20/07/2019
Ich habe so gut wie jeden Tag Kunden, habe kaum einen freien Tag (und will auch keinen), an den Wochenenden Kurse in verschiedenen deutschsprachigen Städten, unter der Woche Kunden aus ganz Deutschland und Österreich für jeweils zwei Tage zum Intensivtraining. Manchmal auch nur für Einzelunterricht, wenn die Kunden in der Nähe wohnen.
Die Vorgeschichten sind immer die Gleichen: Unendlich viele Hundeschulen besucht, viele Trainer im Haus gehabt, und nichts hat geholfen.
Die Herangehensweisen, die mir da jedesmal geschildert werden klingen wie aus einem Psychothriller: Die Hunde wurden gestraft, mit Gegenständen beworfen, erschreckt, bedroht, am Nacken geschüttelt, auf den Rücken gedreht und die Besitzer aufs Übelste für ihre angebliche Weichheit beschimpft und verlacht, bevorzugt vor den anderen Kunden, damit der Trainer auch noch den Comedian spielen kann. Wird ja im Fernsehen vorgemacht. Und alles unter der Prämisse eines angeblich gewaltfreien Trainings.
Es fühlt sich für mich wie selbst erlebt an, es bereitet mir selbst körperliche Schmerzen, wenn ich solche Geschichten höre, und ich kann es einfach nicht nachvollziehen, wie Menschen zu solchen Grausamkeiten gegenüber einem schwächeren, sie bedingungslos liebenden Lebewesen fähig sind.
Meine Kunden haben alle gespürt, dass dies nicht der richtige Weg ist, daher kommen sie zu mir, aber wie viele Hundehalter lassen sich einen solchen Umgang einleuchten?
Viel zu viele.
Auch das ach so gewaltfreie Ignorieren ist an Brutalität nicht zu übertreffen. Da soll ein pubertierender Hund für einen nicht funktionierenden Rückruf 10 Tage komplett ignoriert werden. Komplett. Total.
Er bekommt seine Grundversorgung mit Eiseskälte seitens seines Menschen. Genau wie Gefängnisinsassen in Haft.
Ein Hund hat die Abhängigkeit zu uns wie ein Kleinkind. Seelische Grausamkeit, so ein Wesen zu ignorieren. Liebesentzug. Wenn Sie so etwas mit einem Kind machen, dann bleibt das ein Leben lang hängen. Ignoriert von der Person die man am meisten liebt, am meisten braucht, von der man zu 100 Prozent abhängig ist. Eine der schlimmsten Strafen, und es ist nicht einmal eine Strafe, denn Hunde haben kein Schuldbewußtsein und erkennen den Zusammenhang dieser Strafe für eine vorausgegangene angebliche Missetat nicht.
Und das Ganze funktioniert auch noch! Nach 10 Tages der Eiseskälte, des kompletten Liebesentzugs wird der Hund in den Freilauf entlassen, und ab da ist das Schweigegelübte seitens des Hundehalters aufgehoben. Dass der Hund in diesem Moment sein Glück kaum fassen kann und sich nur noch dicht bei seinem Menschen aufhält ist natürlich absolut nachvollziehbar. Sein über alles geliebter einziger Sozialpartner, von dem er zu 100 Prozent abhängig ist, nimmt ihn wieder wahr! Und er wird jede Sekunde dieser Zuwendung genießen und extrem aufmerksam sein und dicht bei seinem Menschen bleiben.
Für immer?
Was wenn ihn dann doch einmal eine Herzensdame, ein Reh oder ein toller Geruch alles um ihn rum vergesssen läßt? Geht die Psychofolter dann wieder von vorne los? Beginnt das Hundeguantanamo dann von vorne?
Liebe Hundehalter, ein Hund ist keine Maschine, kein Computer und kein Roboter.
Funktionieren kann kein Hund der Welt. Und auch kein Mensch der Welt. Niemand kann funktionieren, denn wir sind gottseidank alle Individuen.
Bitte bitte bitte strafen Sie Ihren Hund nicht – weder körperlich, noch psychisch (was wirklich genauso schlimm ist).
Zeigen Sie Ihrem Hund, was Sie von ihm möchten, und verstärken Sie dies JEDES Mal positiv, wenn er es tut. Und wenn ein Hund sich im Freilauf partout nicht rückrufen lasst (was vor allem in der Pubertät nicht ungewöhnlich ist), dann benutzen Sie bitte eine Schleppleine, was kein Armutszeugnis für Sie ist, und bleiben Sie am Ball.
Sie haben ihn ohnehin nur unfähr 10 Jahre. Danach ist er für immer weg. Blicken Sie dann befriedigt auf die Zeit des eisigen Schweigens und Ignorierens zurück, wenn Sie die Urne im Regal betrachten?
Eva Windisch
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