23/06/2021
In 5 Wochen sind die Wiesen bis zu 140 cm hoch gewachsen. Die Grundschulkinder können kaum mehr drüber schauen. Die bunten Blumen, die vor 2-3 Wochen noch das Bild dominierten, wurden überholt und sind in den hochgewachsenen Gräsern verschwunden. Auch die lila Blüten des sonst so gut erkennbaren hohen Wiesenstrochenschnabels sind nicht mehr zu sehen. Wiesenrispengras und Knäuelgras dominieren das Bild - an Sonnenstellen mit bereits braunen Ährenständen, im Schatten noch grün. In den unteren Etagen gibt es überall viel frische Pflanzen zu fressen und der Wasserbedarf der Schafe hält sich in Grenzen. Die Herde wühlt sich durch die hohen Wiesen und frisst sich rund.
Übrig bleiben dicke braune Stengel, die wir NICHT nachmähen. So bleiben die Insekten geschont, denn überall wo gemulcht wird, werden die Kleintiere genauso zu Mus geschreddert, wie die Pflanzen. Balkenmäher ist etwas besser, aber auch unnötig. Die Pflanzen wachsen nun nach und beim nächsten Weidegang im Spätsommer/ Herbst werden Altgras und Junggras gemeinsam verspeist. Wir haben Wiesen in Beweidung, die seit 8 Jahren keine Maschinen mehr gesehen haben und sie sind gut abgefressen und gepflegt. Im Gegenteil kommen die Schafe in Ecken, die man mit Maschinen kaum erreichen kann. Sie erhalten Kleinstrukturen, die von spezellen Populationen genutzt werden: Ameisenhügel für den Wendehals, Brenesselecken für die Schmetterlinge (die Brennesseln werden alle im Herbst abgefressen!), Totholz kann liegen bleiben und unzähligen Krabbeltieren, Käfern und Würmchen Schutz und Nahrung bieten.
Massen von Kleinlebwesen werden durch das dauerrasenmähen und mulchen in den Privatgärten getötet. Schmetterlinge, Käfer, Wildbienen & Co brauchen ungestörte Stellen für den Nachwuchs, Altholz, hohle Stengel, Futterpflanzen für die Raupen. Wer zu viel und andauernd aufräumt, nimmt auch dem Tagpfaunenauge, dem Kleinen Fuchs und dem Distelfalter die Lebensgrundlage. Vögel und Fledermäuse brauchen Bruthöhlen, auch die alten Bäume bitte stehen lassen.
Wiesen wachsen nur im Mai/ Juni so schnell. Das Tempo lässt nach der Sommersonnwende deutlich nach. Daher werden die Schafe in den nächsten Monaten wieder schneller fressen, als die Wiesen wachsen. Waldschafe haben kein Problem damit, auch Altgras und die im Herbst angetrockneten Brennesseln zu futtern und zu verdauen. Dieses Spielchen von auf und ab wiederholt sich jedes Jahr. Im Frühjahr sind die Wiesen schneller, im Sommer werden sie wieder von den Weidetieren eingeholt. So bleibt noch was übrig für den Herbst und Winter. Das hat die Natur gut eingerichtet. Da haben Schafe, Pferde, Rinder und Rehe nämlich auch Hunger. In dem ganzen Kreislauf wird Humus aufgebaut, der Boden verbessert, Mist für Kleinlebewesen hinterlassen und die Artenvielfalt so nebenbei ganz außerordentlich gefördert.
Nachgemäht werden muss nur an Waldrändern und Heckengürteln, wo sich Schlehen, Brombeeren, wilde Mirabellen und Zwetschgen breit machen wollen. Bei Pflanzen mit Stacheln und Dornen haben die Schafe keine Chance. Ziegen würden Abhilfe schaffen, doch taugen die nicht auf den Streuobstwiesen, weil sie auch an die Bäume gehen.
Ansonsten ist das Nachmulchen eine ökologisch total unsinnige Praxis, man muss nur die richtigen Schafrassen einsetzen. Und da sind Waldschafe unschlagbar.
Da die Forschung nur selten zwischen den Rassen differenziert und meist nur von "das Schaf" redet, gibt es dazu kaum Infos. Schad, auch da ist Vielfalt für Vielfalt gefragt. Machen wirs in der Praxis !
Es klappt !!
Auf den abgefressenen braunen Stellen ruhen die Tiere in der heißen Mittagszeit im Schatten der Bäume.