05/02/2024
Angstgegner in der Palliativmedizin
Ich habe persönlich zwei Angstgegner an Symptomen, gegen die es in der Palliativmedizin anzutreten gilt. Wenn ich die jetzt nenne, wird der ein oder andere sagen "Wieso das denn", aber wenn man einige Fälle erlebt hat, die hiermit belastet wurden, kann man es zügig nachvollziehen.
Zum einen haben wir den Juckreiz.
Denn Juckreiz kann eine schier endlose Liste an Auslöser haben. Ich rede nicht davon, es juckt einmal kurz an einer Stelle, sondern es sind die großflächigen Gebiete, die einen Patienten zermürben.
Der in der Fachsprache als "Pruritus" bezeichnet wird, ist mit einem kleinen kurzen Jucken, wie man es schon mal hat, nicht vergleichbar. Häufig sind Gebiete wie die ganzen Arme, Oberkörper, Rücken oder auch Beine betroffen. Dies führt dazu, das der Patient natürlich versucht diese mit Kratzen zu beseitigen. Was in der Regel bei normalen Auslösern funktioniert, kann hier ein echtes Problem werden. Denn so mancher kratzt sich die Haut auf und das kann schnell Infektionen und weitere Probleme im Schlepptau haben.
Wenn ein direkter Auslöser gefunden werden kann, wie das neuangesetzte Medikament, kann man hier mit der Suche anfangen, aber es gibt auch welche, die man nicht findet, soviel man sucht. Und mancher Auslöser kommt auch durch Erkrankungen selbst und spätestens hier wird es extrem tricky.
In vielen Fällen werden Antihistaminika eingesetzt um das Histamin zu reduzieren, welches einen Hauptauslöser für den Juckreiz bildet. Aber wenn es nicht anschlägt, bekommen wir schnell ein größeres Problem, denn unter anderem können Serotonin, Temperaturschwankungen, Waschmittel, sowie nur leichte mechanische Reize am Körper hier Auslöser sein. Und je länger der Juckreiz anhält, umso mehr wahrscheinlicher wird eine Chronifizierung, da sich die Nervenbahnen neu verzweigen.
Nach welchen Problemen sollten wir also suchen?
- Wo tritt der Juckreiz auf?
- Gibt es zusätzliche Besonderheiten wie Quaddeln?
- Sind Pilzinfektionen auszuschließen?
- Ekzeme
- Sind parasitäre Hauterkrankungen möglich? (skabies)
- Neue Medikamente?
- Hautpflegemittel (Bsp. Lotion)
- Körperpflegemittel (Bsp. Shampoo)
- Ist ein Hodgkin Lymphom beteiligt? (Häufiges Jucken in Halsfalte, Achselhöhle und Leiste)
- Funktioniert die Leber ausreichend? (Zeigt der Patient eine Ikterus "Gelbsucht")
- Können Hirntumore ausgeschlossen werden?
- Funktionieren die Nieren ausreichend?
- Wie sieht es mit MS, HIV und Diabetes aus? (Häufige Auslöser)
- Starker Milbenbefall des Bettes?
Auszug aus Therapiemöglichkeiten
- Antihistaminika
- Lichttherapie
- Phosphat Reduktion (Ernährungsanpassung) Cola, Milch und Fertigprodukte enthalten sehr viel.
- Verwendung von rückfettenden Lotionen
- Raumklima anpassen (Eventuell zu trocken)
- Reduktion durch mechanische Reize, beispielsweise zu enge Kleidung.
- Lieber Baumwolle statt Polyester
- Umschläge mit Joghurt, schwarzem Tee, Apfelessig (kann auch als Einreibung versucht werden).
- Kühle Waschungen
- Stressreduktion (Wenn man weiß, was auf einen zukommt, besonders schwierig)
- Palliative Sedierung ("Ultima Ratio")
Mein zweiter Angstgegner ist Übelkeit, doch mit der werden wir uns in einem anderen Artikel beschäftigen.
Gruß, Euer Tim Reinhold
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