21/06/2022
Alle Jahre wieder.....
...erscheint dieses Bild, aufgenommen mit einer Wärmebildkamera, eines Hundes hier auf Facebook.
Leider wird es aber immer wieder falsch interpretiert.
Nämlich das man die Hunde im Sommer nicht scheren soll da die Temperatur auf den geschorenen Stellen erheblich höher ist.
Genau das Gegenteil ist aber der Fall:
An den geschorenen Stellen kann die Körperwärme gut entweichen und an den Stellen wo das Fell lang ist bildet sich eine Isolationsschicht und darunter glüht der Hund regelrecht während die Oberfläche des langen Haares kühler ist.
Hier ist bei zu dichter Wolle kein Wärmeaustausch mehr möglich.
Lesen Sie dazu auch den folgenden Text aus meinem Blog:
Sommerschur - ja oder nein?
Unsere heutigen Hunde stammen alle von einem Vorfahren ab: dem Wolf.
Aber wird ein Wolf im Sommer wenn die Temperaturen weit jenseits der 30°C Marke sind geschoren?
Nein, natürlich nicht!
Das Fell eines Wolfes besteht aus 2 Schichten. Dem feinen und wärmenden Unterwollhaar und dem festen und schützenden Deckhaar.
Heute leben 99% der Hunde in Deutschland mit im Haus. Sie sind heute Familienmitglieder und keine Hof-, Zwinger- oder reinen Wachhunde mehr. Daher gibt es sehr viele Rassen bei denen kein natürlicher Fellwechsel der den Jahreszeiten angepasst ist mehr erfolgt.
Nur die allerwenigsten Hunderassen haben noch dieses ursprüngliche Fell, welches 2x im Jahr gewechselt wird. Einmal das Winterfell mit sehr viel wärmender und isolierender Unterwolle und das sehr viel dünnere Sommerfell mit ganz wenig Unterwolle.
Durch züchterischen Ehrgeiz ist das Fell vieler Hunderassen so sehr beeinflusst und verändert worden das viele Hunde im heißen Sommer regelrecht leiden. Sie halten sich fast ausschließlich in Kellerräumen auf oder warten auch nur liegend auf kalten Steinböden und vor sich hin hechelnd darauf das es draußen endlich wieder kühler wird. Die Lebensqualität dieser Hunde ist im Sommer gleich Null.
Auch Kastratenfell will hier erwähnt werden da kastrierte Hunde durch die Hormonumstellung oftmals mehr Unterwolle produzieren.
Natürlich wird man nicht vom Hund erwarten dass er bei +30°C mit am Fahrrad läuft, in der Mittagsh*tze mit zum Joggen geht oder sich auf dem Agillityplatz auspowert. Aber selbst ein kleiner kurzer Gassigang wird für so manchen Hund zur Qual wenn man nicht den kühlen schattigen Wald direkt vor der Türe hat. Auch das Baden im See ist nicht für jeden Hund das Gelbe vom Ei denn es gibt genug Hunde die das Wasser scheuen, egal wie man es dem Vierbeiner auch schmackhaft machen will.
Kurzum: der Hund leidet. Aber muss das sein?
Ich sage ganz klar: NEIN!
Eine fachgerechte Schur kann hier sehr gut Abhilfe schaffen. Und mit fachgerecht meine ich keine 2mm Schur mit einer Maschine aus dem Supermarkt die schnell sehr heiß wird und die Hundehaut verbrennen kann.
Es gibt einige Hundefriseure die das Scheren von sogenannten Unterwollrassen wie Schäferhund, Husky, Neufundländer, Australian Shepherd und auch Spitz, Pekingese und Chihuahua ablehnen. Aber warum? Ein Pudel z.B. wird das ganze Jahr über geschoren wobei der Unterschied von Sommerfrisur zur Winterlänge mehrere Zentimeter betragen kann.
Viele der Hundefriseure geben folgende Gründe an:
-Das Fell wächst nicht mehr nach
Es gibt in der Tat Fälle wo das Fell eines geschorenen Hundes nur spärlich oder nur fleckenweise nachwächst. Die ist aber nicht das Ergebnis der Sommerschur, sondern zeigt nur an das der Hund ein anderes gesundheitliches Problem hat. Meist hormoneller Natur. Oftmals ist hier eine Fehlfunktion der Schilddrüse Schuld.
-Der Hund verwollt und bildet kein Deckhaar mehr
Richtig ist das die Unterwolle des Hundes schneller wächst als das eigentliche Deckhaar. Dies hat zur Folge das der Hund in den ersten Wochen nach der Schur sehr wollig und wieder wie ein Welpe aussieht. Durch regelmäßige Fellpflege, sprich bürsten und auch mal baden und föhnen, sieht der gesunde Hund aber nach 3-4 Monaten wieder so aus wie vorher.
Man kann mit dem Abschneiden eines Haares keine genetischen Erbanlagen verändern die besagen wann und wo, welche Farbe-Dicke und Länge ein einzelnes Har hat.
-Der Hund entspricht nicht mehr dem Rassestandard
Dies mag für einige Wochen zutreffend sein ist aber eben ein vom Menschen gemachtes, oftmals zweifelhaftes Schönheitsideal das vorrangig für Hundezüchter und/oder –Aussteller von Belang ist.
-Unterwolle entfernen reicht aus
Eben leider nicht da einige Rassen, wie weiter oben schon erwähnt durch züchterischen Einfluss und/oder durch Kastration viel zu viel Unterwolle produzieren und diese kann man ja nicht einfach wieder raus reißen.
Unterwolle entfernen bedeutet lediglich durch fachgerechtes Carding mit speziellen Geräten, sowie Baden und Blowern im Hundesalon die LOSE Unterwolle zu entfernen.
Für mich als Hundefriseurin mit 22 jähriger Erfahrung in diesem Bereich ist es wichtig das der Hund sich in seiner Haut wohlfühlt.
Bisher konnte ich nur Vorteile bei Hunden beobachten die den Sommer mit gekürztem Fell verbringen durften:
Deutlich mehr Lebensfreude
Sehr viel agiler
Weniger Hecheln
Kein Dauerliegen im dunklen Keller
Bessere Wahrnehmung von Streicheleinheiten
Letztendlich möchte ich anregen, sich doch seinen eigenen Hund genauer zu betrachten.
Lebensqualität und vor allem Gesundheit sollten über absolut jedem Schönheitsideal stehen und Argumente gegen eine Schur sollten genauer hinterfragt werden.
Es ist klar, dass die Züchter von Rassen mit extremen Fellmassen gegen eine Schur sind.
Sie haben diese Hunde ja so kreiert.
Die „Schönheit“ des Hundes darf aber niemals zu Lasten des Wohlbefindens, der Lebensfreude und der Gesundheit gehen!
( (c)Text: Christine Naß-Schultz, Tines Pfotenwelten
Bild: Netzfund)