29/12/2023
Nur kleines Geld für den Zoo "Der großen Tiere" in Erfurt
Nach dem Rauswurf der Zooparkleitung und dem plötzlichen Tod mehrerer großer Tiere vor gut einem Jahr sollte es im Erfurter Zoo einen Neustart geben. Eine kommissarische Zooleitung wurde eingesetzt, die bis heute im Amt ist. Es gab viele Ideen und Pläne.
Die Erdmännchen posieren, als hätten sie einen Auftritt auf dem roten Teppich. Weit weniger beachtet wird da so ein Trampeltier. Für 500 Euro im Jahr hat sich Dezernent Matthias Bärwolff (Linke) ein Trampeltier als Patentier ausgesucht. Auch er poltere ja manchmal los, meint er mit Augenzwinkern. So hatte er beim Drücken der Reset-Taste im Zoo im Herbst 2022 die Gretchenfrage gestellt: Wollen wir den Zoo überhaupt noch? Das sorgte für viel Wirbel.
Ein Mann steht vor dem Eingang des Erfurter Zoos.
Dezernent Matthias Bärwolff (Linke) hatte im Herbst 2022 die Reset-Taste im Zoo gedrückt.
Aber es war und ist die Nagelprobe für städtisches Handeln. "Wenn der Zoo nicht die Mittel bekommt, die er langfristig braucht, um Tieranlagen zu sanieren, umzubauen, neue Attraktionen zu schaffen, bleibt er auf der Strecke und verliert an Attraktion", sagt Bärwolff.
Dezernent will drei Millionen Euro jährlich
Der Stadtrat hatte sich damals klar zum Zoo bekannt, es gab einen eindeutigen Beschluss. Nur: Ein Jahr später fehlen für Investitionen in Größenordnungen noch immer die Gelder. Drei Millionen Euro will der Dezernent jährlich fürs Bauen und Erhalten haben. Im Haushaltsentwurf für 2024/25 steht eine Null. "Ich war mit meinen Leuten extra in Klausur. In meinem Dezernat kann ich 80 Millionen Euro ausgeben, damit müssen Schulen und Kindergärten saniert, Straßen gebaut, Stadtentwicklung bezahlt und eben auch der Zoo bedacht werden. In den Haushaltsentwurf haben wir dann drei Millionen Euro als Mindestsumme geschrieben. Die wurden uns aber vom Finanzdezernenten rausgestrichen." Da ist sie dann wieder da, die Gretchenfrage. Er sei ein großer Fan des Zoos, sagt Bärwolff. Als einzige in Thüringen hat die Einrichtung das Prädikat "wissenschaftlich geführter zoologischer Garten".
Wenn der Zoo nicht die Mittel bekommt, die er langfristig braucht, um Tieranlagen zu sanieren, umzubauen, neue Attraktionen zu schaffen, bleibt er auf der Strecke und verliert an Attraktion.
Das frühere Giraffenhaus im Erfurter Zoopark wurde zur Gepardenanlage umgebaut.
Die Zoo-Mannschaft hat sich in diesem Jahr mächtig ins Zeug gelegt. Aus eigener Kraft wurde die Giraffen- zur Gepardenanlage umgebaut. In der Tierhaltung wurde eine Wende vollzogen hin zu mehr Vergemeinschaftung der Tiere. So bekamen zum Beispiel die Flamigos Gänse als "Untermieter". Yaks, Elefanten, Nashörnern bekamen als "Nachbarn" Hühner. Das, so sagen Tierexperten, entspreche mehr dem natürlichen Lebensraum der Tiere und sei für Besucher attraktiver, weil das Agieren der Tiere miteinander beobachtet werden kann. Eine neue Gepardendame ist im Zoo eingezogen und sibirische Feuerwiesel.
