23/12/2023
Gibt es einen Weihnachtsmann?
Diese Frage beantwortete Francis Curch © , als Redakteur der "New York Sun" 1987 der kleinen Virginia.
„Ich bin acht Jahre alt. Einige von meinen Freunden sagen, dass es den
Weihnachtsmann nicht gibt. Papa sagt, was in der „Sun“ steht, ist immer wahr. Bitte,
sagen Sie mir die Wahrheit: Gibt es den Weihnachtsmann?“
Virginia O'Hanlon, 115 West Ninety-fifth Street, New York
Der Redakteur Francis P. Church antwortete im Leitartikel auf der Titelseite:
Virginia, Deine kleinen Freunde haben Unrecht. Sie glauben nur, was sie sehen. Sie
glauben, dass es nicht geben kann, was sie mit ihrem begrenzten Verstand nicht
erfassen können. Aller Menschengeist ist klein, ob er nun einem Erwachsenen oder
einem Kind gehört. Im Weltall verliert er sich wie ein winziges Insekt. Solcher
Ameisenverstand reicht nicht aus, die ganze Wahrheit zu erfassen und zu begreifen.
Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann.
Er existiert so zweifellos wie Liebe und Großzügigkeit und Zuneigung bestehen - und Du
weißt, dass sie reichlich vorhanden sind und Deinem Leben seine höchste Schönheit
und Freude geben.
Wie trübsinnig wäre die Welt, wenn es keinen Weihnachtsmann gäbe! So trübsinnig als
gäbe es keine Virginia, keinen Glauben, keine Poesie - nichts von dem, was das Leben
erst erträglich macht. Ein Flackerrest an sichtbarem Schönen bliebe übrig. Aber das
ewige Licht der Kindheit, das die Welt erfüllt, müsste verlöschen.
Nicht an den Weihnachtsmann glauben? Dann könntest Du ebensogut nicht an Märchen
glauben. Gewiss, Du könntest Deinen Papa bitten, er solle am Heiligen Abend Leute
ausschicken, den Weihnachtsmann zu fangen. Und keiner von ihnen bekäme den
Weihnachtsmann zu Gesicht - doch was würde das schon beweisen? Kein Mensch sieht
ihn einfach so. Das beweist gar nichts. Die wichtigsten Dinge im Leben bleiben meistens
unsichtbar. Die Elfen zum Beispiel, wenn sie auf Mondwiesen tanzen. Trotzdem gibt es
sie.
All die Wunder zu denken, geschweige sie zu sehen, das vermag nicht der Klügste auf
der Welt. Du kannst ein Kaleidoskop aufbrechen und nach den schönen Farbfiguren
suchen. Du wirst einige bunte Scherben finden, nichts weiter. Warum? Weil es einen
Schleier gibt, der die wahre Welt verhüllt, einen Schleier, den nicht einmal alle Gewalt
auf der Welt zerreißen kann. Nur Glaube, Poesie und Liebe können ihn lüften. Dann ist
die überbordende Schönheit und Herrlichkeit dahinter auf einmal zu erkennen.
„Ist das denn auch wahr?“, kannst Du fragen. Virginia, nichts auf der ganzen Welt ist
wahrer und nichts ist beständiger.
Der Weihnachtsmann lebt, und er wird ewig leben. Sogar in zehnmal zehntausend
Jahren wird er da sein, um Kinder wie Dich und jedes offene Herz zu erfreuen.
Frohe Weihnacht, Virginia!
Dein Francis Church