29/07/2018
Es ist erschreckend wie leichtfertig und ohne Wissen mit ätherischen Ölen umgegangen wird nur um irgendwie Profit zu machen :-(
ICH BIN ENTSETZT!! 😱😡❗️❗️ ❗️❗️Habt ihr auch diesen Artikel „Duftende Schlankmacher - Abnehmen mit den richtigen ätherischen Ölen“ am Samstag in der Dolomiten gelesen? Ich war über die Aussagen so entsetzt, dass ich am Montag meinen ersten Leserbrief an die Dolomiten Redaktion geschrieben habe. Bin gespannt ob sie ihn abdrucken. Glaube wohl eher nicht.
Bitte liebe Leser KEINE ätherischen Öle PUR auf die Haut, schon gar nicht Zitrusöle und auch kein Zimtöl einfach in den Tee geben. Eurer Gesundheit zuliebe BITTE NICHT❗️
Hier der offene Brief auch für euch.
"Sehr geehrte Damen und Herren der Dolomiten Redaktion,
Ihr großer, dominant platzierter Artikel, „Duftende Schlankmacher - Abnehmen mit den richtigen ätherischen Ölen“ am Samstag, den 21.07.2018 in der Tageszeitung Dolomiten hat Entsetzten in mir ausgelöst. Eine Richtigstellung zum Schutz der Verbraucher ist zwingend erforderlich!
Dieser DIN A3 große Artikel wirkt wie eine Werbekampagne und entbehrt jeder journalistischen Kunst.
Die pure Anwendung auf der Haut z.B. von Grapefruit und die innerliche Einnahme dieser hochkomplexen Vielstoffgemische (z.B. Zimt und Grapefruit) grenzt an Fahrlässigkeit.
Der Umgang mit ätherischen Ölen benötigt einen achtvollen Umgang, welchen ich in ihrem Artikel schmerzvoll vermisse. Die Beschreibungen sind ungenau und unprofessionell.
KEIN Hinweis auf die Gefahren der Anwendung wie z.B. auf die phototoxischen, hautreizenden Wirkungen oder Hautallergien die beim Kontakt mit Zitrusölen auftreten können. KEIN Hinweis auf die schleimhautreizenden bis ätzend wirkenden Inhaltsstoffe des ätherischen Zimtöls, sowie einer leberschädigenden Wirkung bei falscher Dosierung. Zudem finden sich weder Angaben zur botanischen Bezeichnung noch die Nennung ob es Zimtrinden- oder Zimtblätteröl gemeint ist. Letzteres besitzt ein noch stärkeres Reizungspotential.
Mit Abnehmtipps kann man sicher sehr viele Leser erreichen. Aber diese sollen doch nicht auf Kosten der Hilfesuchenden gehen. Ganz zu schweigen, dass diese Aussagen jedwede wissenschaftliche Erkenntnis vermissen lassen.
Fälschlicherweise wurden für die innerliche Einnahme empfohlen ätherische Öle mit Wasser zu vermischen, obwohl diese NICHT wasserlöslich sind, sondern lipophil. Das heißt sie schwimmen auf der Oberfläche des Wassers und können nicht emulgieren.
Hochwertige ätherische Öle werden von Fachleuten auch nicht als Duftöl bezeichnet.
Es gibt sehr viel gut geschultes Personal in Südtirol welches die Kunden in gut sortierten Reformhäusern, Naturkostläden und Apotheken zum korrekten Umgang mit hochwertigen reinen ätherischen Ölen sehr gut berät.
Da ätherische Öle hochkomplexe und extrem konzentrierte Vielstoffgemische sind, welche aus durchschnittlich 100 Einzelkomponenten, teilweise gar über 500 chemischen Bausteinen einer Pflanze bestehen, sollte man den fachgerechten Umgang, die genaue Verdünnung und die achtsame Anwendung auch den Lesern unbedingt nahe legen.
Bestimmte ätherische Öle dürfen auf keinen Fall bei sensibler Haut, in der Schwangerschaft, bei Asthma oder Epilepsie oder für Babys und kleine Kinder angewandt werden.
Ätherische Öle können unterschiedlich deklariert sein: Zum Beispiel
- als Lebensmittel, wenn sie z.B. fürs Kochen oder Lebensmittelzubereitungen angewendet werden.
- als Kosmetikum, wenn die ätherischen Öle VERDÜNNT für Hautanwendungen zu benutzen sind. Zusätzlich müssen die allergenen Stoffe wie z. B. Limonen (enthalten in Grapefruit und Zitrone) angegeben sein. Diese Öle sind vom Lieferanten nicht für die innerliche Einnahme in Verkehr gebracht.
- zur Raumbeduftung, hier finden sich erforderliche Gefahrenhinweise auf dem Etikett. Diese Öle sind vom Hersteller weder für die innerliche Einnahme noch zur Hautanwendung noch als Nahrungsergänzung oder als Arzneimittel gedacht.
Zusätzlich finden sich bei naturreinen ätherischen Ölen folgende Angaben auf dem Etikett: der botanische Name, das Herkunftsland, Anbaumethode konventionell oder biologisch, der verwendete Pflanzenteil, Chemotyp, Gewinnungsmethode wie Destillation, Extraktion oder Expression; Exakte Angaben zur Verdünnung (Alkohol oder Pflanzenöl); die Chargennummer sowie der Verwendungszweck.
Ätherische Öle sollten in der Selbstbehandlung nur verdünnt auf die Haut aufgetragen werden. Es werden Verdünnungen von 0,5% bis maximal 3% empfohlen.