Zoo will Anlagen für Rote Pandas bauen
Im kommenden Jahr soll der Bau für eine weitere neue Tierart im Zoo beginnen. Rote Pandas, die in der freien Natur vom Aussterben bedroht sind, sollen auf dem Plateau ein Zuhause finden. "Das ist alles toll, aber es ist nicht der große Wurf. Das sind alles Dinge, die wir aus eigener Kraft stemmen", ordnet Bärwolff die Projekte ein. Zu den neuen Ideen gehörte auch ein OP-Saal. Der sollte an die bestehende Tierarztpraxis in einer ehemaligen Mitarbeiterwohnung eingerichtet werden. "Einen Elefanten oder Löwen werden wir da immer noch nicht behandeln können, aber für kleinere Tierarten fällt der Transportstress weg." Eigentlich sollte der OP-Saal samt Medikamentenlager und größerer Tierarztpraxis längst am Netz sein. Aber es gab bauliche Gründe. Bei der geplanten Zooparkschule wird sich noch um den Standort gestritten. Der Bau soll nun 2024 starten.Stelle für neuen Zooparkchef nicht ausgeschrieben Die Stelle für den neuen Zooparkchef oder Chefin ist auch noch nicht ausgeschrieben. Intern gab es Streit, ob es ein Tier-Experte oder ein Zahlen-Genie sein soll. Der Streit ist jetzt nach über einem Jahr beigelegt. Inzwischen hat der Stadtrat die Satzung des Eigenbetriebes geändert. Es darf auch ein Nicht-Zoologe sein, wenn der zweite Werkleiter die zoologische Expertise mitbringt. "Wenn dass das Stöckchen ist, über das wir springen müssen, dann ist das so. Ich will, dass die Stelle endlich ausgeschrieben wird", so Bärwolff. Die Satzung liegt zur Genehmigung beim Landesverwaltungsamt. Bärwolff hofft im Januar auf ein "Go". Einiges hat sich laut Bärwolff - bei allem Stillstand - dennoch 2023 einiges bewegt. In die Mannschaft ist Ruhe gekommen. "Sie sind alle hoch motiviert und arbeiten oft weit mehr, als sie müssten", lobt er die Truppe. Von 78 Stellen sind 60 besetzt. Auf die Azubi-Stellen als Tierpflegerin oder -pfleger haben sich viele junge Leute beworben. Acht Stellen konnten neu besetzt werden. Erstmals wurden auch Fördermittel generiert, unter anderem fürs energetische Sanieren der Gebäude. Da war jahrelang nichts passiert. "Es gibt Fördermittel, man muss sie eben nur beantragen. Das haben wir in diesem Jahr getan", sagt Bärwolff.
Ausbau kostet bis zu acht Millionen Euro
Die Infrastruktur des Zoos ist in die Jahre gekommen. Den Zoo gibt es seit Ende der 1950er-Jahre. Um ihn attraktiv zu halten, auch barrierefrei umzubauen und weiter zu entwickeln, braucht es Geld, bringt es Bärwolff immer wieder auf die alles entscheidende Frage. Ein Beispiel: Der Ausbau der Afrika-Savanne ist seit Jahren gewollt. Die Flächen dafür sind reserviert. Aber der Ausbau kostet mindestens sieben bis acht Millionen Euro. Die sind im Moment nicht in Aussicht. So ist es fraglich, ob und wann die Giraffen nach Erfurt zurückkommen. "Die Giraffe ist ein symbolträchtiges Tier für den Erfurter Zoo, aber der Bau eines Giraffenhauses allein ist schon ein Mega-Vorhaben." Das Bekenntnis der Stadträte zum Zoo müsse sich nun auch in den Haushaltsbeschlüssen wiederfinden, fordert Bärwolff. Eine Null im Haushalt für Investitionen werde er nicht akzeptieren. Das Konzept des Zoos der "Großen Tiere" halte er für tragfähig, aber nur, wenn der Zoo nicht weiter als städtisches Stiefkind behandelt werde. Im kommenden Jahr wird ein neues Elefantenbaby erwartet. "Vermutlich im Mai oder Juni." Er habe das Herz schon schlagen gehört. Ob es ein Mädchen oder ein Junge wird, ist noch nicht klar. Die Schwangerschaft verlaufe bis jetzt aber gut. "Die Elefantendame hat schon eine mächtige Kugel." Bärwolff hofft, dass die Elefantengeburt wieder mehr Besucher in den Zoo lockt. Denn die Zahlen sind erneut eingebrochen. Waren es 2019 fast 400.000 Besucher und im Vorjahr 330.000, so geht das Jahr 2023 mit 250.000 Besuchern zu Ende.
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📸Fotos/Quelle: MDR THÜRINGEN | Thüringer Zoopark Erfurt
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