10/07/2021
Wunderbar auf den Punkt gebracht und in Worte gefasst...Und leider bei so vielen in Vergessenheit geraten.
Es gibt so viel mehr als nur Reiten. So viele fragen mich ob ich denn keine "Angst" hätte wenn ich mit dem Pferd spazieren gehe. Das sei ja schließlich gefährlich. Nur am Halfter, nur am Strick. Was wenn es sich losreist. Die Antwort: Nein. Denn ich habe mir das Vertrauen meines Pferdes erarbeitet in dem es auch zu 100% auf mich vertrauen kann. Mein Pferd ist gerne an meiner Seite und es besteht keinerlei Notwendigkeit, dass es sich losreisen möchte.
Meine Gegenfrage ist: Hast du denn keine Angst auf deinem Pferd zu sitzen? Das du nur mit Gebiss halten kannst, vorm Reiten Longieren musst um die "Luft rauszulassen und es ein bißchen müde zu machen". Darauf folgt meist keine Antwort mehr.
Es ist jedoch schön zu sehen, dass immer mehr Menschen die vertrauensvolle Beziehung zu ihrem Pferd suchen.
Und genau dabei helfen wir dir gerne. Bald wird etwas ganz tolles entstehen um genau das zu unterstützen. Denn der Schlüssel des Erfolgs liegt IMMER bei dir selbst. Nina Wassinger Sina Grobel ich freu mich drauf 🥳
🍀❤🍀❤🍀
-english below-
Samstags mit Julie von Bismarck (an dieser Stelle gibt es jetzt jeden Samstag einen ausführlichen Post)
Ich spreche ja häufig von der "alten Reiterei“ und bekomme dann oft zu hören: „Früher war auch nicht alles besser.“
Doch, war es, zumindest in meinem erweiterten Umfeld. Das, was damals bei uns unter „Reiten lernen“ fiel, verhinderte Ungerechtigkeit dem Pferd gegenüber. Punkt. (Dass dies zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten unterschiedlich gewesen sein wird, sollte jedem einleuchten - ich beschreibe MEINE Erfahrungen.)
Wir lernten über 10, 15 Jahre hinweg fundamentales Wissen über das Pferd, Konzentrationsfähigkeit und Selbstbewusstsein, Höflichkeit und Respekt, Selbstreflektion, Durchhaltevermögen, Disziplin und währenddessen: reiten. Es gab einen ganz entscheidenden Leitsatz: Die Fehler macht NIE das Pferd.
Man braucht nicht weit zu schauen um festzustellen, dass dies heute vielerorts anders aussieht. 10-25 Jahre um reiten zu lernen? Wissen über das Pferd glaubt man nach dem Konsum einiger Videos in ausreichendem Umfang zu besitzen. Konzentration ist in großen Teilen der Handy- und social media abhängigen Generationen schon lange ein schwieriges Thema und das Selbstbewusstsein wird oftmals über das Makeup für die Selfies definiert. Das gilt gleichermaßen für viele Mitglieder der mit ständigen Selbstzweifeln und Selbstsuche befassten älteren Generationen, die sich zwar möglicherweise besser konzentrieren können, dies aber durchaus nicht immer auf die relevanten Dinge. Konzentration und Selbstbewusstsein, sprich: Fokus und Konsequenz, ist aber die Grundvoraussetzung, um mit einem Pferd auf positive Weise kommunizieren zu können.
Höflichkeit und Respekt sind aussterbende Werte und zwar sowohl den Mitmenschen als auch den Pferden gegenüber (oder anderen Tieren, übrigens.)
Selbstreflektion scheint vielerorts vollkommen aus der Mode gekommen zu sein: Wenn etwas nicht sofort so klappt wie gewünscht ist das Pferd eben schlecht und unrittig, der Lehrer kann es nicht richtig erkären oder es war zu windig.
Es gibt dieses schöne Sprichwort: Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, ist die Badehose schuld. Im Umgang mit Pferden und beim Reiten bedeutet diese Einstellung, dass es am Ende das Pferd ist, welches leidet. Selbstreflektion ist essentiell wichtig, um reiten zu lernen, aber auch um zu verhindern, dass Reiter ihre Pferde für Fehler strafen, die sie selbst gemacht haben, nicht das Tier.
