30/12/2023
Silvester - und das alljährliche Gekrache und Geballere beginnt wieder. Zum Leidwesen fast aller Tiere. Und wir Hundehalter bekommen es natürlich bei unseren vierbeinigen Mitbewohnern besonders mit. Viele unserer Hunde haben Angst - Todesangst. Angst ist lebensnotwendig, denn sie bereitet den Körper darauf vor zu fliehen. Oder zu kämpfen. Wer keine Angst hat, stirbt bei Gefahr. Angst hat einen Grund, und Angst zu haben ist das Natürlichste der Welt.
Wie sollen wir nun mit der Angst unserer Hunde umgehen?
"Auf keinen Fall trösten - das verstärkt seine Angst!" ist ein Spruch, den mit Sicherheit jeder schon mal gehört hat. Entgegen dem eigenen Bauchgefühl hat man dann schön artig den eigenen Hund und dessen Befindlichkeiten ignoriert. Und sich dabei gut gefühlt? Mit Sicherheit nicht.
Mal von vorne: Da haben wir uns einen vierbeinigen Mitbewohner ins Haus geholt mit dem Anliegen, eine Freund zu haben. Durch Dick und Dünn. Dieser Vierbeiner ist dem Menschen so ähnlich wie kein anderes Haustier. 15.000 Jahre Domestizierung haben ihr Übriges dazu beigetragen. Unser Hund liest uns so gut wie kaum ein Mensch, spürt unsere Befindlichkeiten, hat die selben Emotionen wie wir und liebt uns abgöttisch. Und er ist komplett von uns abhängig wie ein Kind. Er hat niemanden außer uns. Wir teilen Freud und Leid mit ihm, Ku**er und Sorgen. Möchten seinen Trost wenn es uns schlecht geht. Und ausgerechnet, wenn es ihm mal schlecht geht, sollen wir das ignorieren? Andere Tiere dann auch? Kinder auch? Mitmenschen auch?
Sorry, liebe Hundehalter, aber wie bitte verkaufen wir uns denn vor unserem Hund, wenn wir seine Befindlichkeiten einfach ignorieren? Als blind, taub und stumm. Als jemanden, der zu blöd ist, wirkliche Befindlichkeiten und auch Gefahren zu erkennen. Schließt man sich so jemandem voller Vertrauen an? So jemand führt einen geradewegs ins Verderben.
Wie würde es Ihnen gehen, wenn Sie Angst haben, und Ihr Sozialpartner ignoriert dies? Wäre das eine Person Ihres Vertrauens, jemand, zu dem Sie aufschauen würden?
Stellen Sie sich bitte mal eine Situation vor, bei der Sie wirklich Angst haben. Zum Beispiel ein Zahnarztbesuch, bei dem Ihnen eine langwierige, schmerzhafte Behandlung bevorsteht. Oder Sie müssten eine wacklige Hängebrücke überqueren. Oder eine fette Spinne im Haus, die gerade neben ihrem Bett die Wand hochhuscht. Mit Sicherheit hat jeder vor uns etwas, vor dem er Angst hat. Und dann Ihr Partner, der Ihre Angst ignoriert und den Auslöser der Angst ignoriert. Sammelt er in dem Moment Pluspunkte bei Ihnen? Mit Sicherheit nicht. Wäre es nicht viel schöner und hilfreicher, wenn er Sie in den Arm nehmen würde, Sie seine Sicherheit und seine Stärke, seinen Trost und seinen Zuspruch spüren dürften. Eine starke Schulter, an die Sie sich anlehnen dürften?
Nun mal das Ganze in biochemisch:
Angst erzeugt Stress. Dabei wird im Körper das Stresshormon Cortisol produziert, welches wie oben erwähnt, bereit macht zur Flucht oder zum Kampf.
Berühre ich nun aber meinen Hund, streichle ich ihn sanft und liebevoll, nehme ich ihn in den Arm (sofern es möglich ist), bereite ihm ein durchwegs gutes Gefühl, spreche ich sanft und verständnisvoll mit ihm, tröste ich ihn, indem ich ihm meine Stärke gebe, dann wird in seinem Körper (und auch in unserem) das Bindungs- und Kuschelhormon Oxytozin produziert. Je höher nun dieser Oxytozinspiegel steigt, desto schneller wird das Cortisol abgebaut.
Wohlgefühl da - Angst weg - Bindung verstärkt - Vertrauen größer als zuvor. So einfach ist das. Und das gilt nicht nur für Silvesterangst.
Hätten wir doch gleich auf unser Bauchgefühl gehört, nicht wahr?
Mein Tipp für Silvester: Feiern Sie eine kleine Party bei sich zu Hause mit ein paar guten Freunden. Rollos runter, machen Sie Musik an oder lassen Sie den Fernseher laufen, beides gerne etwas lauter als sonst. Spielen Sie Gesellschaftsspiele, und haben Sie Spaß!
Und als Tipp vom prominenten und sehr kompetenten Tierarzt Dr. Ralph Rückert: Eierlikör. Wenn Ihr Hund extreme Silvesterangste hat, darf er in der Silvesternacht tatsächlich pro 10 kg Körpergewicht einen Esslöffel Eierlikör bekommen. Einmal um 21.30 Uhr und einmal und 23.30 Uhr. Das macht gelassen und löst die Angst. Und ist noch dazu nachhaltig, da die Hunde im Folgejahr Silvester in angenehmer Erinnerung haben. Ich brauchte es für meine Angsthunde immer nur ein zweites mal, dann freuten sie sich schon auf die Silvesternacht. Alternativ dazu fahren Sie für zwei Stunden Autobahn. Da ist es bekanntlich am ruhigsten.
Eva Windisch
Hundetrainerin, Hundeverhaltensberaterin, Hundepsychologin, Hund-Mensch-Coach
www.mithundensein.de
Tel.: 0177 2826344 (jederzeit kostenlose Beratung, damit ich mir nicht nach jedem Artikel die Finger wund tippen muss)
Mail: [email protected]
Instagram: https://www.instagram.com/mithundensein/
You Tube: https://www.youtube.com/user/Eva376
TikTok: www.tiktok.com/