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25/06/2023

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MÜSSEN HUNDE MIT JEDEM HUND "SOZIALISIERT" SEIN?

Hundehalter bekommen oft, wenn sie für ihren Hund Kontakt mit fremden Hunden ablehnen, zu hören, dass ihr Hund "schlecht sozialisiert" wäre.

Es fallen Sätze wie: "ach ist er unverträglich"? oder "was haben Sie für einen aggressiven Hund"? Diese Sätze werden dann von tiefsinnigen, vielsagenden und immer vorwurfsvollen Blicken begleitet.

Solche Sätze sind gemein, denn sie sollen dem Gegenüber suggerieren, in der Erziehung des eigenen Hundes versagt zu haben. Das erzeugte Gefühl: man erfüllt nicht die Erwartung einen uneingeschränkt und in jeder Situation freundlichen Hund zu haben.

Manche Hundehalter fühlen sich dadurch so unter Druck gesetzt, dass sie lieber lügen. Sie schummeln dann indem sie sagen ihr Hund hätte Flöhe oder eine schlimme ansteckende Krankheit. Andere Hundehalter stürmen Hundeschulen in der Hoffnung einen mit jedem Hund verträglichen Hund zu bekommen. Durch diese Forderung nach dem ultimativ verträglichen Hund unterliegen sie anscheinend dem Druck, ihren Hund zwanghaft dahin erziehen zu müssen, dass er sich sofort freundlich und spielbereit gegenüber jeden anderen Hund verhalten und aggressives Verhalten anderer Hunde einfach ignorieren soll.

Das allgemeine "Totschlagargument" bei der Forderung zum "ich spiele mit allen Hund" ist, dass der Hund doch ein Rudeltier sei.

DAS STIMMT NICHT

Hunde sind zwar Rudeltiere aber auf Hundewiesen trifft sich kein "Rudel", sondern fremde Hunde. Sind es mehrere Hunde die sich kennen, spricht man von einer Meute, nur bei Hunden die aus einem Familienverband stammen ist der Begriff "Rudel" zulässig.

Wenn das Gegenüber mit diesem Argument kommt, dann empfiehlt sich ein mitleidiger, vielsagender, tiefer Blick und die kurze Anmerkung: "Sie verstehen aber nicht viel von Hunden"?

MENSCHEN DIE MEINEN JEDER HUND "SPIELT" MIT ANDEREN HUNDEN HABEN UNRECHT

Hunde wissen nichts um die menschliche Definition von Sozialverträglichkeit. Sie sehen auch keinen Sinn dahinter mit fremden Hunden "spielen" zu müssen. Ganz unter uns - ist das bei Menschen anders? Welcher Mensch mag schon jedem anderen Menschen etwas zu tun haben? Hier haben wir also einen höheren moralischen Anspruch an unsere Hunde als an uns selbst. Unsere Hunde sollen das tun, was wir selbst niemals tun würden - mit jedem fremden Menschen, ganz ohne Kennenlernphase gut Freund sein.

HUNDEBEGEGNUGEN BRAUCHEN MANAGEMENT

Ein Hundehalter, der darauf hofft, dass der eigene Hund ohne jegliches Management und Führung durch seinen Menschen immer freundlich bleibt, nie in einen Konflikt gerät und uneingeschränkt hundespielwiesentauglich ist, hat eine realitätsfremde Erwartungshaltung an seinen Hund. Ausgeprägt ist dieses Verhalten meist bei Einzelhundehaltern. Sie meinen es gut aber die Folgen sind fatal.

Hundebegegnungen sind nur dann eine Bereicherung wenn die Vierbeiner Zeit haben einander kennen zu lernen und auch entscheiden dürfen welchen Hund sie mögen und welchen nicht.

Bevor man sich in Hundebegegnungen stürzt sollte man 2 Dinge tun: Ein sicheres Abbruchkommando trainieren und sich einen realistischen Blick für die Bedürfnisse und Vorlieben des eigenen Hund aneignen.

DER TUTNIX

Wenn ein Hund in Lauerhaltung flach am Boden liegt und einen anderen Hund fixiert, dann ist das keine Spielaufforderung. Wenn ein Vierbeiner wie ein D-Zug in eine Gruppe von Hunden kracht ist das keine freundliche Handlung und jeder vernünftige Hund wird das umgehend sanktionieren. Wenn ein Rüde eine Hündin bedrängt, ist das nicht "lieb" und jede anständige Hundedame wird dem Hundemann zeigen wo der Bartl den Most holt.

Hundehalter die ihre Hunde so agieren lassen sind ausgesprochen unbeliebt. Sie zeigen, dass ihr Hundewissen bei Null liegt und sie gefährden andere Hunde, möglicherweise auch fremde Menschen. Es soll schon Schlägereien deswegen gegeben haben, nicht zwischen den Hunden sondern zwischen Zweibeinern.

Dem Tutnix tut es ebenfalls selten gut. Entweder wird er von einem größeren Hund verhauen oder er macht eine unliebsame Begegnung mit einem Zweibeiner der seinen Hund beschützen will. In jedem Fall wird es eine unerfreuliche Erfahrung sein, die das Verhalten des Hundes negativ prägen kann.

SOZIALVERTRÄGLICHKEIT

Sozialverträgliche Hunde nähern sich langsam und respektvoll, sie laufen Bögen, sie geben anderen Hunden Raum und ziehen sich zurück wenn sie merken, dass der andere Vierbeiner keinen Kontakt wünscht.

