01/12/2017
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🎄Das Weihnachtsmeerschweinchen🎄
oder: Warum Tiere keine Geschenke sind
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Meine Name ist „Christmas“ und ich bin ein Meerschweinchen.
Ich habe diesen Namen bekommen, weil ich an Weihnachten verschenkt wurde – das ist etwas Besonderes, haben die Menschen gesagt. Ich sollte es gut haben, warm und sauber, mit viel Futter und auch mit Liebe sollte ich überschüttet werden, aber es kam ganz anders…
Ich weiß noch, dass ich einst eine Mutter und ein paar Geschwister hatte. Bei ihr hatte ich es warm und fühlte mich sicher. Wir wogen uns bei ihr in Geborgenheit und Essen gab es Dank ihrer Milch genug.
Doch eines Tages griff der große Futtergeber in unser Zuhause und nahm mich einfach fort von ihnen! Ich wurde allein in eine enge Plastikbox gesteckt und machte eine Reise mit viel Lärm, fremden Stimmen und Gerüchen – ich habe mich schrecklich gefürchtet...
Der Ort, an den ich kam, war hell, warm und laut, alles war fremd: Auch das neue Zuhause, in das ich gesteckt wurde, bereitete mir Unbehagen. Zwar war das Streu sauber, es gab Heu, Trockenfutter und ein Haus, aber ich war allein in dieser Fremde…
Ich erinnere mich daran, dass mein kleines Zuhause, in dem es kaum genug Platz zum Herumtollen gab und das vergittert war, unter einer schön geschmückten Tanne stand und wie die Menschen davon sprachen, dass ich eine großartige Überraschung sein würde. Ich hoffte, dass das etwas Gutes bedeutete und traute mich vorsichtig heraus, als sich eine schützende Decke über mein Zuhause legte und ich mich so unbeobachtet fühlte. Etwas Heu knabbern sollte mich von meinem Trennungsschmerz, dem Heimweh und der Angst ablenken, die ich empfand.
Und dann passierte es: Ich hörte neue Stimmen - laute, hohe Stimmen, die jubelten und lachten. So laut, dass ich in mein Häuschen rannte, als dann auch noch die Decke weggenommen wurde.
Da waren plötzlich neue Hände, die nach mir griffen und vor denen ich in Panik floh! Ich schrie sogar, als sie mich zu fassen bekamen, doch es gab kein Entrinnen.
„Mama, Mama! Hilf mir! Ich habe Angst!“
Das vor Freude kreischende Menschlein verstand mich nicht und drückte mich nur an seine Brust und streichelte mich. Ich hatte solche Angst davor, was mir dieses Wesen antun konnte, dass ich mich nicht rühren konnte und erstarrte. Ich atmete hektisch und meine Augen fielen mir fast aus dem Kopf, doch das spielte keine Rolle… Sie sagten, ich sei so lieb und brav, so niedlich und zahm, weil ich nicht davon lief oder zubiss, dabei konnte ich mich einfach nicht wehren! Ich war doch völlig überfordert…
Nach einiger Zeit, in der ich im Zimmer des Menschleins stand und es sich immer wieder vor meinen Käfig setzte, mich immer wieder griff und hoch hob, resignierte ich und legte mich immer flach hin und leckte an der Haut des Zweibeiners, damit er doch bitte endlich verstand, dass ich kein böses Schweinchen war und ihm nichts täte, wenn er mich nur in Ruhe ließ.
Nur in meinem Häuschen fühlte ich mich halbwegs sicher, dort versteckte ich mich den ganzen Tag und kam auch nicht heraus, wenn man mir Frischfutter reichte, denn ich hatte Angst, dass man mich wieder packen würde. Nur nachts kam ich heraus, um meinen furchtbaren Hunger zu stillen. Manchmal quiekte ich auch leise, weil ich meine Mama und die anderen Schweinchen so sehr vermisste und niemanden zum Reden hatte…
Es verging eine Weile, die war gar nicht so lang, da hörte ich immer öfter, wie das Menschlein entrüstet äußerte, ich sei ein langweiliges Tier, weil ich mich immer versteckte.
Dabei war ich es, dem langweilig war, denn ich hatte ja keine gleichaltrigen Freunde zum Spielen und niemand Erwachsenen, der mir zeigte, was ich mich trauen durfte und was nicht… und zu dem Menschen, der mich dauernd anfasste und an sich presste, mich auf sein Bett oder das Sofa ohne Rückzugsmöglichkeit setzte, hatte ich erst recht kein Vertrauen!
So kam es bald, dass das saubere Streu, auf dem ich sonst immer saß und das regelmäßig ausgetauscht wurde, nicht mehr so oft gewechselt wurde. Manchmal saß ich tagelang auf einem Berg Kötel und in meiner eigenen P**i, wo ich den beißenden Geruch von Ammoniak ertragen musste. Die großen Zweibeiner schimpften dann immer öfter mit dem kleinen Menschlein und beschwerten sich, dass sie keine Lust hätten, sich immer um „meinen Dreck“ zu kümmern.
Die Besuche an meinem Käfig wurden weniger, was mich irgendwie erleichterte, aber auch frisches Wasser bekam ich immer seltener. Frischfutter und Leckerchen kamen auch nicht mehr sooft, sodass ich mir das schnöde Trockenfutter, das nur aus Körnern und bunten Ringeln bestand, gut einteilen musste. Ich aß es in der Not und knabberte auch manchmal an dem alten, trockenen Brot, das ich hin und wieder bekam. Aber das wurde nur zu seltsam würzigen Brei in meinem Mund und bereitete mir manchmal Bauchschmerzen… das half meinen Zähnen nicht und machte mich auch nicht groß und stark.
Ich wurde ein trauriges, einsames und dünnes Schweinchen, das wusste, dass es bald krank werden würde, wenn es dieses Leben weiter führen musste… und dann wollte man mich eines Tages nicht mehr.
Obwohl ich nichts Falsches getan hatte, wollten sich die Menschen nicht mehr um mich kümmern und mich losweden. Dabei lebte ich noch gar nicht lange bei ihnen…
Mein Name ist Christmas und ich war ein unüberlegtes und am Ende ungewolltes Weihnachtsgeschenk!
Auf Schweinchen wie mich wartet am Ende das Tierheim oder ich werde in der winterlichen Kälte ausgesetzt.
Vielleicht werde ich auch an andere Menschen vermittelt, wo sich dieselbe Geschichte wiederholt… Vielleicht bekomme ich auch einen unkastrierten Partner, mit dem ich zwar zuerst glücklich wäre, von dem ich aber immer wieder trächtig werden würde und immer nur Junge werfen müsste... Oder ich würde mich mit diesem Partner gar nicht verstehen und wir würden uns bekämpfen, bis wir bluten und schrecklich krank werden!
Es gibt so viele traurige, schlimme Schicksale, die Weihnachtsmeerschweinchen wie mich immer wieder treffen: Jedes Jahr nach den Feiertagen ist die Flut an „Geschenken“ wir mir, die ein neues Heim brauchen oder ausgesetzt werden, enorm groß.
Deswegen: VERSCHENKT KEINE TIERE!
Macht Euch vor der Anschaffung im Internet klug über unsere Bedürfnisse!
Verschenkt doch lieber gute Bücher über artgerechte Haltung und Zubehör oder baut gemeinsam ein schönes Gehege an den Feiertagen