Durchhaltevermögen und Disziplin scheinen sich in vielen Teilen der Gesellschaft auch nicht eben größter Popularität zu erfreuen. Nur: wo diese beiden Eigenschaften fehlen besteht die Gefahr, dass der Reiter sich Teile der reiterlichen Ausbildung einfach erspart. Da wird dann eben nicht im schnellen Galopp im Gelände geritten und nicht gesprungen, weil es dem angehenden Reiter zu gefährlich erscheint. Da werden die Steigbügel nicht mehr umgeschlagen, weil es zu anstrengend ist. Es werden keine Sitzübungen an der Longe gemacht, weil der Reiter sich dabei nicht cool genug fühlt. Es wird nicht nur nach einem Sturz nicht wieder aufgestiegen, es wird alles darangesetzt Stürze um jeden Preis zu vermeiden, auch wenn es dann das Pferd ist, welches diesen zahlt. Da wird dann zu scharfen Zäumungen oder anderen „Hilfsmitteln“ gegriffen, die allesamt auf Kosten des Pferdes gehen.
Verstehen Sie mich nicht falsch: nicht runterfallen zu wollen ist ein guter Ansatz. Nur der Weg dahin führt, wenn man das Pferdewohl in den Vordergrund stellt, ebenso wie der Weg zu einigermaßen gutem Reiten, nur über die Arbeit an sich selbst.
Wenn ich von der alten Reiterei spreche, dann meine ich damit Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die unbeschwert auf Ponys/Pferden mit Halfter und Strick zur Koppel reiten ohne sich dafür erst einmal 25 Protektoren anlegen zu müssen. Die mit Begeisterung Sattelzeug putzen, Boxen misten und an Weidezäunen lehnen, um den Pferden zu zusehen, die ihren Mitreitern freudestrahlend das Pferd halten, weil diese kurz etwas holen müssen und ihm in dieser Zeit die Mähne kraulen.
Ich meine damit, dass man gelernt hat, dass Reiten viel mehr ist, als auf einem Pferd zu sitzen. Die Fehler macht nie das Pferd. Damit ist eigentlich alles gesagt. ©Julie von Bismarck
English:
Saturdays with Julie von Bismarck
I often talk about the "former riding" and a common response is: "Everything wasn't better in the old days."
Yes, it was, at least in my extended environment. What we called "learning to ride" in those days prevented injustice to the horse. Full stop. (That this certainly was different at different times in different places should be obvious to everyone - I am describing my own experience only).
Over 10, 15 years we were taught fundamental knowledge about the horse, concentration skills and self-confidence, politeness and respect, self-reflection, perseverance, discipline and, while learning all the other skills we learnt how to ride. There was one very decisive guiding principle: The mistakes are NEVER made by the horse.
You don't have to look too far to see that this is different in many places today. 10-25 years to learn to ride? One believes to have sufficient knowledge about the horse after watching a few videos on youtube. Concentration has long been a difficult issue in large parts of the mobile phone and social media dependent generations and self-confidence is often defined by makeup for selfies. This is equally true for many members of the older generations preoccupied with constant self-doubt and self-searching, who may be better at concentrating, but certainly not always on the relevant things. Concentration and self-confidence, in other words: focus and consistency, is, however, the basic prerequisite for being able to communicate with a horse in a positive way.
Politeness and respect are dying values, both towards fellow human beings and towards horses (or other animals, for that matter).
Self-reflection seems to have gone completely out of fashion in many places: If something doesn't work out immediately the way you want it to, it's just that the horse is bad and not riding well, the teacher can't explain it properly or it is too windy.
There is this nice saying: If the farmer can't swim, it's the fault of his swimming trunks. When dealing with horses and riding, this attitude means that in the end it is the horse that suffers. Self-reflection is essential to learn to ride, but also to prevent riders from punishing their horses for mistakes they have made, not the animal.
Perseverance and discipline do not seem to be very popular in many parts of society. But where these two qualities are lacking, there is a danger that the rider simply spares himself parts of the equestrian training. They don't ride at a fast gallop in the countryside and don't jump because it seems too dangerous to the prospective rider. Stirrups are no longer unbuckled for riding lessons because it is too strenuous. No seat exercises are done on the lunge line because the rider doesn't think it´s cool enough. Not only do many not remount after a fall, they do everything they can to avoid falls at all costs, even if it is the horse that pays the price. Sharp bridles or other "aids" are used, all of which are at the expense of the horse. Don't get me wrong: not wanting to fall off is a good approach. But the only way to get there, as well as the way to reasonably good riding, is to work on yourself.
When I talk about the former riding, I think of children, young people and adults who ride ponies/horses to the paddocks with halter and rope without having to put on 25 different body protectors first. That enthusiastically clean saddlery, muck out stalls and lean against pasture fences for hours to watch the horses, beaming with joy as they hold their fellow riders' horse because he has to fetch something and scratch his horses' mane in the meantime.
What I mean by that is that one has learned that riding is much more than sitting on a horse.
The horse never makes the mistakes. That really says it all. ©Julie von Bismarck