11/12/2023
Wie läuft eigentlich die Aufnahme unserer Wildtier-Patienten ab? 🏥
➡️ Nach telefonischer Lageeinschätzung werden die Patienten von unseren Mitarbeiter:innen im Tierheim entgegengenommen. Im Zuge des Anamnesegesprächs füllen Tierfinder:innen ein Formular aus, das dann in unsere digitale Krankenakte übertragen wird. Jedes Tier bekommt seine eigene ID.
Die Patienten haben neben ihrer eigentlichen Krankheit/Verletzung nun die Bergung und oft auch einen langen Transport hinter sich. Wir vermeiden es daher, vor den Tierfinder:innen die Patienten aus der Box zu nehmen, sie zu untersuchen oder gar noch Fotos machen zu lassen.
Stattdessen werden meist, bereits während die Tierfinder:innen das Aufnahmeformular ausfüllen, die Patienten von uns in die Quarantäne gebracht und in eine bequeme und nummerierte Unterbringung gesetzt. Dort haben Tierfinder:innen sowohl aus Seuchenschutzgründen als auch zur Stressreduktion der Patienten keinen Zutritt 🚫
Von den Pfleger:innen werden die Patienten nun bis zur tierärztlichen Untersuchung nicht mehr angefasst (es wird weder Futter noch Wasser gegeben), stattdessen wird für Ruhe, Dunkelheit und ggf. Wärme und Sauerstoff gesorgt.
Am selben Tag werden direkt vor Ort die Patienten tierärztlich untersucht:
Zur Untersuchung zählen standardmäßig auch Kot-, Kropf-, und Blutuntersuchungen 🔬. Verletzungen werden sofort versorgt. Da wir mehrere Patienten am Tag aufnehmen und wir auch noch unsere Bestandskontrollen vorzunehmen haben, ist die Entscheidung, welcher Patient zuerst dran kommt, immer eine Triage-Situation.
Im Anschluss an die Untersuchung entscheiden unsere Tierärztin und unser Pflegeteam gemeinsam, welche Unterbringung und Ernährung sich am besten für den jeweiligen Patienten eignet.
Dabei bleiben die Patienten für 10 bis 14 Tage in Quarantäne, unabhängig davon, ob schon bei der Erstuntersuchung eine ansteckende Krankheit oder Verletzung gefunden wurde oder nicht - auch wenn dies meist der Fall ist.
Denn in dieser wichtigen Zeit werden noch Sammelkotproben genommen und weitere Untersuchungen durchgeführt, um sicherzugehen, dass keine Ansteckung unserer anderen Patienten stattfinden kann. Das bedeutet, dass die Patienten unter Umständen relativ lange einzeln untergebracht werden. Das gilt sogar für augenscheinlich gesunde Jungtiere, wobei wir Geschwister, die bereits zusammen aufgenommen wurden, i.d.R. zusammen lassen. Bei Jungtieren achten wir dafür auf Sichtkontakt zu Artgenossen 🐣🐣
Mit Fehlprägung auf Menschen oder andere Arten haben wir, bloß aufgrund der Anwendung dieser kurzen, strengen Quarantäne, keinerlei Probleme.
Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass das vorschnelle Zusammensetzen von (Jung-)Tieren, egal ob es sich um neu aufgenommene Tiere aus Privathänden oder angeblich bereits austherapierte Patienten von Fachpersonal handelt, absolut keine gute Idee ist.
Daher führt an unserer Quarantäne kein Weg vorbei, unabhängig von der Vorgeschichte!
In der Quarantäne gibt es besondere Hygienevorkehrungen:
Die Unterbringungen werden täglich gereinigt, wir verwenden Einwegunterlagen bzw. täglich abwaschbare Utensilien statt Streu. Manche Patienten erfordern noch einmal besondere Vorsicht und noch strengere Hygienemaßnahmen. Diese sind extra gekennzeichnet und kommen zuletzt an die Reihe, um auch hier wieder Ansteckungen zu vermeiden. Unser Personal ist auf Zoonosen sensibilisiert und trägt zum Fremd- und Selbstschutz bei der Arbeit mit den Patienten Einweghandschuhe und MNS 😷👩⚕️
Nach der Quarantäne werden die, nun nicht mehr ansteckenden und nicht mehr grob verletzten, Tiere markiert und vergesellschaftet. Das heißt, dass weiterhin alle Patienten sowohl ihren Tierfinder:innen als auch ihrer Krankengeschichte und ihrem Fundort zugeordnet werden können.
Egal, ob wir Wildtiere zusammensetzen oder sie in eine andere Unterbringung umsetzen: Dass Patienten nicht zugeordnet werden können oder gar verwechselt werden, ist schlicht unmöglich!
Schließlich müssen individuelle Untersuchungen und Behandlungen in jedem Stadium der Rehabilitation durchführbar sein. Erst jetzt, nach Verlassen der Quarantäne, dürfen die Patienten auf normales Einstreu. Bei manchen Patienten (insbesondere nach Knochenbrüchen) wird evtl. noch eine Physiotherapie durchgeführt.
Wird ein Patient in diesem Stadium der Rehabilitation auffällig, kommt er zurück in die Quarantäne zur weiteren Versorgung. Sind die Patienten austherapiert erfolgt noch eine letzte allgemeine und v.a. parasitologische Untersuchung vor der tierärztlichen Freigabe für die Auswilderung. So halten wir unsere Außenvolieren frei von unerwünschten Mitbewohnern.
Das Pflegeteam trifft die letztendliche Entscheidung, ob die Patienten auch aus pflegerischer Sicht bereits auswilderungsbereit sind (Jungtiere!) und entscheidet auch, wann und wo die Patienten ausgewildert werden (soft release, hard release, genauer Standort) 🌳🌤
Mangels einheitlicher Vorgaben für Wildtierauffangstationen, gibt es starke Unterschiede bei den getroffenen Maßnahmen zwischen den unterschiedlichen Organisationen.
❗️Wir plädieren auch zu unserem Abschluss noch einmal für standardisierte Richtlinien und Qualitätskriterien, um den Umgang mit Wildtier-Patienten zu professionalisieren und das Personal bestmöglich zu schützen❗️