02/03/2024
Tierschutz und Pferde, Tierschutz und Reiten, Tierschutz und Hochleistungssport, Tierschutz und Shows
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Ein wichtiges, aber auch sehr brisantes, vor allem aber auch ein umfassendes Thema, das sich nicht mit wenigen Sätzen umschreiben lässt.
Wo beginnt Tierschutz mit Pferden? Nicht erst im Umgang oder im Reiten, sondern schon in der Haltung und Unterbringung und auch in der Zucht. Was ist artgerecht? Ist eine Haltung auf im Sommer fetten und im Winter matschigen Wiesen artgerecht? Ist eine Haltung in Ställen artgerecht? Wo liegt der beste Mittelweg? Ist eine Zucht mit dem Ziel der spektakulären Bewegungen weiterhin sinnvoll? Müssen wir auch dort nicht wieder zurück zu mehr Stabilität und „Normalität“? Das wird Generationen dauern.
Dann die Pflege. Muss ein Pferd überhaupt gepflegt werden? Macht es etwas aus, wenn es Huffäule entwickelt oder Parasiten das Pferd plagen?
Macht es etwas mit dem Pferd, wenn es komplett geschoren wird? Wann ist das zumutbar und wann nicht?
Wie oft und wie sollte Hufbearbeitung erfolgen? Richtet sich das nach dem Geldbeutel oder nach der Hufsituation?
Passt das Equipment, ist es dem Pferd angenehm? Wird es sachgerecht und für das Pferd hilfreich verwendet?
Reicht eine 3x3,5m Box für ein Pferd aus, wenn es 4 Stunden Auslauf hat und eine Stunde geritten wird?
Ist es vertretbar, einem Sportpferd Medikamente zu geben, um einem Magengeschwür vorzubeugen, das es ohne diese Medikamente vermutlich entwickeln würde?
Darf man die das Pferd versorgenden Menschen ausbeuten, sie im Mindestlohn hart arbeiten lassen und dann verlangen, dass die Pferde top versorgt und fachgerecht betreut sind?
Dürfen Pferde zur Unterhaltung des Menschen „genutzt“ werden? Und wenn ja, dann unter welchen Bedingungen?
Ist es im Sinne des Pferdewohls, sie so früh wie möglich zu reiten, so früh wie möglich im Sport vorzustellen und so früh wie möglich Hochleistungen zu verlangen?
Ist es im Sinne des Pferdes, nur einmal die Woche gebisslos ohne Sporen und Gerte geritten zu werden, untrainiert von unausbalanciertem Gewicht? Macht das weniger aus, wenn es dem Pferd an 6 Tagen der Woche vermeintlich gut geht?
Geht es Sportpferden prinzipiell schlechter als nicht im Sport eingesetzten Pferden? Oder geht es ihnen besser? Oder kommt beides vor?
Wird in der Ausbildung von Reiter, Pferd, Richter, Besitzer und Stallbetreiber der Tierschutz genügend thematisiert?
Gibt es eine verpflichtende Ausbildung für Pferdebesitzer und Stallbetreiber in Sachen Tierschutz?
Muss die Pferdehaltung und Ausbildung nicht eigentlich oft viel mehr Geld kosten, damit sie pferdegerecht ist?
Macht es Sinn, Pferde , die Steppentiere sind, in unseren Breiten „wild“ zu halten?
Ist Reiten prinzipiell ethisch vertretbar?
Ist das Zufügen von Schmerz ethisch vertretbar? Wenn es zum Beispiel um die Sicherheit des Menschen geht?
Ist es möglich, dem Pferd durch das Reiten zu helfen, es in seinem Wohlbefinden zu fördern und in seinem Selbstbewusstsein und seiner Leistungsfähigkeit und Fitness?
Ist es möglich, die Vielfalt der Pferde zu erhalten, ohne, dass sie geritten oder gefahren werden dürfen?
Kann man Pferde auch ohne Gebiss, Sporen und Gerte sinnvoll ausbilden?
Kann man Pferde auch mit Gebiss, Sporen und Gerte sinnvoll ausbilden?
Sind Hilfsmittel generell grausam? Oder haben sie eine Berechtigung, wenn sie fachgerecht angewendet werden?
Wird noch genug gelehrt, wie fachgerecht mit Pferden gearbeitet wird?
Viele, viele Fragen, die sicherlich viele unterschiedlich beantworten würden und man kann die Liste beliebig verlängern.
Wo kann und wo muss man ansetzen?
An vielen, vielen Stellen.
Ein verpflichtender Sachkundenachweis für Pferdehalter und Anlagenbetreiber wäre schon einmal das erste.
Der Tierschutzaspekt muss in der Ausbildung aller Beteiligten wieder mehr in den Fokus gestellt werden. Die mentale und körperliche Gesundheit der Pferde und muss wieder mehr in den Blickpunkt treten. Das Zufügen von Schmerz darf nicht fester Bestandteil der Ausbildung sein! Idealerweise geht es ganz ohne!
Die FN und die FEI müssen ebenfalls handeln, die Kontrollen verschärfen und ihre Richter schulen, das Zufügen von Schmerz, auch über verkrampfte, unnatürliche Haltung und übermäßige Spannung muss geahndet werden und auch die mentale Unversehrtheit der Pferde beachtet werden.
Die Veterinärämter müssen geschult und unterstützt werden.
Die Ausbilder, Richter und Reiter müssen geschult werden, von Beginn an. Vom Trainer C bis zum Pferdewirtschaftsmeister, vom Ponykind bis zum Grand Prix Reiter.
JEDER muss sich kritisch hinterfragen und sein Handeln auch kritisch hinterfragen lassen.
Und ich fürchte, Reiten muss auch teurer werden, damit der Tierschutz auch bezahlbar und gewährleistet ist.
Die Freude am Umgang mit dem Pferd muss wieder in den Vordergrund treten und aber eben auch die Freude des Pferdes, mit seinen Menschen zusammen zu arbeiten. Reiten lernen kann vor allem für junge Menschen eine Schule fürs Leben sein. Es muss auch wieder mehr gute Reitschulen geben, damit sie „gut“ sind, auch im Sinne des Pferdewohls, müssen sie leider entsprechend teuer sein. Eine Top-Versorgung und Ausbildung von Schulpferden kostet Geld! Perfektion wird es auch hier NIE geben, ist aber auch nicht nötig.
Aber erst, wenn sich etwas ändert, ist auch das Reiten und der Pferdesport weiterhin möglich
im Sinne der Pferde UND der Menschen
DDr. Dagmar Ciolek