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05/12/2022

Gebührenordnung für Tierärzte

Grundsätzlich mal: Wieso gibt es diese GOT?

In den 1970er Jahren befanden die Oberen des Berufsstandes, dass es keinen Konkurrenzkampf („ruinösen Wettbewerb“) zwischen Tierarztpraxen geben sollte und überzeugten die Parlamentarier in Bonn, ihre Kostenvorstellung für tierärztliche Leistung in Gesetzesform zu gießen. Ähnlich verhielten sich ja schon lange die Rechtsanwälte. Ärzte machten da eine Ausnahme: sie handelten die GOÄ mit den Krankenkassen aus.

Für die Tierärzte war die GOT eine Orientierungshilfe, nach der sie selbst entscheiden konnten, ob sie den einfache, den zweifachen oder den dreifachen Satz für ihre Leistungen berechneten. Welcher Tierarzt hat da nicht gejubelt und den Höchstsatz zum Standard gemacht? Das galt besonders für jene Praxen in den wohlhabenden Stadtteilen und Gebieten. Schon in den 1980er Jahren konnte sich aber ein „Normalverdiener“ in Deutschland einen Tierarzt nur leisten, wenn dieser sich im unteren Bereich der GOT zuhause fühlte. Junge Familien und Rentner im Besonderen vertrauten sich und ihre Tiere nur den Praxen an, die fair und sozialverträglich arbeiteten und nicht jeden „Pubs“ in Rechnung stellten. Der Tierärztekrieg war losgetreten. In Hamburg und Berlin mit der höchsten Praxisdichte verbündeten sich Tierärzte und Tierärztinnen, um möglichst hohe Preise für ihre Leistungen durchzusetzen. Man traf sich und „schnackte in kleinen Gruppen aus“, was man wofür den Tierhaltern abnehmen wollte. Die Begehrlichkeiten waren immerdar und grenzenlos. Für Impfungen zum Beispiel wurden regional und unter Mißachtung der Kartellgesetze Mondpreise vereinbart. Tierhalter hatten da keine Chance...sie mussten blechen.

In den 1990er Jahren entdeckte die Medizinindustrie die Lukrativität der praktischen Tierheilkunde: Computertomographie, möglichst auch Magnetresonanztomographie und Sonographie sowieso waren geeignet, Tierarztpraxen „aufzubeppen“ um Tierhalter zu beeindrucken. Diese Geräte müssen aber den ganzen Tag am Laufen gehalten werden, um damit Geld zu verdienen. Jede Maus, jede Katze und jeder Hund wird nach Möglichkeit apparativ durchgeschaut, um Gewinne einzufahren.
Neue Operationstechniken wurden von der Industrie erdacht und mit höchstpreisigem Instrumentarium auf den Markt gebracht – ein Trend, der bis heute anhält.
Seit dieser Zeit ist die Missachtung des Höchstsatzes der GOT Normalfall. Aber wehe dem, der den unteren Gebührensatz unterschreitet: Bußgelder, verhängt von der Tierärztekammer, und berufsgerichtliche Verfahren sind die Folge.

Seit der Jahrtausendwende knirscht es immer lauter im Berufsstand der Tierärzte. Die Gewinnerwartungen etablierter Praxen stiegen ständig und keine Chance wurde ausgelassen, Tierärzte, die anders dachten und handelten, vor Tierhaltern „madig“ zu machen. Kundenbindung durch Verleumdung der „schmutzigen Konkurrenz“ waren alltäglich. Der Kampf um die Kohle hatte im Strafgesetzbuch Einzug gehalten.

Tierärztliche Arbeit bedeutet für alle Tierartpraxen, die ich kenne: Vernünftige sozialverträgliche Arbeit.
Für viele bedeutet sie jedoch, möglichst viel Geld zu verdienen. Sie hatten die Oberhand und werkelten an dieser aus der Zeit gefallenen Schutzeinrichtung für den Berufsstand. Mit Hilfe von Lobbyisten der Medizin- und Pharmaindustrie wurden Parlamentarier dazu gebracht, ohne nachzudenken ein Gesetz zu verabschieden, welches nunmehr als Waffe gegen die Bevölkerung eingesetzt wird: „Otto Normalverbraucher“, ältere Menschen, nicht mehr berufstätig, werden mit ihrem Haustier nicht mehr eine Tierarztpraxis aufsuchen, wenn es denn geboten ist. Junge Menschen überlegen sich dreimal, ob sie Geld für eine tierärztliche Behandlung ausgeben.
In der Folge verwaisen langfristig die kleinen und mittleren Tierarztpraxen und erweisen sich als unrentabel. Etablierte Praxen erleben einen höheren Zulauf, denn hier geht es um
erstklassige Diagnostik und Therapie – alles vom Besten. Nur die gutverdienende Mittelschicht und die Oberschicht „whoppt“ die hohen und höchsten Preise. Tierärztliche Zentren, von Investoren aufgekauft, verdrängen ihre weniger finanzstarken Mitbewerber. Haustierhaltung entwickelt sich zu einem „Luxusgut“.

Wenn es das ist, was unsere „Oberen“ des Berufsstandes wollten, dann waren ihre Entscheidungen eine völlig inakzeptable krasse Fehlleistung. In der Berufsordnung heißt es: „… Der Tierarzt ist der berufene Schützer der Tiere.“ Eine absurde Vorstellung, wenn die Erreichbarkeit tierärztlicher Leistung per Gesetz in die höchsten Höhen gezogen wird.

Beste Grüße aus Hamburg !
Dirk Schrader

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