19/02/2024
So wahr!
Es ist so wichtig, dass es beiden Einden an der Leine gut geht...
Die Kollegin beschreibt eindrucksvoll, was die Aufnahme von Hunden in das Leben eines Menschen bedeuten kann...
Guten Tag, guten Tag, ich will mein Leben zurück
Vielleicht kennt Ihr den Song von Wir sind Helden. Er handelt zwar nicht von der Adoption von Tierschutzhunden, aber die Zeile passt dennoch manchmal ganz gut. Ich hatte und habe viele Klienten im Training, die tagtäglich Höchstleistungen bringen für ihre Hunde. Sie trainieren, sie zahlen horrende Tierarztrechnungen, machen Blutbilder, wischen Durchfall weg, lesen Bücher, arbeiten an sich, schränken ihren gesamten Alltag ein, sie verreisen nicht mehr, sie gehen nicht mehr aus.
Sie wollten etwas Gutes tun, sie wollten "adopten nicht shoppen", sie wollten einer armen kleinen Seele eine Chance geben und sind jetzt selbst am Ende ihrer Kräfte.
Sie möchten nicht aufgeben, sie versuchen wirklich alles, aber manchmal möchten sie halt einfach nur ihr Leben zurück.
Ich kann das so, so gut verstehen!
Ich habe die wildesten Dinge erlebt mit Hunde aus dem Tierschutz, wirklich. Und ich kann aus eigener Erfahrung alle Stadien nachvollziehen: Die anfängliche Aufregung, die Ernüchterung, die Überforderung, die Zweifel, die Wut, die Traurigkeit, die Verzweiflung. Nicht falsch verstehen. Wir hatten mit Bubu auch immer eine wunderschöne, unbeschwerte Zeit und haben sie immer noch.
Aber es ist, als liefe im Hintergrund beim Hund immer ein Programm ab: das Leben davor, die schlimmen Dinge, der Schmerz, die Angst, die Traumata. Ich hatte Glück, weil Bubu sich immer sehr defensiv verhalten hat. Er hatte Probleme mit ALLEM, aber er war niemals aggressiv dabei. Das ist für den Hund genauso schlimm, vielleicht sogar schlimmer. Für den Menschen aber ist es bedeutend weniger Leidensdruck, als wenn ein Hund bei Überforderung oder Angst immer in die Ketten geht oder sich gegen den Halter richtet und einem die Zähne reinhackt.
Man muss sehr gut auf sich schauen, wenn man einen fordernden Hund hat. Das ist oft schwierig, weil man kaum Verschnaufpausen hat. Denn diese Hunde kann man selten jemandem zur Betreuung geben, und sei es nur für einen Nachmittag. Nicht selten lassen sie sich ausschließlich von den Haltern anfassen oder handeln, so ist diese Schicksalsgemeinschaft im Alltag manchmal auf Gedeih und Verderb aneinander gekettet.
Der Alltag wird oft immer mehr eingeschränkt und ich finde das wirklich, wirklich problematisch für das Seelenheil aller Beteiligten. Denn ich bin überzeugt davon, dass wir nur gute Hundeeltern sein können, wenn es uns auch gut geht und wir nicht komplett überfordert sind. Deshalb ist es mir ganz wichtig, auch für Entlastung für die Menschen zu sorgen, damit sie mal eine Verschnaufpause bekommen, sich um ihre Bedürfnisse kümmern können, mal wieder ganz normale Dinge tun OHNE schlechtes Gewissen oder Nervenzusammenbruch.
Stressfrei alleinbleiben können ist da ein ganz wichtiges Thema, aber auch schöne Dinge mit dem Hund zu machen, die NICHT kompliziert und problembehaftet sind. Das kann von Nasenarbeit über Tricks oder einfach nur Kontaktliegen alles Mögliche sein, Hauptsache man macht zusammen auch schöne, entspannte, liebevolle Erfahrungen - und eben nicht nur um des Hundes Willen, sondern auch für seine Menschen.
Ich spreche hier übrigens nicht von den relativ unkomplizierten Tierschutzhunden, die es zweifelsohne gibt. Ich spreche von den vielen Hunden, die säckeweise Anpassungsprobleme, Verhaltensauffälligkeiten und gesundheitliche Großbaustellen mitgebracht haben.
Das ist auch KEIN Plädoyer gegen Hunde aus dem Tierschutz, sondern ein Plädoyer FÜR ihre Menschen.
Schaut auf Euch, sucht Euch kompetente Hilfe, schafft Euch frühzeitig Freiräume und Auszeiten. Ihr schenkt einem Hund ein neues Leben, aber gebt Eures nicht dafür auf.