07/05/2024
Stallbesitzer vs. Einsteller
Liebe Freunde und Follower,
vielen Dank für die vielen, tollen Statements zu der Frage „Was können Stallbesitzer tun, um ihre Kunden zufriedenzustellen“. Erfreulicherweise haben sich viele Stallbesitzer gemeldet, die einmal genau beschrieben haben, mit welchen Problemen sie mit Einstellern zu kämpfen haben und in etwa genau so viele Einsteller haben eindrücklich erzählt, warum das Leben als Pferdebesitzer, auf der ständigen Suche nach einem guten Stall, gar nicht lustig ist.
Da ich das Thema deutschlandweit gepostet habe, kamen die Antworten aus dem gesamten Bundesgebiet. Um es kurz zusammenzufassen, haben sich folgende Themen herauskristallisiert:
Hauptprobleme für Einsteller:
Mangelnde Kommunikationsbereitschaft des Stallbesitzers in sachlicher, geschäftlicher Art. Bei Pensionsställen die das gut gelöst haben, werden regelmäßig Einstellerversammlungen abgehalten, bei denen die aktuellen Probleme offen angesprochen und in der Gemeinschaft gelöst werden (z. B. Möglichkeit der Mithilfe statt Preiserhöhung, weniger Anspruchsverhalten dafür mal was selber machen). Bei ungenügender Kommunikation sind Konflikte vorprogrammiert.
Mangelnde Transparenz bei Problemen, Erhöhungen, Futtermenge, Heuqualität, Bodenbeschaffenheit etc.
Warum kann nicht mehr oder besseres Heu gefüttert werden? Warum erhöht sich der Preis der Boxenmiete? Ohne konkrete Zahlen mit dem lapidaren Hinweis, dass es das halt kostet, fühlt sich der Einsteller nicht ernst genommen und teilweise auch abgezockt.
Mangelnder Service wie z. B. das Eingehen auf besondere Bedürfnisse, die nicht unbedingt jeder Einsteller gleichermaßen benötigt, wie Ein-/Ausdecken, Pferde rein und rausbringen, andere Einstreu verwenden, vorgerichtetes Futter füttern, eine weitere Heuration am Tag, Heu nass machen etc.
Hier ist in vielen Fällen der Service nicht möglich, obwohl der Einsteller bereit ist, es zu bezahlen.
Versprechen, die nicht eingehalten werden. Das ist bei mündlichen Absprachen häufig der Fall, aber auch bei vertraglich zugesicherten Leistungen. Verständlicherweise sorgt das für großen Unmut, wenn man sich als Einsteller darauf verlässt, dass Leistungen erbracht werden, für die man bezahlt.
Mangelnde Pferdeliebe. Der macht das doch eh nur um Kohle zu verdienen, die Pferde sind ihm egal. Das hört man öfter, dass es dem Stallbesitzer egal zu sein scheint, wenn das Pferd nicht genug zu fressen bekommt. Denn wäre es ihm nicht egal, würde er ja dafür sorgen, dass das nicht passiert.
Hauptprobleme für Stallbesitzer:
Überzogene Ansprüche der Einsteller an Qualität und Leistung. Dies wäre in Ordnung, wenn dann auch Bereitschaft da ist, das tatsächlich dem Zeit- und Kostenaufwand entsprechend zu bezahlen. Bei einem leistungsabhängigen Stundenlohn würden für die tatsächlichen Dienstleistungen in korrekter Zeit abgerechnet, schnell Preise gezahlt werden müssen, die jenseits der Vorstellung vieler Einsteller ist.
Völlige Unterschätzung des realen Zeitaufwandes. Das bisschen umdecken, extra füttern, zur Koppel führen oder öfter den Boden abziehen kann doch nicht so lange dauern? Wenn man es noch nie selber machen musste, kann man sich nicht vorstellen, wie viel Zeit für jeden Arbeitsgang gebraucht wird. Auch müssen Tätigkeiten erledigt werden, die die meisten Einsteller noch nicht einmal wahrnehmen.
Personalmangel. Manch ein Stallbesitzer würde gerne gegen Bezahlung die entsprechenden Dienstleistungen ausführen. Dafür würde er mehr Personal benötigen. Extra Heu füttern, Koppelservice, Deckenservice, Wasser auf die Koppeln fahren etc. macht sich nicht von allein. Gutes Personal war schon immer schwer zu finden und zur Zeit trifft dies ganz besonders zu.
Hohe Kosten. Kosten wie Mistabfuhr, Wasser, Strom, Gebäude, Versicherungen, Maschinen, Reparaturen, Instandsetzungen, regelmäßige Investitionen u.v.a. bringen viele Einsteller gar nicht mit ihrem Pferd in Verbindung, weil sie lediglich Heu, Einstreu, Kraftfutter sowie Füttern und Misten registrieren. Wie viele Pferde muss man einstellen bis eine Reithalle sich amortisiert hat? Oder die Kosten für die Reparatur eines Schleppers, der den Mist abfährt und das Futter bringt?
Keine Privatsphäre mehr. Je nach Größe eines Stalles bewegen sich z. T. sehr viele fremde Menschen von morgens früh bis abends spät auf dem Gelände des Stallbesitzers. Sie zögern auch nicht, in der Mittagspause zu klingeln um etwas zu beanstanden oder abends nach Feierabend noch anzurufen, um etwas zu diskutieren. Häufig werden Gespräche deshalb schnellstmöglich beendet ohne dass eine Lösung gefunden wurde.
Hauptproblem beider Parteien:
Mangelnde Kompetenz Konflikte zu lösen. Ohne laut zu werden, fair, respektvoll und kompromissbereit. Denn ohne Kompromisse wird es nicht funktionieren. Den perfekten Stall gibt es nicht und den perfekten Einsteller auch nicht.
Geschäftszeiten, Pausen und Feierabend zu respektieren, sollte zum guten Benehmen gehören. Statt dessen wäre es sinnvoll (einmal pro Woche, einmal pro Monat, einmal im Quartal?) sich zusammen an einen runden Tisch zu setzen und Probleme, Wünsche und Vorstellungen gemeinsam zu besprechen. Hier könnten dann auch Zahlen, Daten und Fakten auf den Tisch kommen, so dass transparent ersichtlich ist, ob eine bestimmte Maßnahme, Neuanschaffung etc. im Budget drin ist. Oft ist es Unwissenheit über tatsächliche Kosten und Aufwendungen, die Unmut aufkommen lassen.
Wichtig ist, ALLES was man glaubt absolut haben zu müssen an Menge, Qualität und Art der Dienstleistungen VORHER konkret zu besprechen und dies unbedingt schriftlich festzuhalten.
Ein seriöser Stallbetreiber wird dankend nein sagen, wenn der Einsteller völlig überzogene Vorstellungen hat, weil er weiß, dass das nur Ärger gibt. Ebenso sollte man als zukünftiger Einsteller hellhörig werden, wenn es im Stall viele unzufriedene Pferdebesitzer gibt, die auf den Stallbesitzer schimpfen.
In meiner Umfrage war für eine nicht unerhebliche Zahl früherer Einsteller die einzige Lösung, sich selber einen Stall zu pachten und die Pferdehaltung in Eigenregie zu machen. Letztendlich ist es nur dann möglich alles genau so zu gestalten wie man es selbst für richtig hält. „Leider“, sagten manche „komme ich kaum noch zum Reiten, weil das ganze Stallmanagement so viel Zeit in Anspruch nimmt“.
Sabine Ellinger, im Mai 2024
Foto: slawik.com