19/01/2020
„ISG – oder auch Iliodings.“
Iliosacralgelenk – hier artikuliert das Os sacrum mit beiden Ossa illii, es handelt sich um eine Amphiarthrose, sprich hat nur wenige Grad Beweglichkeit in Nutation und Gegennutation. Um meine Anatomie Professorin zu zitieren … irgendwo muss die Uni sich ja auszahlen.
Nochmal auf Deutsch: Das Iliosacralgelenk oder auch das Kreuzdarmbeingelenk verbindet grob die Wirbelsäule mit dem Becken. Die Gelenkflächen sind plan, sprich flach und es ist umgeben von einem straffen Bandapparat. Es kann nur um wenige Grad nach vorne und nach hinten kippen. Wahrscheinlich ist es das Gelenk, um dass es die meisten Märchen in der Medizin gibt. „Das Iliosacralgelenk war raus“ – oh bitte nicht. Eine Fraktur oder ähnliches wäre ein absoluter Notfall, da der Beckenknochen wahnsinnig gut durchblutet sind und die Eingeweide schützen soll. Es gibt einige Studien über dieses Gelenk, wo mehrere Therapeuten ein und dasselbe ISG testen. (Kurzer Einschub der Proband hatte in dem Sinne gar kein ISG, es war vollkommen verknöchert.) Überraschung: Jeder Therapeut kam auf ein anderes Ergebnis. Obwohl die Gelenkflächen kaum bis gar nicht artikulieren, sprich sich bewegen, sieht man röntgenologisch häufig Arthrosen. Es gibt auch operative Eingriffe, wo dieses Gelenk versteift wird.
Fakt ist dieses Gelenk ist der Dreh und Angelpunkt, denn es verbindet, mit der Wirbelsäule, beim Pferd Vor und Hinterhand und ist damit essentiell für Schubübertragung. Hakt es hier, hakt es überall anders ebenso. Zweiter Fakt ist es ist umgeben von vielen Bändern, Sehnen und Muskeln.
In meinem Berufsalltag, sowohl mit Zweibeinern, als auch mit Vierbeinern, beobachtete ich oft ein ganz faszinierendes Problem. Es gibt einen Muskel, der sich beim Menschen M. piriformis schimpft, den das Pferd zwar nicht hat (der Hund schon), allerdings verläuft der M. gluteus medius ziemlich ähnlich. Dieser Muskelstrang verläuft sowohl beim Pferd, als auch beim Menschen über den N. ischiadicus. Ein Nerv der sich im weiteren Verlauf in Äste aufteilt, die sowohl hinteren, als auch vorderen Unterschenkel und den hinteren Oberschenkel innervieren. Mal wieder eigentlich irrelevant – aber „Ich habs am Ischias“ ist etwas was denke ich jeder entweder schon mal gesagt oder gehört hat. Warum ich vom ISG auf diesen Muskel komme? Die Aufgabe dieses Muskels ist neben der Streckung des Hüftgelenks auch noch die Stabilisierung des Beckens. Bei den kleinsten Veränderungen des Beckens, hier das ISG inbegriffen kann dieser Muskel reagieren und Schmerzen verursachen.
Leicht abgeschweift, zurück zum eigentlichen Thema. Glaube ich jetzt an den ISG Mythos oder nicht?
Ich glaube, dass das ISG ein extrem sensibler Bereich ist. Unter dem OS sacrum (Kreuzbein) gehen Nervenwurzeln ab, am Os sacrum setzen Muskeln an und das Becken ist generell für die Stabilität und Effizienz von Bewegungen unabdingbar. Ich muss wirklich sagen (in Liebe an all meine Kollegen, die es schaffen 2 Grad Beweglichkeit zu fühlen oder nicht) ich bezweifele, dass man einen wirklichen Unterschied spüren kann. Allerdings glaube ich, dass durch eine gute Diagnostik dennoch eine Mobilisierung und Deblockierung des ISG sinnvoll und angebracht ist.