
14/01/2025
Manchmal fragt man sich, ob ein Teil der Welt in der Hundeerziehung endgültig den Bezug zur Realität verloren hat. Als Hundecoach höre ich immer wieder Geschichten, die zwischen Skurrilität und Tragik pendeln – wie neulich, als eine Dame, die Hunde züchtet anrief, um ein „episches Problem“ zu schildern.
Ihr Welpe – ihr „Baby“ – hatte es gewagt, fremde Menschen freundlich zu begrüßen. „Diese Rasse macht das normalerweise NIE!“, erklärte sie empört, als stünde die Welpen-Weltordnung auf dem Spiel. „Ihr Baby sollte ausschließlich bei seiner Besitzerin bleiben! Alles andere ist… abnormal.“
Ihre Analyse wurde noch dramatischer: „Dieser Hund habe ein gestörtes Verhältnis. Die Besitzerin bringt ihm Struktur, Ruhe und Regeln bei – das ist das Problem! Ein Hund muss doch seine Bedürfnisse ausleben dürfen, sonst wird er niemals loyal.“
Hier stehen wir also, in einer Zeit, in der „Ruhe“ und „Struktur“ fast schon als Übergriffe gelten, während „der Hund darf alles“ zur goldenen Erziehungsregel erhoben wird. Doch der Widerspruch ist offensichtlich: Der Hund soll seine Besitzerin vergöttern – aber bitte nur, wenn sie ihm jeden Wunsch von der Schnauze abliest und ihn ansonsten seinen Bedürfnissen selbst überlässt.
Regeln? Autoritär. Körpersprache? Manipulativ. Ruhe? Fast schon Gewalt, außer der Hund will sie selber. Man möchte den Hunden schon fast ein Schild umhängen: „Bitte nicht erziehen – ich bin ein Kunstprojekt!“
Am Ende zählt eins: ein harmonisches Zusammenleben. Und ja, das geht mit Regeln, Ruhe und ein bisschen gesundem Menschenverstand.
Am Ende bleibt die Frage: Wie weit soll die „Der Hund darf alles“-Mentalität noch gehen? Ich bleibe gespannt, welche neuen Ansichten und Telefonate mich in Zukunft erwarten.
Bis dahin: Danke fürs Lesen. Und das meine ich ausnahmsweise ernst!