05/03/2023
...wundervoll!
Und unbedingt lesenswert für jeden PferdeLIEBhaber. Ich denke, ein Stück weit finden wir alle uns darin wieder - jede/r an anderer Stelle.
Pferde sind unsere Lehrmeister - die besten! 💞
Über das Reiten:
Bitte genieße die Zeit mit mir, wenn wir reiten. Du denkst oft, dass ich mich so oder so bewegen müsse, dass ich nicht gut bin, wie ich bin. Ich muss anders werden und ich begreife deine Erklärungen oft nicht so gut. Ich weiß gar nicht, wieso meine Bewegungen Dir so nicht gefallen. Das macht mich traurig. Ich fühle mich stark und gut, zumindest vor dem Reiten. Ich bin derweil damit beschäftigt, zu laufen, obwohl Du recht unbalanciert bist da oben. Das ist gar nicht so einfach… und dass Du mal hier und mal da ziehst oder mit dem Bein klopfst oder wackelst, hilft oft nicht so sehr, da ist es noch schwerer, Balance zu halten Es wird so viel einfacher, wenn Du mir eine klare Idee sendest, was Du willst. Dann versuche ich das zu machen. Ganz toll ist, wenn das auch noch irgendwie sinnvoll ist oder sich hinterher auch gut anfühlt, aber das muss gar nicht unbedingt sein. Ist schon ok, wenn es dich freut.
Komisch ist es auch manchmal, wenn Du mich an einem Seil in einem Kreis rennen lässt vor dem Reiten, das ist wirklich nicht schön. Es zieht und rupft am Kopf oder im Maul und ich habe keine Ahnung, warum ich nicht einfach laufen darf, wenn das offenbar das Ziel ist. Das ist einfach nicht schön. Manchmal machst du das ja so, dass wir dann Dinge üben und Du die Bewegungen genau mitdenkst, das gefällt mir dann! Oft fühle ich mich danach gut.
Ganz doof ist es, wenn Du nervös bist oder Angst hast. Dann fühle ich mich klein und schwach und manchmal unfähig… warum ist das bloß so? Ich suche dann nach Gefahren, damit uns nix passiert. Ich tue doch alles… und warum vertraust Du mir nicht, dass wir Freude haben am Bewegen? Bitte, das wäre einfach schön. Ich tue alles, damit Du Dich wohl fühlst, auch wenn der Sattel zwickt und das Gebiss nicht so gut liegt, wenn Du mir das Maul zubindest. Wenn Du mir einen Zaum anziehst, der zwar blitzt und blinkt, aber so sehr an den Ohren zwickt und manchmal richtig weh tut. Eine schöne Zeit mit Dir ist mir so viel wertvoller, dass ich daran einfach nicht denke. Aber manchmal verstehe ich es nicht. Warum muss das denn weh tun? Ist schwer manchmal. Heute sollte ich ein Stück Apfel fressen, aber das ging gar nicht, weil mein Maul zugebunden war. Das ist dann einfach blöd. Dadurch bin ich dann manchmal schon so traurig vor dem Reiten, das ist so schade.
Bitte erkläre mir gut, was wir zusammen tun. Es braucht keine komischen Tricks.
Bitte sag nichts Fieses über mich, wenn ich dabei bin. Das tut mir weh. Komische Spitznamen sind auch oft nicht schön. ich bin nicht der „Dicke“ oder gar der „Arschi“, das hörte ich neulich bei einem Kumpelpferd. Das ist sehr demütigend. Sehr. Bitte denke dran, dass ich Dich sehr genau verstehe. Und es ist so merkwürdig, was Menschen so wollen… oft spüre ich ja , dass Du gar nicht sichtbar bist, dass es Dir nicht gut geht, oder auch Dein Körper sehr zwickt. Und dann bist du total angespannt, wenn wir reiten und das ist ganz komisch und unangenehm. Und es tut mir aber auch andererseits dann leid und ich gebe mir doll Mühe. Manchmal sagst du so etwas wie: „Nun war es auf der Arbeit so schlimm, ich will mcih jetzt entspannen! Und dafür zahle ich ja auch Dein Futter!!“ Das tut weh. Oder wenn Du mit anderen Menschen über mich und die anderen Pferde redest, und ich spüre, dass ich gar nicht gut genug bin. Oder Du kommst zum Stall, weil du das unbedingt musst, daran bin ich ja auch schuld! Dabei hätte ich dich lieber nur hier, wenn es dir gut geht, wenn du strahlst und sichtbar bist. Und wenn es dir schlecht geht, dann verstehe ich das ja und ich kann dir Ruhe geben, glaube mir.
Manchmal tut mir nach dem Reiten der Rücken weh und es ist sehr schön, wenn ich dann ein wenig Pause bekomme… und wir erst dann weiter machen. Dann kann ich gut laufen und stark sein. Wir machen ja auch andere schöne Dinge, es muss ja nicht jeden tag reiten sein, oder. Und wenn ich immer und immer wieder das Gleiche in der kleinen Halle üben soll und mich dabei komisch bewegen, dann zwicken manchmal meine Beine so arg. Neulich durften wir wochenlang nicht reiten deshalb… das war fad und es wäre schöner, wenn einfach so reiten, dass nichts so sehr zwickt. Wenn Du am Zügel ziehst, ist es oft besonders schwer. Ganz komisches Gefühl ist das oft, nicht nur im Maul
Schlimm ist es, wenn eine dritte Person dabei ist, die mich spüren lässt, dass ich so gar nicht richtig bin. Ich muss dies und jenes anders machen und das darf auch weh tun – Hauptsache, es wird endlich richtig! Das ist schlimm für mich. Es tut weh, sich so falsch zu fühlen und dann ist es noch viel schwerer, sich zu konzentrieren, um in der kleinen Halle gut zu laufen. Ab und zu ist auch die Person dabei, die mir hilft, mich stark und schön zu fühlen und die dir hilft, das zuzulassen und auch zu sehen, wie stark und schön du sein kannst. Das ist dann wirklich toll. Diese Person darf gerne öfter kommen, bitte. Das ist so schön dann.
Und dann sind da die Zeiten, wenn wir unbeschwert und voller Freude zusammen durch den Wald oder auf dem Platz herumtoben, wenn wir Freude und Freiheit und Sonne feiern, wenn wir uns frei und verbunden fühlen, das ist einfach schön. Dann laufe ich gerne.
Und weißt du, ich passe auf dich auf! Wir üben das zusammen, dass du weißt, wann du mir einfach vertrauen kannst und wann ich vielleicht ein bisschen zu viel Freude z.B. am Rennen im Frühling haben könnte… ich will Dich nicht in Gefahr bringen oder verletzen, aber ich muss auch einmal rennen und buckeln können. Das kriegen wir bestimmt hin. (Grafik: Jean Abermethy)