01/11/2022
🐰🌸 Vergesellschaftung 🌸🐰
Ich werde immer öfter angeschrieben und gefragt ob ich Tips zur Vergesellschaftung von Kaninchen habe, dass ich mir gedacht hab mal einen Beitrag zu dem Thema zu verfassen.
Die Vergesellschaftung von Kaninchen ist ein Thema, dass jeden Kaninchenhalter betreffen kann. Stirbt zum Beispiel ein geliebtes Tier, bleibt ein anderes Tier einsam zurück und braucht einen neuen Partner. Aber auch bei einer Gruppen-Vergrößerung oder Zusammenführung mehrerer Tiere sollte die Vergesellschaftung richtig durchgeführt und ein paar Regeln beachtet werden.
Hierbei handelt es sich lediglich um Tipps, es kann selbstverständlich von Kaninchen zu Kaninchen unterschiedlich verlaufen. Auch ich stand schon vor einer solchen Herausforderungen wo alles plötzlich ganz anders verlief als eigentlich erwartet und es gab auch schon denn Fall wo es absolut gar nicht funktioniert hat.
1. Voraussetzungen:
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Bei neuen Kaninchen ist es wichtig, einige Punkte vorab über das Tier zu wissen. Ist es schon etwas älter, sollte man wissen ob es geimpft und gesund ist. Hat man diese Information nicht, dann sollte es vorab gesundheitlich von eurem Tierarzt durchgecheckt werden, bevor eine Vergesellschaftung stattfindet. Dabei sollte auch der Kot untersucht werden, um mögliche ansteckende Parasiten oder andere Krankheiten aufzudecken. Ist dies der Fall, sollte das kranke Kaninchen erstmal in Quarantäne gesetzt werden und gesund gepflegt werden.
Es ist auch zu raten, dass alle Kaninchen, die miteinander vergesellschaftet werden sollen, vollständig geimpft sein. Man rät dazu, das die Impfung dabei mindestens 7-14 Tage zurück liegen sollte, damit der Impfschutz aufgebaut ist und das Immunsystem des Kaninchens nicht mehr geschwächt ist.
Desweiteren sollten alle Rammler kastriert sein und die Kastration mindestens 3 Wochen her sein, damit die Hormone runtergefahren sind und der Bock sich von der OP erholen konnte (das gilt natürlich auch für jede andere OP eines Kaninchens). Werden die Kastrate mit weiblichen Tieren in Kontakt kommen, sollte nach der Kastration sogar eine Frist von mindestens 4-6 Wochen eingehalten werden, um Nachwuchs zu vermeiden.
Junge Kaninchen sollten mindestens 8 Wochen alt sein, bevor sie von der Mutter getrennt werden. Hierbei sollte auch beachtet werden, dass sie bis spätestens zur 12. Lebenswoche einen Tierarzt zur Impfung vorgestellt werden.
Gesunden, geimpften (und bei Böcken kastrierten) Kaninchen steht für die Vergesellschaftung nichts mehr im Wege.
Pärchen lassen sich in der Regel am harmonischsten vergesellschaften. Bei Böcken kann es zu brutalen Kämpfen kommen und auch bei Häsinnen kann es Zickereien geben. Hundertprozentig kann man dies aber nicht festlegen, da letztendlich jedes Individuum anders reagiert. Bei mir war es beispielsweise die ruhigste und liebste Häsin wo ich im Traum nie daran gedacht hätte das ausgerechnet sie zum Problem einer Vergesellschaftung werden wird.
Wichtig ist, dass fremde Kaninchen, die zusammengeführt werden sollen, bis zum Zeitpunkt der Vergesellschaftung weder Sicht-, noch Hör- oder Riechkontakt zu den anderen haben sollten. Andernfalls kann dies zu zusätzlichen Komplikationen führen, da sich im Vorfeld Aggressionen aufbauen könnten. Kaninchen können nur harmonisch zusammen leben, wenn sie eine Rangordnung ausmachen konnten. Können sie sich also beispielsweise sehen, aber nicht zueinander um den Rang zu klären, kann dies für Stress sorgen.
