01/11/2023
Wir sollten mehr darüber nachdenken weshalb unsere Hunde die zum großen Teil sinnlosen Befehle überhaupt ausführen sollten und wieso sie es nicht gerne tun😉
https://www.facebook.com/100064220285048/posts/732179718932698/
Ich habe diese Studie von Turid Rugaas schon einmal vor ein paar Jahren geteilt. Wiederholung tut immer gut. Den originalen englischen Text findet ihr als Link in den Kommentaren. Nachstehend habe ich mir erlaubt den Text von Turid Rugaas zu übersetzen.
Ich bin ja nur ein indirektes Turid Rugaas-Kind. Meine erste zweijährige Grund-Ausbildung absolvierte ich bei Sheila Harper – eine Turidabgängerin. Eine wunderbare und lehrreiche Zeit, welche ich nicht missen möchte.
Ich wünschte mir, dass mehr Fachkräfte, welche Prüfungen an Hunden einführen, sich mit solchen Studien beschäftigen würden. Ich wünsche mir, dass möglichst viele Hundehalter diese Studie lesen und damit aufhören, ihre Hunde mittels Befehlen/Kommandos durchs Leben zu führen. Bei mir gibt es genau zwei wichtige Bitten an meine Hunde:
1. Kannst du bitte einen Moment warten
Diese Bitte gilt beim Überqueren einer Strasse, beim Aufheben des Kotes, beim Schuhe binden, in Situationen wo ich ein Foto mache (nicht die Hunde). Warten heisst stehen bleiben, sitzen oder sich hinlegen, bis ich sage, dass wir jetzt wieder weiterlaufen.
Aber: Nie muss mein Hund an einer Stelle warten, von welcher ich mich entferne. Es sind genau solche Übungen, die für mich völlig beziehungsfremd sind. Hunde sind in dem Moment ausgesetzt nicht mehr beschützt durch den Menschen.
2. Kommst du zu mir zurück
Da braucht es keine weitere Erklärung – mit Ausnahme der, dass der Hund sich in der Lage fühlen muss, in dem Moment zurückkommen zu können.
Das sind die Momente wo meine Hunde vielleicht auch mal, weil es um ihre Sicherheit geht, müssen.
Alles Weitere mache ich mit meinen Hunden gemeinsam in dem ich mich mit ihnen auch ganz normal in ganzen Sätzen unterhalte. Funktioniert prima und wird auch auf der anderen Seite verstanden. Sie lernen sogar neue Sprachen – zB von Spanisch auf Deutsch - Fernando.
Warum bringen wir den Hunden so viele Dinge bei, die sie sonst nicht tun würden? Zum einen zur eigenen Beschäftigung zum anderen aus reiner Bequemlichkeit. Das stelle ich jetzt mal so in den Raum.
So und jetzt geht es zum Text von Turid Rugaas
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Wann, wo und wie machen Hunde Sitz?
Das "Sitz" ist in der Regel das Erste, was Menschen ihren Welpen beibringen, ohne über die Folgen oder den Grund dafür nachzudenken.
Wir wollten mehr über das Sitzen wissen und haben deshalb vor vielen Jahren mit der Sitz-Studie unter meinen Hundetrainer-Studenten begonnen. Diese Studie läuft nun schon seit 20 Jahren, mit erstaunlichen Ergebnissen. Mehrere tausend Hunde wurden beobachtet, und wir haben viele Dinge gelernt, die wir vorher nicht wussten.
Erstens haben wir gelernt, dass Hunde, wenn sie die Wahl haben, nicht sehr oft sitzen. Sie stehen, legen sich hin und sitzen nur in bestimmten Situationen.
Das hängt zum Teil mit der Rasse, dem Alter, der Struktur und der körperlichen Gesundheit zusammen und kann daher von Hund zu Hund variieren, aber im Allgemeinen sitzen alle Hunde viel weniger freiwillig, als wir es von ihnen verlangen. Es ist nicht das, was sie am liebsten tun, und wir müssen auf sie hören. Die Natur weiss es am besten.
Wenn wir uns die Gründe dafür ansehen, können wir klar erkennen, worum es dabei geht:
Es erfordert eine Menge Muskeln und Kraft, sich hinzusetzen und aufzustehen. Bei Babys dauert es lange, bis sie Muskeln und Kraft dafür haben. Auch für Welpen. Sie haben einfach nicht genug Muskeln, um die vielen "Sitz" zu tun, welche wir von ihnen verlangen, und sie bekommen Schmerzen und gefährden die Gelenke, wenn sie es zu oft und zu lange tun. Deshalb sitzen sie schief, strecken die Beine nach vorne und legen sich schnell wieder hin. Das wird zu schmerzhaft. - Während des Trainings werden sie manchmal aufgefordert, 10 bis 20 und bis zu 60 Mal zu sitzen.
Stellen Sie sich vor, wie diese Muskeln schmerzen und den Welpen belasten könnten. Versuchen Sie es selbst!
Das Gleiche wird passieren, wenn die Hunde alt werden und wieder Muskeln verlieren. Bitten Sie niemals einen alten Hund, sich zu setzen! Es könnte ihm große Schmerzen bereiten. - Manche Hunde haben einen Körperbau, der nicht zum Sitzen geeignet ist - wie etwa Jagdhunde mit ihren langen Schenkeln.
