25/11/2024
Warum man bei gewissen Hunden trotz professioneller Erziehung an Grenzen stösst
Viele von euch kennen Qubas Geschichte. Mit knapp sechs Monaten kam er zu uns auf Pflegestelle, nachdem er schon x Mal herumgereicht wurde, wie eine heiße Kartoffel. Weil sich einfach kein passendes Zuhause für ihn finden liess, durfte er bei uns bleiben. Es war klar, diese Entscheidung beeinflusst nicht nur mein Leben, sondern auch das Familienleben. Und nicht zuletzt beeinflusst so ein Hund das Image einer Hundetrainerin. Natürlich nicht nur zum Besten. 95 Prozent der Zeit ist Quba ein absoluter Vorzeigehund und ich bin sehr zufrieden mit seiner Entwicklung und dem, was wir mit ihn, trotz schwieriger Ausgangslage, erreicht haben. Und dann sind da die 5 Prozent, die das manchmal alles in den Schatten stellen. Die 5 Prozent, die mich den letzten Nerv kosten, die unser Familienleben einschränken und die bei den Menschen, die sich nichts unter einem Hund, wie Quba vorstellen können, geschweige denn, je vorher so einen Hund gesehen haben, folgenden Satz auslösen: "Jesses, die ist doch Hundetrainerin aber der Hund ist ja eine Katastrophe!"
Ja, man kann es den Menschen noch nicht einmal verübeln, wenn sie Quba hören, während ihm (und mir) sein ganzes Sein vor die Füsse fällt. Aber woran liegt es, dass diese 5 Prozent nicht wegzuerziehen sind? Es sind die folgenden Faktoren, die Quba und Hunden, wie ihm, das Leben zur Hölle machen:
Zucht auf Leistung: Viele Züchter haben sich darauf konzentriert, extreme Arbeitsfähigkeit, Triebstärke (respektive Motivation / Verhaltensbereitschaft) und Belastbarkeit zu fördern, ohne dabei ausreichend auf das Wesen, die Nervenstärke oder die Sozialverträglichkeit zu achten.
Einseitige Selektion: Hunde, die besonders triebhaft, aggressiv oder nervös sind, werden zur Zucht eingesetzt, da sie in Prüfungen oft hohe Punktzahlen erreichen können. Dies führt zu einer Verstärkung unerwünschter Eigenschaften.
Mangelnde Genpool-Diversität: Häufig werden Hunde aus denselben genetischen Linien gezüchtet, was die Gefahr von Erbkrankheiten und instabilen Wesensmerkmalen erhöht.
Fehlende Sozialisation und Prägung: Welpen aus Arbeitslinien werden oft auf Höchstleistung vorbereitet, ohne dass ausreichend auf die Sozialisation im Alltag geachtet wird. Dies führt dazu, dass Hunde später Schwierigkeiten im Umgang mit Menschen und Umweltreizen haben.
Falsche Auswahl der Halter: Viele dieser Hunde finden kein Zuhause bei kompetenten Haltern und werden dann in irgendwelchen Facebook-Gruppe oder auf Kleinanzeige-Portalen verscherbelt. Dann beginnt ihre Odyssee ins Tierheim, zu neuen Haltern, zurück ins Tierheim und irgendwann zum Tierarzt und danach auf die Kadaverstelle.
Quba ist ein Hund auf den das Meiste hier zutrifft. Man kann sich vielleicht ein bisschen vorstellen, was es heisst, mit einem solchen Hund zu leben. Wie erwähnt, für seine Herkunft und Geschichte ist er insgesamt ein guter Begleiter geworden. Aber seine Nerven machen ihm und uns immer mal wieder einen Strich durch die Rechnung. Dann ist er laut. Sehr laut. Sobald sich eine Situation verändert oder er beispielsweise zu wenig Ruhe hatte, dann gehen die Nerven bis zur kompletten Unansprechbarkeit mit ihm durch. Was heute gut ging, kann morgen Armageddon sein.
Ein grosses Problem ist beispielsweise auch, wenn ich einmal nicht da bin. Für andere Personen, und ich spreche von erfahrenen Menschen, ist Quba praktisch nicht zu führen. Man kann sich vorstellen, dass auch dieser Fakt eine Herausforderung darstellt, wenn man probiert, trotz Hund ein ganz normales Leben zu leben.
Man kann leider, wenn viele der oben genannten Faktoren zutreffen, nicht immer alles über Erziehung lösen. Was bei den allermeisten Hunden möglich ist, ist es bei Hunden, wie Quba einfach nicht. Mir wurde schon des Öfteren empfohlen, ihn doch einfach wegzugeben. Gerade auch deshalb, weil er halt fürs Image in meiner Position nicht immer nur zuträglich ist. Nun, das kann sein, interessiert mich aber tatsächlich jeden Tag weniger. Es geht hier um ein fühlendes Lebewesen. Quba wurde seit er auf der Welt ist weitergereicht. Er ist aber ein Hund. Ein liebenswerter Hund. Mein Hund. Auch wenn ich mir ehrlicherweise manchmal wünsche, ich wäre ihm nie begegnet. Wir bleiben zusammen. In guten Zeiten und auch in den anderen 5 Prozent, die jeder hört und doch niemand so richtig versteht.
Dieser Hund macht mich nicht perfekt, aber er macht mich echt. Danke dafür, Quba❤️.