Ich persönlich halte z.B. von einem „Hinter Gittern Kennenlernen“ gar nichts…
Am besten erst das neue Kaninchen zu euch beispielsweise in die Stube mit nehmen. Lasst es in Ruhe erst einmal bei euch ankommen, es sind für das kleine Tier ohnehin schon Strapazen gewesen bis es überhaupt erstmal bei euch gelandet ist. Lernt euch gegenseitig kennen und gewinnt das Vertrauen zu euch als neuen liebevollen Halter.
2. Vorbereitung eines neutralen Bodens:
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Um eine Vergesellschaftung richtig vorzubereiten, sollte ein neutraler Ort gewählt werden. Das heißt, es sollte auf keinen Fall in dem Zimmer / Gehege stattfinden, wo am Ende alle gemeinsam leben sollen. Nehmt beispielsweise das Wohnzimmer, Küche ofer Bad. Im Sommer können Kaninchen aus Innenhaltung auch draußen vergesellschaftet werden, im Winter aufgrund des Temperaturunterschiedes natürlich nicht. Ansonsten sollte in der Außenhaltung ein separates Gehege eingerichtet werden, dies muss dann aber auch vollständig mardersicher, sowie ausbruchssicher sein. Eine Alternative wäre z. B. ein Gartenhaus oder ein Schuppen.
Neutral sollte der Vergesellschaftungsbereich sein, damit keine Gerüche oder vertraute Gegenstände der Kaninchen vorhanden sind, sodass niemand sein Revier verteidigen kann und alles „neu“ und „unbekannt“ ist für alle Beteiligten. Außerdem sollten sich an dem Ort der Vergesellschaftung mehrere Futterstellen und mehrere Toiletten befinden, damit sich jedes Kaninchen zurückziehen und in Ruhe fressen oder sein Geschäft erledigen kann. In der Regel sind Kaninchen während einer Vergesellschaftung aufgrund des Stresszustandes aber eher unsauber.
3. Vorbereitung bei nicht-neutralem Boden:
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Sollte der Fall eintreten, dass kein neutraler Bereich vorhanden ist, muss das bekannte Gehege genutzt werden. Dafür sollte vorab alles gründlich gereinigt und desinfiziert werden, um so viele Gerüche wie möglich zu entfernen (z. B. mit Essigwasser). Das umfasst auch alle Häuschen und Verstecke, welche bestenfalls für den Vergesellschaftungszeitraum durch Kartons ersetzt werden sollten. Einstreu, Stroh und Heu sollte erneuert werden, und Decken, Teppiche und Ähnliches gewaschen werden. Außerdem ist es hilfreich, wenn die Einrichtung umgestellt und neu platziert wird. Auch in diesem Fall sollten natürlich ausreichend Futterplätze bereit stehen, damit keine Futterneid- oder Ressourcenkämpfe entstehen. Bei freier Garten- oder Wohnungshaltung gestaltet sich dies natürlich fast unmöglich. Da würde sich eventuell wirklich ein komplett anderer Ort als Vergesellschaftung anbieten oder es sollte so viel wie möglich verändert und gereinigt werden.
Sollte es keinen Bereich geben, der für eine Vergesellschaftung in Frage kommt, z. B. aufgrund von Platzmangel oder sehr dominanten Tieren, sollte eine externe Vergesellschaftung in Betratcht gezogen werden. Aber diesen Aufwand möchte denke niemand Betreiben und ich gehe davon aus das es jedem möglich ist dies in einer Wohnstube oder anderen Zimmern im Haus durchzuführen.
4. Ablauf einer Vergesellschaftung:
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Der Zeitpunkt einer Vergesellschaftung sollte so gewählt werden, dass die ersten Stunden gelegentlich kontrollieren werden kann, ob alles in Ordnung ist. Die ganze Zeit dabei sein tut nicht not und stresst die Tiere in der Regel sogar zusätzlich. Zu Beginn werden alle Kaninchen gleichzeitig in den neutralen Bereich gesetzt. Ist dies nicht möglich (zu viele Tiere) oder sind besondere Charaktere bekannt (Dominanz, Unterwerfung), sollten die dominanten Kaninchen als letztes dazukommen. Ist kein neutraler Boden vorhanden, sollten die neuen/unterwürfigen Kaninchen als erstes das Gehege erkunden dürfen. Von hier an heißt es: abwarten – den Rest regeln die Tiere unter sich.
