08/07/2023
Ein Artikel meiner lieben Kollegen Kleintierpraxis Rückert / Bernick bringt es auf den Punkt.
In vielen Bereichen ist das System Tiermedizin in der Tat an seiner Leistungsgrenze angekommen und es entstehen Versorgungsengpässe.
Aber ganz so hilflos, wie in dem Artikel beschrieben, sind Sie als Tierbesitzer nach meiner Meinung nicht.
Deswegen folgen in meinem Artikel ein paar Tipps aus der Sicht einer Praxis, die viele komplizierte Fälle versorgt und vieles möglich macht!
Bevor wir jedoch dazu kommen, was Sie tun können, wollen wir darüber reden, was wir als Tierärzte und TFA bereits leisten, um möglichst viele Tiere adäquat versorgen zu können:
1) Die meisten Praxen haben auf eine Terminsprechstunde umgestellt. Dazu werden, je nach Erfordernis des geplanten Falles, Zeiträume für diesen Patienten reserviert und Kapazitäten bereit und frei gehalten.
Wenn Sie also in eine so organisierte Praxis kommen und finden das Wartezimmer leer vor, dann sind in aller Regel sämtliche Mitarbeiter bei einem Patienten und nicht in der Kaffeepause.
2) In den meisten Praxen wird so ziemlich alles möglich gemacht, was irgendwie machbar ist.
Daher werden in den engagierten Praxen auch Kapazitäten für Notfälle vorgehalten und in der Terminvereinbarung Puffer eingeplant.
Aber irgendwann ist auch der letzte Platz vergeben und es sind keine Kapazitäten mehr vorhanden. Vergleichen sie das mit Ihrem Lieblingsrestaurant:
Wenn der Wirt keinen Tisch mehr frei hat, kann er auch keinen an Sie vergeben, egal, wie oft Sie dort bereits vorher waren und auch, wenn Sie nur allein kommen wollen.
3) Nach wie vor werden von Tierärzten und TFA viele, viele Überstunden geleistet und Mittagspausen verschoben. Viele Inhaber meiner Generation sind das gewohnt und bei vielen meiner Kollegen ist seit Jahren die 40h Woche bereits am Donnerstag Mittag geschafft. Für Inhaber gilt jedoch keine 40h Woche und kein Arbeitszeitgesetz.
Meine Mitarbeiter und meine Familie können ein Lied davon singen, wie oft meine Mittagspause überhaupt stattfindet und wenn, wie lange sie dann ist. Aber Kollegen dieser Altersgruppe werden immer weniger und auch sie können nicht alles auffangen.
Als Inhaber sind wir jedoch gleichzeitig verpflichtet, auf die Einhaltung der Arbeitszeiten und der Mittagspausen unserer lieben Mitarbeiter zu achten und diese ggf. auch durchzusetzen bzw. auszugleichen. (Ich persönlich könnte ca. 8 Jahre Überstunden abfeiern ;) )
Nun kommen wir zur Besitzerseite, denn aus dem oben Gesagten ergeben sich für Sie und Ihre Tiere Chancen:
1) Termintreue
Halten Sie Termine ein, die Sie vereinbart haben und geben Sie kurz Bescheid, wenn Sie sich verspäten.
Eine email um 23.05 Uhr – „Hallo, ich komme morgen um 8.00 Uhr nicht zur OP! (Originalzitat)“- ist egoistisch und - sagen wir – nicht hilfreich. Die Praxis hat keine Chance, die für Sie reservierten Kapazitäten anderweitig zu vergeben und Sie nehmen Anderen die Chance auf Versorgung.
Viele Praxen arbeiten daher bereits mit Entschädigungszahlungen, falls der Termin nicht mehr als 24 Stunden vorher abgesagt wird.
2) Flexibilität
Seien Sie wann immer möglich flexibel:
Da es trotz aller Artikel und Hinweise immer noch regelmäßig zu emails aus Nr. 1 kommt, versuchen wir, wenn möglich, die Patienten aus der Warteliste zu erreichen oder geplante Termine vorzuziehen. Wohl dem, der Zeit hat, zu kommen.
3) Vertrauen
Wenn Ihnen die Praxis anbietet, Ihr Tier zu versorgen, wenn Sie ihren Liebling für einige Stunden in der Praxis lassen, dann nehmen Sie das Angebot an!
Ihr Tier wird sicher liebevoll und gründlich versorgt und Ihr Tier wird sich in den allermeisten Fällen unproblematisch verhalten.
Wenn Ihnen die Praxis anbietet, Ihr Tier zu versorgen, aber Sie sind dann nicht beim Chef oder Ihrem Lieblingstierarzt – Nehmen Sie das Angebot an!
Tierärzte reden miteinander und stimmen und sprechen sich ab.
Viele Tiere der Patienten, die einen Termin bei meinen Kollegen hatten, kenne ich trotzdem oder habe sie im Hintergrund mit untersucht und die Röntgenbilder gesehen oder über Therapien mitentschieden. Jedoch bekommt der Besitzer das nicht immer mit.
4) Nehmen Sie sich Zeit für Ihr Tier!
Sie wollen einen Termin an einem bestimmten Tag, zu einer bestimmten Uhrzeit bei einem bestimmten Tierarzt und das morgen ? Das geht nur sehr selten.
Planbare Termine wie Impfung, Jahrescheck bitten wir Sie, frühzeitig zu planen. Für Akutfälle verweise ich auf Nummer 3!
5) Sie werden als Notfall eingeschoben?
Immer wieder schieben wir in der Praxis dringliche Fälle ein. Zum Teil verlegen wir dafür andere Patienten oder fragen die Besitzer an, ob eine Verschiebung möglich und in Ordnung ist.
Dann nehmen Sie den Termin auch bitte wahr! Negativ-Beispiele haben wir genug!
Wir haben immer wieder Fälle, in denen sich ein Kollege für seinen Patienten eingesetzt hat, um einen zeitnahen Termin zu bekommen. Wenn dann der Kunde den Termin platzen lässt und nicht erscheint, sind wir so frei, das dem Kollegen auch zurückzumelden.
Darüber hinaus gilt Punkt 1, 2, 3, und 4!
6) Nicht beschwert ist schon gelobt?
Auch wenn es sich an dieser Stelle vielleicht komisch anmutet, bringen Sie Ihre Wertschätzung für eine erhaltene Sonderbehandlung dem Team gegenüber mit einem einfachen „Vielen Dank für ...“ zum Ausdruck.
TFA und Tierärzte sind empathische und mitfühlende Wesen, sonst hätten sie diesen Beruf nicht gewählt.
Nach wie vor gibt es leider viel mehr Menschen, die sich leichtfertig beschweren und viel weniger Menschen, die sich bedanken.
Eine freundliche Persönlichkeit fällt daher umso mehr auf und erhält in aller Regel zukünftig auch leichter eine bevorzugte Behandlung.
Zusammenfassung:
Es gibt aktuell eine Zeitenwende:
Das vertraute Prinzip „Tierarzt verliert seinen Kunden“ gilt nicht mehr.
Die neue Denkgrundlage lautet „Kunde verliert seinen Tierarzt!"
Mit herzlichen Grüßen
Dr. K. Sommer