
27/04/2025
Fremdhundekontakt - ja oder nein?
Wenige Themen bieten so viel Streitpotenzial in der Hundewelt, wie diese Frage.
Kürzlich las ich in einer Hundegruppe den Text:
"Meine Hunde haben von kleinauf gelernt, nicht zu anderen Hunden zu laufen. Kontakte wurden genauestens begrenzt, es gibt ein paar Hundefreunde, andere Kontakte brauchen wir nicht. Neuerdings beginnt mein 2 jähriger Rüde aber fremde Hunde schon von weitem anzubellen. Nichts funktioniert mehr, er ist nicht mehr ansprechbar. Was kann ich tun?"
Hier wird m.M.n. ein unsicherer, sozial inkompetenter und überforderter Hund beschrieben. Er kann sein Gegenüber nicht einschätzen. Ebenso ist die Besitzerin mit der Situation überfordert, sie kann weder das Gegenüber einschätzen noch ihrem Hund die nötige Sicherheit geben.
Wie kann so eine Überforderung auf beiden Seiten zustande kommen?
Es ist einfach noch kein Meister vom Himmel gefallen und wenn man sich und seinem Hund von kleinauf die Erfahrungen mit fremden Hunden vorenthält, dann kann keiner von beiden Sozialkompetenz erlernen!
Wenn ein Kind keinen Kontakt zu anderen/auch mal neuen Menschen hat, kann es keine Sozialkompetenz erlernen.
Dann bekam sie den Tipp einer Hundetrainerin, zu anderen Uhrzeiten spazieren zu gehen, Leinenführigkeit zu üben und Bögen um andere Hunde zu laufen. Die Besitzerin war damit noch mehr überfordert, denn sie wohnt in einem Ballungsgebiet. Also wie soll sie noch mehr Vermeidung praktizieren?
Der Wunsch Hundebegegnungen strikt zu vermeiden ist im ländlichen Raum vielleicht noch umsetzbar, aber er bedeutet meiner Meinung nach in einem Ballungsgebiet puren Stress für Hund und Halter. Es endet in einem täglichen Spießroutenlauf.
Man trifft einfach ständig und überall auf fremde Hunde, im Stadtwald und in der Stadt. Ständig. Selbst ein Kurs in Leinenführigkeit wird ihrem Hund nur ein wenig Stress nehmen.
Und da aber, wie gesagt, noch kein Meister vom Himmel gefallen ist, tut man sich und seinem Hund einfach nur einen Gefallen, wenn man ihm von kleinauf auf das höchste Level der Sozialkompetenz verhilft - neben einer guten Erziehung zum Gehorsam natürlich.
Ein sozial kompetenter Hund kann jeden fremden Hund schon von weitem mit einem einzigen Blick einschätzen und weiß auch mit dem größten Honk umzugehen. Gepaart mit einer guten Führung durch den Halter sind Begegnungen dann easy.
Bitte nicht falsch verstehen, es geht nicht darum einen jungen Hund überall ungebremst und ungefiltert hinlaufen zu lassen. Es geht darum offen zu sein, Kontakte klug auszuwählen und dann auch gerne öfter zuzulassen, um Erfahrungen zu sammeln. Sich früh genügend Gehorsam zu verschaffen, damit man auch lenken kann.
Ein häufiger Einwand an dieser Stelle ist: "Aber dann will mein Hund später ja zu JEDEM Hund hin. Das möchte ich nicht."
Falsch. Ein erzogener Hund, der auch ein alter Hase auf dem Hundewiesenbankett ist, bleibt cool und verliert in aller Regel sogar eher das Interesse an anderen Hunden.
Für dieses Ziel braucht aber in erster Linie der Hundebesitzer von Anfang an Know- How, ausreichend Führungskompetenz, Managementideen und einen recht gut gehorsamen Hund, damit er ihn überhaupt lenken und anleiten kann, in diesen Begegnungen mit fremden Hunden.
Aber nur so kann er aus seinem Hund letztendlich einen sozial kompetenten Hund machen, der als Erwachsener nicht täglich mehrmals in Stress gerät, nur weil ein fremder Hund auftaucht.
© Gabi Klaassen
Hundeschule Rhein-Wupper