27/01/2023
Chinesische Muntjakhirsche, männliche wie weibliche Tiere der Art Muntiacus reevesi, sind mit einer Schulterhöhe von nur 40-50 cm die kleinsten unter mehreren Species der Gattung aus dem mittleren, südwestlichen und südlichen China. Die winzigen Paarhufer mit dem urtümlich wirkenden oberen Eckzahn und den einfachen kurzen Geweihstangen der Männchen mögen das Klima in Europa, vermehren sich problemlos und werden seit langem gern gehalten.
Einige Anfang 1900 aus einem südenglischen Wildgehege ausgebüxte Tiere hatten sich so gut an das Leben in freier Natur gewöhnt, dass rund 50.000 Nachkommen dieser fruchtbaren Zwerge heute weite Teile Englands bewohnen. Als ernsthafte Konkurrenten heimischer Arten bedrohen sie leider das ökologische Gleichgewicht und richten großen wirtschaftlichen Schaden an, was sie entsprechend unbeliebt macht. Damit gerieten sie auf eine Liste gebietsfremder invasiver Arten der EU-Kommission, die mit der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1141 ein verbindliches Haltungs- und Vermehrungsverbot auch in Wildparks und Zoos ab 2016 erwirkte. Mit dem BREXIT vor zwei Jahren war das Problem für die EU aber nicht vom Tisch, denn freilebende Chinesische Muntjaks wurden auch in Belgien, Frankreich, Irland und den Niederlanden sowie in mehreren deutschen Bundesländern gesichtet. In den letzten Jahren hat besonders das Vorkommen solcher Tiere in Schleswig-Holstein Behörden und Jägerschaft auf den Plan gerufen.
Hier in Erlenbach hatte anlässlich des 50. Bergtierpark-Geburtstags im Jahr 2010 ein Hirsch der Art muntiacus reevesi samt Partnerin den Tierbestand bereichert. Bald stellte sich mit herzigen, hell gepunkteten ‚Kälbchen‘ Nachwuchs ein, der die Besucher immer wieder begeisterte. Das Familienglück hätte eigentlich durch die EU-Verordnung ab 2016 ein Ende nehmen müssen. Doch ist der alt und hinfällig gewordene Hirsch selbst bald danach gestorben, ohne noch die Strenge des Gesetzes aushalten zu müssen. Er hinterließ vier weibliche Tiere, die das Gehege bis an ihr Lebensende ohne Nachwuchs bewohnen werden. Bei aller Notwendigkeit zum Schutz des natürlichen ökologischen Gleichgewichts bleibt der Verlust der entwicklungsgeschichtlich so bedeutsamen Chinesischen Muntjakhirsche für die Zootierhaltung bedauerlich.