Es kann gekämpft, gejagt, gebissen und gerammelt werden; sicherlich werden auch Fellfetzen fliegen. Dies gehört dazu und ist sogar wichtig: Es dient zur Klärung der Rangordnung. Damit Kaninchen harmonisch in einer Gruppe zusammenleben können, muss die Rangordnung klar strukturiert sein. Dabei kommt es ganz individuell auf die Charaktere der Tiere an: einige werfen sich unter, andere sind sehr dominant und zeigen dies auch. Es sollte aber darauf geachtet werden, dass zwischen den Kämpfen immer mal wieder Ruhe-Pausen statt finden und die Kaninchen auch trotz der Stresssituation etwas Nahrung zu sich nehmen (dass sie weniger fressen, kann während einer Vergesellschaftung normal sein).
Es kann auch vorkommen, dass sehr ängstliche Tiere anfangen zu quieken/quietschen. Wichtig ist, dass man NICHT eingreift oder dazwischen geht.
Ich weiss selbst das es sehr schwer fällt, auch ich habe schon den Fehler gemacht und habe es aus Mitleid doch getan 🙈
Die Kaninchen müssen dies aber unter sich klären, damit sie in Zukunft harmonisch zusammenleben können. Oft ist es für die Kleinen harmloser als es für uns Menschen aussieht. Lediglich in der Ausnahme Situation, dass die Tiere sich so arg verletzen, dass viel Blut fließt, sollten die Kaninchen getrennt, die Vergesellschaftung abgebrochen und ein Tierarzt aufgesucht werden.
5. Abschluss einer Vergesellschaftung:
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Auch die Dauer einer Vergesellschaftung ist von den Charakteren der Tiere abhängig und total unterschiedlich. Dabei kann es sich um paar Tage, Wochen oder sogar Monate handeln. Wichtig ist, dass den Tieren genug Zeit gegeben wird, also mit viel Geduld und Nerven an die Sache ran gegangen wird. Gehen sich die Tiere auch noch nach Wochen aus dem Weg, ist es ratsam, den Vergesellschaftungsbereich zu verkleinern.
Gute Zeichen einer Vergesellschaftung sind: ruhiges Nebeneinander liegen, kaum noch Kämpfe, seltenes Jagen, geringere Distanzen, entspanntere Stimmung, usw.
Als komplett „erfolgreich“ kann die Vergesellschaftung bezeichnet werden, wenn die Kaninchen mindestens 1-2 Tage harmonisch zusammen leben (zusammen kuscheln, sich gegenseitig putzen oder zusammen fressen), ohne dabei ängstliches oder aggressives Verhalten zu zeigen.
Dann können die Kaninchen (sofern nötig) wieder in ihr „richtiges“ Gehege zurückziehen, welches vorher natürlich gründlich gereinigt worden ist. In diesem kann es dann eventuell erneut zu ein paar Auseinandersetzungen kommen, muss aber nicht. Nach ein paar Stunden/Tagen sollte alles wieder harmonisch sein. Fand die Vergesellschaftung im richtigen Gehege statt, fällt dieser Schritt des Gehegewechsels natürlich weg.
So sollte es NICHT gemacht werden:
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Ausnahmen bestätigen immer die Regel, aber im Normalfall sollte man folgende Punkte beachten, die den FALSCHEN Ablauf beschreiben:
- Neue Tiere nicht einfach in das Gehege/Stall zu dem/n anderen/m Tier/en setzen: Dies kann sehr schnell zu bösen Kämpfen führen, denn Kaninchen sind sehr reviertreue Tiere und verteidigen ihr Revier auch dementsprechend. Für den/die Neuankömmling/e ist es dann sehr schwer, aufgenommen zu werden.
- Die Kaninchen nicht auf zu engen Raum zusammenführen: Der Platz sollte den normalen Mindestmaßen entsprechen, damit die Tiere genug Möglichkeiten haben, sich aus dem Weg zu gehen, gerade wenn sie z. B. noch nicht zusammen fressen.
- Sicht- und Riechkontakt vor der Vergesellschaftung vermeiden (keine Gitter an Gitter Zusammenführung): Riechen oder sehen fremde Kaninchen sich bereits vorher, können aber nicht zueinander, um die Rangordnung zu klären und sich kennen zu lernen, schürt dies Aggressionen. Umso brutaler wird in der Regel dann das erste Zusammentreffen.
Ich hoffe es kann den einen oder anderen etwas behilflich sein 💕