18/01/2024
Mir hat man als Kind ja mal beigebracht, dass man nicht alles nachmachen soll nur weil es andere tun. Das geht mir gerade so durch den Kopf wenn ich mir die Bestrebungen der FN anschaue, das in Finnland beliebte und auch bei uns aufschwappende Steckenpferd-'Reiten' - neudeutsch 'Hobby Horsing' - in WBO und gar APO und ins Reitabzeichen-System aufzunehmen und damit verbandlich zu legitimieren. Und wenn ich dann lese, dass es sogar Pläne gibt, diese Stöcke und die damit verbundenen selbstgebastelten oder gekauften Pferdeköpfe in eine Art Turnierliste eintragen zu lassen und sogar 'Ausbilder' für diese 'Reiter*innen' heranzubilden, dann fass ich mir an den Kopf.
Zehn Text-Seiten in der WBO? Im Ernst? Die Reiterei steht vor schwierigen Zeiten, vor großen Herausforderungen. Darum sollte sich die FN kümmern, die Deutsche Reiterliche Vereinigung. Reiterlich, wie der Name schon sagt. Nicht gymnastisch...
Die Aufgabe der FN ist die Förderung des Reit-, Fahr- und Voltigiersportes sowohl auf Turnier- als auch auf Freizeitebene und der damit verbundene Einsatz für das Pferd. Dass rund 60 Jahre nach dem Leitspruch "Das Pferd muss bleiben" nun ausgerechnet der Hauptverband, offenbar unterstützt von einigen Geschäftsführern der Landesverbände, dieses Motto vergessen hat oder zumindest dem Auffüllen von Mitgliederlisten und Verbandskassen opfert, ist mehr als bedenklich.
Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass die ernsthaften Pferdeleute innerhalb der FN, die Abteilung Ausbildung, die Landes- oder Bundestrainer, diesen Unsinn gutheißen. Die FN nimmt ja auch nicht Schach in WBO und APO auf, nur weil dort auf dem Spielpferd Pferde und Springer vorkommen und sich so vielleicht neue Mitglieder generieren ließen.
Nichts gegen Steckenpferdchen. Die Uelzener Versicherungen beispielsweise haben jahrelang auf Pferdesportveranstaltungen das Basteln von Steckenpferdchen als kinderfreundlichen Unterhaltungspunkt für die Kleinsten angeboten. Regeln brauchte es dafür nicht, es ging lediglich um Spaß, Kreativität und Pädagogik, nicht um Dressur, Springen oder Reitausbildung. Denn diese Dinge gehören ans und aufs Pferd.
Reiten ist nämlich nicht nur Sport und ein Platz unter den Top Ten der Deutschen Sportverbände. Reiten ist Beschäftigung mit dem Pferd, Liebe zum Pferd, Lernen von Verantwortung, Hingabe und Selbstdisziplin, lebenslange Auseinandersetzung mit einem Lebewesen. Reiten ist eine der komplexesten (sportlichen) Anforderungen an Geist und Körper.
Sollen kleine Kinder im Kindergarten Spaß mit Steckenpferdchen haben und sich als Reiter fühlen. Sollen Jugendliche sich mit diesen Stecken gegenseitig messen. Jedem Tierchen sein Pläsierchen. Dass die älteren unter ihnen in ihrem Tun an mancher Stelle an Po****ay erinnern, nun denn...
Aber ich habe mir doch nicht die Finger wund und den Kopf strubbelig geschrieben, um für die Bundesvereinigung der Berufsreiter das kniffelige Bewerbungsschreiben um die Aufnahme der klassischen deutschen Reitlehre als immaterielles Unesco Kulturgut erfolgreich zu schaffen, damit die eigene FN alles ad absurdum führt. Vor 60 Jahren hieß es nicht nur 'das Pferd muss bleiben', vor 60 Jahren hat der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke mit offenbarem Weitblick prophezeit: „Einzig und allein der Mensch entscheidet, ob das Pferd bleiben wird oder nicht. Sollte eines Tages das Pferd verschwinden, so nur durch die Schuld des Menschen.“
Wenn wir - und die FN - so weiter machen wird es irgendwann dazu kommen. Schade eigentlich.