Noch einige Anmerkungen im Detail um den falschen Inhalt des Artikels für die Südtiroler LeserInnen richtigzustellen:
Grapefruitöl: hier liegt der Verdacht nahe, dass der Text von dieser unseriös wirkenden Internetseite übernommen wurde.https://www.foodwachhund.com/diese-4-aetherischen-oele-koennen-ihnen-beim-abnehmen-helfen/
Auch lässt die Vermutung mich nicht los, dass hier ein internationales MLM Multilevelmarketing handelt. Wichtig für diesen Handel ist zu wissen: Unwissenheit schützt nicht vor der Verantwortung.
Das ätherische Grapefruitöl (Citrus paradisi) enthält den Inhaltsstoff Limonen – ein Monoterpen – davon ist ca. 90 -98% im ätherischen Öl enthalten. Das kann pur auf die Haut aufgetragen sehr hautreizend wirken und kann zu Allergien und Hautausschlägen führen. Die in Zitrusfrüchten enthaltenen Furocumarine, wirken photosensibilisierend und können bei Sonneneinstrahlung zu braunen Flecken auf der Haut führen.
Zimtöl: So findet sich in dem Artikel die Falschaussage, dass Zimtöl auf die Blutzuckerwerte, Heißhunger oder Diabetes erforscht sei – diese Aussage zeigt, dass keinerlei fachkompetente Recherche stattgefunden hat. Die phytotherapeutische Wirkung von Zimt, jedoch nicht das ätherische Zimtöl wird immer wieder bei den erwähnten Krankheiten erwähnt. Aktuelle Ergebnisse können hier im Ärzteblatt nachgelesen werden: https://www.aerzteblatt.de/archiv/62815/Zimt-Als-Nahrungsergaenzung-nicht-fuer-Diabetiker-geeignet
Eine englische Studie berichtet von 2 Gramm Zimt – jedoch NICHT vom ätherischen Öl!
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20854384
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17381386
Leider wurden in ihrem Artikel auch keine botanischen Namen der erwähnten ätherischen Öle angegeben. Besonders beim Zimt, weiß man nicht um welche Zimtart es sich handeln könnte wie z.B. Cassia-Zimt (Cinnamomum aromaticum Nees), Ceylon Zimtrinde(Cinnamomum verum zeylandicum) oder Zimtblattöl (Cinnamomum verum zeylandicum Blume).
Welches Zimtöl war gemeint?
Das Zimtblattöl mit seinem hohen Zimtaldehyd- und Eugenolanteil
gilt als besonders haut- und schleimhautreizend und könnte die Speiseröhre verätzen. Pur auf der
Haut, könnte es schwere allergische Reaktionen hervorrufen. Häufig wird bei längerer innerer
Einnahme vom Zimtblattöl zudem von einer hepatotoxischen Wirkung berichtet. Auch von Cassia
Zimt wird von der inneren Anwendung wegen des Cumaringehaltes gewarnt.
Auf keinen Fall darf ätherisches Zimtöl (egal welches) in der Schwangerschaft innerlich angewendet werden, da es Wehen auslösen oder zu Fehlgeburten führen kann.
Wenn man bedenkt, dass es ca. 150 bis 200 kg Zimtrinde für 1 Liter ätherisches ÖL benötigt, das heißt es sind ca. 1,5 bis 2 kg für 10 ml Ceylon Zimtrindenöl. Da müsste ihnen das Ausmaß der Konzentration, bei wenigen Tropfen pur oder in Tee, wie von Ihnen beschrieben, klar werden. Das ist eine absolut absurde Empfehlung.
Wie Paracelsus schon sagte, „die Dosis macht das Gift.“
Ingweröl: Eine weitere Fehlinformation findet sich zum ätherischen Ingweröl. In diesem findet sich der Scharfstoff Gingerol nicht, denn er ist nur im Rhizom vorhanden, aber nicht im ätherischen Öl.
Für eine korrekte Anwendung und Umsetzung der Aromatherapie bedarf es geschulter Menschen. Forum Essenzia e.V. hat dazu entsprechende Ausbildungsrichtlinien erstellt: www.forum-essenzia.org
Die Verordnung zur inneren Einnahme von ätherischen Ölen gehört in die Hände von kompetenten Ärzten, siehe auch http://oegwa.at/kontakt/faqs/
Ein anerkanntes und umfangreiches Fachbuch zum richtigen Umgang untermauert mit wissenschaftlich nachgewiesenen Wirkungen und ausführlichen Berichten der Erfahrungsheilkunde ist das Fachbuch: Aromatherapie in Wissenschaft und Praxis von Dr. W. Steflitsch, Apotheker D. Wolz und Prof. Dr. G. Buchbauer. https://www.stadelmann-verlag.de/buch-at.html
Oder das in der 6. Auflage im Haug Verlag erschienene Fachbuch von Eliane Zimmermann mit zahlreichen Studien, sowie Wirkungen und Inhaltsstoffen der einzelnen ätherischen Öle: „Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe. Kursbuch für Ausbildung und Praxis.“ https://aromapraxis.de/buecher/
Seit fast 30 Jahren befasse ich mich mit ätherischen Ölen und seit vielen Jahren unterrichte ich im In- und Ausland in Fachseminaren und Vorträgen, unter anderem auch für ärztliches Pflegepersonal zum Thema Aromatherapie und Aromapflege. Daher liegt mir die Aufklärung dieser Fehlinformationen ganz besonders am Herzen.
Es wäre super, wenn Sie ihre Falschaussagen richtig stellen könnten, damit hier keine kleinen oder größeren „Unfälle“ bei der Anwendung von ätherischen Ölen passieren. Danke.
Mit freundlichen Grüßen
Doris Karadar
Dipl.Erborista
Aromatologin & Aromatherapeutin (zertifiziert von Forum Essenzia e.V.)
Heilpflanzenexpertin & Drogistin "
FotoQuelle: Tageszeitung Dolomiten ...