Wenn Welpen geboren werden, sind sie noch nicht vollständig, und Röntgenaufnahmen zeigen, dass die Gelenke noch nicht mit den Gelenkpfannen verbunden sind, sie schwimmen noch herum. Sie wachsen langsam zusammen, aber das dauert viele Monate. Wenn sie sitzen, können sie aus ihrer Position herausspringen, weil die Muskeln nicht ausreichen, um sie an ihrem Platz zu halten. Das kann Schäden fürs Leben verursachen.
Meine Studenten haben beobachtet, wie Hunde sitzen, wenn sie es wollten, und die Ergebnisse waren überwältigend: Die Hunde sassen in den meisten Fällen nie. Sie legten sich direkt hin. Hunde mit gesundheitlichen Problemen ebenso. Auch alte Hunde. Gesunde, kräftige erwachsene Hunde setzten sich, aber bei weitem nicht so oft, wie wir es von ihnen verlangen.
Studien wie diese sagen uns viel darüber, was für Hunde natürlich und richtig ist, und wir sollten das respektieren.
Gründe für das Sitzen:
In erster Linie setzten sie sich hin, wenn sie etwas aus der Ferne betrachten wollten. Dann müssen sie den Kopf heben und den Hals krümmen, um das zu können, wegen der Position der Augen. Der Nacken schmerzt schon nach wenigen Sekunden, so dass sie sich hinsetzen, um die Nackenbeuge zu begradigen. - Dies war die überwältigend höchste Zahl der Gründe, warum sie sich hinsetzen würden.
An zweiter Stelle stand das Sitzen als Zwischenstation zwischen Liegen und Stehen.
Ganz unten auf der Liste stand dann das Sitzen als Beruhigungssignal, um jemanden zu beschwichtigen.
ES HANDELT SICH ALSO UM EIN ERLERNTES VERHALTEN. WENN SIE IHREN HUND SEHR OFT AUFFORDERN, SICH HINZUSETZEN, WENN ER FUTTER BEKOMMT, ZUR TÜR GEHT USW., WIRD ER DIES AUS GEWOHNHEIT TUN. DAS HEIßT ABER NICHT, DASS ES GUT FÜR IHN IST.
Sollten Sie Ihren Hund auffordern, sich zu setzen?
Ich rate Ihnen, Ihren Hund zunächst zu beobachten.
Lässt er sich leicht hinsetzen, oder sieht es so aus, als würde er sich nur langsam und unwillig hinsetzen? Dann sollten Sie es nicht tun.
Wissen Sie, dass Ihr Hund ein körperliches Problem hat, alt oder sehr jung ist und deshalb noch keine Muskeln entwickelt hat? Dann sollten Sie das nicht tun.
Haben Sie einen Jagdhund oder einen Hund, der die Form eines Jagdhundes hat, sollten Sie das nicht tun.
Wenn Sie eine sehr schwere Rasse haben, wird er so viel mehr Kraft zum Sitzen und Aufstehen brauchen, dass Sie ihn auch nicht bitten sollten. Und auf keinen Fall einen Welpen von einer schweren Hunderasse.
Beobachten Sie Ihren Hund beim Sitzen:
Setzt er sich gerade hin, wenn er alleine sitzt, oder sitzt er mit einem oder zwei nach vorne gestreckten Hinterbeinen, sitzt er auf einem "Schinken" oder auf eine andere ungünstige Weise? Dann würde ich meinen Hund niemals zum Sitzen auffordern. Er sollte es von sich aus tun.
Studien einiger Veterinärhochschulen haben das gezeigt:
Sitzen für mehr als ein paar Minuten stört die Blutzirkulation so sehr, dass der Druck auf die Augen des Hundes zu Sehproblemen oder sogar zur Erblindung führen kann, wenn er dies häufig tun muss.
Schlussfolgerung:
Sie können Ihren Hund zum Sitzen auffordern, wenn er nicht mehr sehr jung oder alt ist, wenn er körperliche Probleme hat, wenn er einen Hundestruktur hat oder wenn er groß und schwer ist.
Selbst erwachsene, gesunde, muskulöse Hunde sollten nicht oft und lange sitzen, also beschränken Sie es auf ein Minimum.
Lassen Sie die Hunde entscheiden, ob sie sitzen, liegen oder stehen wollen. Das ist ihr gutes Recht.
Nachdem ich 30 Jahre lang alle Arten von Hunden im Training und bei Wettkämpfen zum Sitzen gebracht hatte, fielen mir die oben genannten Dinge auf, und ich begann, die Notwendigkeit dieser Übung in Frage zu stellen.
Ich habe vor 22 Jahren aufgehört, Hunde zum Sitzen aufzufordern, und mir einfach gesagt, dass ich, wenn ich jemals einem Hund das Sitzen beibringen müsste, dies ohne Probleme tun könnte. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich es nötig hätte. Die Hunde tun alles, was ich von ihnen verlange, ohne dass ich sie zum Sitzen auffordere.
Wenn Sie selbst sitzen wollen, sitzen Sie!
Wenn Sie wollen, dass Ihr Hund sitzt, denken Sie zweimal nach!
Turid Rugaas