Sie sind weder aufdringlich noch überdreht. Wer solches Verhalten seines Hundes zulässt, ist auch als Hundebesitzer alles andere als „sozialverträglich“. Die Sozialverträglichkeit des eigenen Hundes beginnt beim Besitzer und zwar mit der Einstellung niemanden belästigen zu wollen, sie bedeutet Neutralität des Hundes gegenüber seiner Umwelt und sie bedeutet Kommunikation unter Hundehaltern.

VERTRÄGLICHKEIT KANN MAN NICHT ANERZIEHEN

Man kann die Einstellung seines Hundes zu anderen Hunden nicht mit Erziehung verändern. Man kann ihm nicht anerziehen jeden fremden Hund zu mögen. Man kann niemals Charakter durch Ausbildung verändern.

Was man kann, das ist einen Hund zum Gehorsam zu erziehen, so dass man Hundebegegnungen moderieren und eventuell auch abbrechen oder ganz vermeiden kann.

Ein sozialverträglicher Hund ist ein Hund der Konflikten aus dem Weg geht, sie vermeiden kann. Keinesfalls aber ein Hund der mit allen anderen Hunden Kontakt sucht.

Auch ein Hund hat das Recht andere Hunde nicht zu mögen. Er hat das Recht auf seine Individualdistanz. Das macht ihn nicht zu einem "schlechten Hund", ganz im Gegenteil.

ALLE HUNDE SPIELEN

Das ist ein menschliches Konzept, eine Vorstellung die vorwiegend bei wenig hundeerfahrenen Menschen zu finden ist. Hunde "spielen" selten, meist "trainieren" sie. Wenn eine Meute einen kleinen Hund hetzt, dann ist das nicht ein Fitlauf sondern Jagdverhalten. Was Hunde gerne tun ist, dass sie mit anderen Hunden kooperieren, das impliziert aber dass der Mensch dabei mitmacht. Hundehalter die tief in ihrem mobilen Telefon versunken sind oder tratschen, die sind keine Kooperationspartner sondern Menschen die ihren Hund "abgeben", ihn sich selbst überlassen. Wenn es dann kracht, dann fallen diese Menschen aus allen Wolken und machen meist alle anderen aber nie sich selbst dafür verantwortlich.

07/06/2023

Ab 25° C Außentemperatur trifft man immer wieder auf ein erstaunliches Naturphänomen: Die Radfahrer mit Hund. Das ganze Jahr über verstecken sie sich, aber exakt ab Hochsommerbeginn kriechen sie aus ihren Löchern. Luftig bekleidete Menschen, die sich genießerisch beim Radeln den frischen Fahrtwind um die Nase wehen lassen. Denn beim zu Fuß gehen kommt man bei den Temperaturen einfach zu leicht ins Schwitzen. Das Ganze mit einem in den Regel angeleinten, im Galopp nebenher hechelnden Hund, dem die Zunge bis zum Asphalt raushängt. Bevorzugt am Halsband.

Was geht in diesen Menschen vor? Haben ihrer Ansicht nach Hunde ein anderes Temperaturempfinden? Sind das die Menschen, die ihren Hund auch im Sommer im Auto auf dem Parkplatz braten lassen? Ist das in ihren Augen Auslastung, das berühmte Auspowern um jeden Preis? Erspart das lästiges den-Hund-noch-schnell-Bewegen? Die zeitliche Länge der "Gassi-Runde" durch entsprechendes Tempo einfach verkürzen?

Grundsätzlich powert man bitte einen Hund schon mal nicht aus. Einen Hund lastet man aus. Nur weil wir 10 Stunden täglich im Büro sitzen, was wider der menschlichen Natur ist, und wir dies durch feierabendliches Streßjoggen oder auf-dem-Laufband-rennen kompensieren, müssen wir diese Burn-Out-Vorbereitung doch nicht auf unseren Hund übertragen.

Ein Hund braucht 18-20 Stunden Schlaf am Tag. Möglichst nicht in Einsamkeit, denn dies ist kein erholsamer Schlaf. Und was tun dann Hunde in Freiheit, also Straßenhunde, verwilderte Hunde? Sie ziehen gemächlich von Müllhalde zu Müllhalde und rennen nicht im Hetzgalopp durch die Wälder. Und erst recht nicht bei Hitze sondern dann, wenn es abgekühlt ist. Man sieht überhaupt selten Tiere freiwillig länger als ein paar Minuten rennen, seien es wilde Tiere oder domestizierte Tiere.

Wenn Sie das Bedürfnis haben, ihren Hund bei hochsommerlichen Temperaturen "auspowern" zu müssen, dann rennen Sie bitte selber erst mal eine halbe Stunde durch die pralle Sonne. Aber mit warmer Jacke, ja?

"Ausgepowert" muss kein Hund werden. Auslasten hat nie etwas mit km/h zu tun, sondern mit Erleben, Sinne in Ruhe einsetzen, Gemeinschaft, Natur fühlen, Hund sein und Seele baumeln lassen zu tun. Alles andere ist kontraproduktiv und bewirkt durch die Produktion des Hormons Adrenalin und Cortisol, dass der Hund immer mehr und mehr braucht und immer hibbeliger anstatt ruhiger und ausgeglichener wird.

Diesen Text poste ich seit 2017 jedes Jahr auf Facebook, aber dies ist in der Hundeszene der meistgklaute Text überhaupt. Bitte aus Gründen des Urheberrechte meine Texte gerne teilen, aber nicht kopieren. Danke

Eva Windisch
Hundetrainerin, Hundeverhaltensberaterin, Hundepsychologin, Hund-Mensch-Coach
www.mithundensein.de
Tel.: 0177 2826344
Mail: [email protected]
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