum man die nicht mit VDH Papieren bekommt? Und warum schauen sie nicht vorher nach Informationen, was diese Farbe mit sich bringt? In FB gibt es ganze Gruppen, die sich mit gesundheitlichen Problemen silberner/grauer Hunde beschäftigen, die die Farbe nicht standardmäßig, wie z.B. Weimaraner, in ihrer Rasse haben. Und wo kommen dilutet-merle bei den FB her?
Wenn jeder Käufer mündig wird und seine Hausaufgaben macht, wenn der Markt für Tiere verschwindet, die einen Deckakt oder eine Geburt nicht mehr allein bewältigen können, die nicht belastbar sind, weil sie Knochendeformationen haben oder Atemwegsprobleme, die mit Medikamenten vollgestopft werden müssen, weil sie fast noch allergisch gegen sich selbst sind usw., dann wird das übrig bleiben, was eine Zucht seriös und verantwortungsbewusst macht. In sich gesunde Rassen, bei denen auch mit noch so vielen Untersuchungen, Test und noch so großer Gewissenhaftigkeit noch genug passieren wird - aber eben nicht mehr. Und nein, auch Mischlinge sind nicht per se gesünder, weil es kein Lebewesen gibt, das frei von Defekten ist und nur aus gesunden Zellen besteht.
Der Parson zählt meiner Meinung nach zu den noch robusten und gesunden Rassen, dank engagierter Menschen auf Seiten von Züchtern und Wissenschaftlern haben wir heute Gentests zur Hand, so dass kein Parson mehr sein Augenlicht durch eine genetisch bedingte Primäre Linsenluxation (PLL) verlieren muss (der Prozess dahin geht übrigens mit migräneartigen, wahnsinnigen Kopfschmerzen einher). Auch können wir mit Tests und entsprechender Zuchtplanung Hunde vermeiden, die an der früh (SCA) oder der später auftretenden Ataxie (LOA) erkranken und versterben und auch eine Sonderform dazu, bei der die Welpen schon beim Züchter erkranken und versterben (JBD), kann ausgeschlossen werden.
Und auch hier tragen die Käufer dazu bei, den Standard in der Gesundheit hoch zu halten. Es gibt keine Parsons in Merle, auch keine mit blauen Augen, so wenig wie es sie mit 5 Beinen oder 3 Schwänzen gibt. Kaufen Sie nur bei organisierten Züchtern aus untersuchten Eltern, kaufen Sie dort, wo Kontrollen der Zuchtstätte und eine Abnahme der Würfe durch den Verein erfolgt (wie soll der Tierarzt mehr beurteilen als ob der Welpe gesund ist?) usw.
Jeder, der auch in einigen Jahren noch einen Rassehund kaufen möchte, der für einen bestimmten Phänotyp, bestimmte Eigenschaften usw. steht, ist in der Pflicht, hier seinen Beitrag zu leisten und seine Hausaufgaben in dem Thema zu machen. So wie wir Züchter auch, insbesondere was das Miteinander und die Zusammenarbeit angeht. Gesundheit darf kein Zufall sein oder auf Glück beruhen, Offenheit und Transparenz ermöglichen eine Weiterentwicklung in die richtige Richtung und das Überleben der Rassehundezucht.
Geklaut und auf den Punkt gebracht, das kann ich nur unterstreichen...