07/05/2024
❌ (Unrealistische) Erwartungen gegenüber Welpen... ❌
ODER: Dinge, die auch mich als Hundetrainerin, immer wieder überraschen und auch nachdenklich machen. 🧐
Ich durfte am Wochenende wieder im Zuge der Therapiebegleithunde Wein4tel meinen Vortrag zum Thema Kommunikation von und mit Hunden halten. Auch dieses Jahr wieder eine tolle, interessierte und engagierte Gruppe! Da macht das immer besonders Spaß! 🍀
Mit dabei war auch Charis, gerade 10 Wochen alt und die Nachzuchthündin aus meinen B-Wurf, die bleiben durfte. Sie ist wie all ihre Wurfgeschwister welpentypisch fröhlich, aufgeschlossen, mutig und frech, kommt aber gleichzeitig meistens von selbst zur Ruhe und orientiert sich an mir, wenn ihr etwas doch mal nicht ganz geheuer ist oder sie etwas noch nicht kennt. Soziale Unterstützung und Bindung nennt sich das.
Am Wochenende hat sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen großen, schwarzen Hund (keiner unserer Teilnehmer) oder auch Menschen mit Fahrradhelm und Fahrrad getroffen. Das hat sie erstmal auch etwas gruselig gefunden und ist auf Abstand gegangen bzw. hat Unterstützung bei mir gesucht (hat mich natürlich irrsinnig gefreut). Soweit so gut.
Was mich dann aber tatsächlich etwas überrascht hat (und im Nachhinein betrachtet auch erschreckt und nachdenklich gemacht hat) war, die Reaktion, die von unserem Gegenüber, der Besitzerin des schwarzen Hundes kam (keine Teilnehmerin des Vortrags, aber grds. hundeerfahren und aus dem Hundesportbereich).
"Ja, man verstärkt jetzt auch gleich die Angst, die der Welpe hat." oder "Na, Dalmatiner sind ja generell nicht so selbstsicher..."
Mein erster Gedanke war: "Echt jetzt?! Das meint sie jetzt aber nicht ernst."
Mal abgesehen davon, dass man Unsicherheit oder Angst gegenüber einem Reiz nicht verstärkt, indem man dem Welpen die Möglichkeit gibt, sich mit einer Situation auseinanderzusetzen und das aus einer für ihn sicheren Entfernung und Position (neben mir) zu tun...
Und wer meine Dalmatiner kennt, der weiß, die sind vieles, aber ganz sicher nicht ängstlich oder unsicher 😉
❓ Welche Erwartungshaltung haben wir eigentlich gegenüber Welpen?
❓ Warum gilt ein Welpe, der nicht sofort wild und ungebremst (und oft auch übergriffig) in alles und jeden hineinbrettert als unsicher?
❓ Warum wird (gleichzeitig) von einem 10-wochen-alten Welpen erwartet, dass er alles kennt und auf neue Reize nicht reagiert?
❓ Warum muss man einem Hund (egal ob Welpe oder erwachsener Hund) sofort ein Label verpassen?
❓ Warum sollte ich als Hundehalter meinen Welpen in neuen Situationen denn nicht sozial unterstützen und ihm Sicherheit geben?
❓ Warum sollte ich als Hundehalter meinen Welpen nicht aus Situationen holen, die ihm nicht geheuer sind, und ihm die Möglichkeit geben, sich in Ruhe damit auseinander zu setzen?
❓ Warum sollte ich als Hundehalter meinen Welpen nicht schützen?
❓ Warum sollte ich es denn riskieren, dass ein Welpe lernt, er müsse alles selbst regeln und er könne sich nicht auf mich verlassen?
❓ Was ist uns eigentlich wirklich wichtig im Zusammenleben mit unseren Hunden?
❓ Haben wir uns inzwischen nicht weiterentwickelt?
Führung und soziale Unterstützung sind verdammt nochmal die Grundsteine einer jeden Bindung vom Hund zu seinem Menschen! Vernachlässigen wir eines davon schon bei unseren Welpen, erziehen wir uns die nächsten "Tut-Nixe" und unkontrollierten "Rambos" heran. Zwei Arten von Hunden, die wir in der heutigen Gesellschaft ja unbedingt brauchen...
🍀Wir haben in den letzten Jahrzehnten so viel über Sozialverhalten von Hunden gelernt. Machen wir es doch bitte endlich normal und gesellschaftsfähig, dass man seinem Hund (egal ob Welpe oder erwachsener Hund), die soziale Unterstützung zukommen lässt, die er braucht!🍀
Darf gerne geteilt werden!