11/07/2024
Noodle, eine Nudel am Schwabenmeer: Spätzle zurück auf Anfang
Ich wurde lieb und nett gefragt, wann es denn mal wieder einen Nudel-Bericht gibt. Ich habe geantwortet, dass ich nicht wüsste, ob und wie das Nudel-Dilemma zu einer der üblichen see.hunde-Geschichtchen werden sollte und könnte.
Aber, was soll’s, schließlich bin ich hier angetreten, um ungeschönt zu erzählen ‚so isses halt‘. Humor ist dabei keine Verschönerung, sondern Überlebensstrategie.
Noodles ist ein Angsthund und keiner von der Sorte, mit der man schnell eine rosa Erfolgsstory schreibt. Schön wär’s. Sie ist blitzgescheit und verfolgt a bissel die Pippi-Langstrumpf-Strategie: ‚ich mach‘ mir die Welt, wie sie mir gefällt‘. Dabei biegt sich und wippt (inzwischen) ihr Schwänzchen mindesten genauso keck wie Pippi Langstrumpf’s Zöpfchen – nur mit bedeutend mehr Eleganz. Ja, das geht: kecke Eleganz. Ich könnte stundenlang zuschauen.
Was ihr gefällt ist ziemlich einfach: das Haus, der Garten, ihr persönlicher ‚Schwimmteich‘, mein Großer und mein nicht ganz so großer (andere Hunde sind verzichtbar bis gruselig), ich und 1 oder 2 andere Menschen.
Menschen waren für sie von Anfang an das Schlimmste, der nackte Horror … Gewitter, Waschmaschine, Staubsauger …. pfffff, geschenkt. Inzwischen akzeptiert sie Besucher im Haus, ohne panisch unter verlieren von Körperflüssigkeiten und Feststoffen in eine Ecke zu flüchten und dort zitternd zu kauern. Je nach Besucher kommt sie sogar neugierig zum Schnuffeln und Gucken und liegt dann unterm Tisch oder hinter meinem Stuhl dabei. Und eine ganz bestimmte Besucherin wird sogar freudig begrüßt.
Draußen, in der Außenwelt, in der freien (nicht Wild-, sondern) Menschbahn sind Menschen und Menschengemachtes (Häuser z.B.) der Horror. Da aber nun ein Hund, der nicht aus Haus und Garten geht (bzw. wenn, dann nur auf einsamen Feldwegen) nicht vermittelbar ist, haben wir (erneut) eine Aktion ‚dörflich ländlich Spazierengehen‘ gestartet. Um es vorweg zu nehmen: es ging grandios in die Hos‘.
Nudel merkte: auf diesen Weg musste ich gestern gehen, da habe ich mich gegruselt, den gehe ich heute nicht wieder. No way. Panik. Flucht. Versteinerung. Sucht es Euch aus.
Mensch denkt, ich bin schlauer, es gibt viele Wege. Nehmen wir einen neuen Weg.
Nudelchen denkt … und kommt zu der Lösung: ‚dann geh ich eben gar nicht mehr raus auf die Straße‘.
Mensch denkt, ich bin schlauer, wir fahren mit dem Auto raus und gehen dann spazieren.
Nudelchen denkt … und kommt zu der Lösung: ‚dann lass ich mich eben nicht mehr anleinen‘.
Ihr glaubt, so schlau ist kein Hund?
Zu unserem Abendritual gehört es, um ca. 22 h noch einmal in den Garten zum Pieseln zu gehen wg. der Nachtruhe. Dafür wird an die kurze Leine genommen, weil um die Uhrzeit der Garten Fuchs, Igel, Katz und Marder gehört, und auch das Nudeltier jagdlich ambitioniert ist. Also stehe ich mit der Führleine in der Hand neben der Terassentür und sag‘ ‚Pipi machen‘. Inzwischen kommt Noodles völlig selbstverständlich, setzt sich hin und lässt sich anleinen und auf geht’s.
Pustekuchen, nach der letzten ‚wir lernen Spazieren gehen‘- Aktion, guckt sie und zieht sich zurück, gehe ich mit der Führleine auf sie zu, läuft sie vor mir weg. Also Führleine weggepackt, Schleppleine in die Hand, Nudelchen guckt, denkt, kommt, läßt sich anleinen und wir gehen pieseln.
Nun hatten wir über monatelanges tägliches Lernen Apportieren erarbeitet und über weitere lange Wochen uns in kleinen Schritten damit raus aus dem Haus gearbeitet.
Nun könnte man sagen, dann apportieren wir eben einfach vorm Haus. Das kann sie ja. Nenenene, so einfach ist das nicht. Auch das ging natürlich nicht mehr. Also Schritt zurück und wieder langsam aufbauen: Säckchen im Haus in Richtung Haustür werfen, Haustür steht offen, Säckchen in Richtung Haustür werfen, Säckchen auf die Schwelle werfen etc. ect. …
UND danach blieb die Haustür einfach jeweils offen. Ich saß am anderen Ende der Schleppleine drinnen auf dem Boden und übte mich in Entspannung. Nudelchen streckt zunächst nur die Nase um’s Eck raus, dann ein erster vorsichtiger Schritt, dann bis auf den Treppenabsatz ….
Inzwischen apportieren wir munter und mit Spaß auf der Straße, Noodle erkundet im 10 m Schleppleinen Radius die Straße, und ich bleib einfach nur am anderen Ende der Leine – aber die Haustür muss offenstehen und ab und zu muss sie auch mal kurz zum Mut tanken rein huschen, bevor sie sich wieder an Nachbars Hecke zu schnuffeln traut.
Ja, ich weiß, Richtung/Tempo/Raumverwaltung und Erkundung sind Führungsmerkmale, und ich überlasse sie ihr gerade. Nein, keiner meiner Hunde darf das. Aber vielleicht muss man bei Nudelchen einfach mal ‚out of the box‘ denken und vorgehen.
Schau mer mal, wie wir weiterkommen.
(P.s. das Photo zeigt sie noch am Anfang der Abenteuerreise)
Noodle, das Spätzle, ist ein liebes Hundekind und wohnt am Bodensee (PLZ 88...).
Gemeinsam gehen wir gut gelaunt (ich) und mutig (sie) den Weg aus ihrer Angst und in ein neues Leben.
Noodle ist Pflegestellenhund von ProdogRomania e.V.
Kontakt: [email protected]
oder: see.hunde@gmx de