25/08/2023
Pferd Hui, andere Tiere Pfui?
Dieses Paradoxon finde ich ganz faszinierend. Reiter stehen in einem Tippi-Toppi-Stall, betüddelt und bekümmern ihr Pferd vorbildlich, regelmäßig kommt der Tierarzt und das Pferd steht auf einer super Weide, kommt nur im Winter nachts rein, hat ne super Herde und alles ist fein. Zuhause haben sie dann aber ein Kaninchen im Baumarktkäfig. Da sehen die auch keinerlei Problem drin. Weder im Käfig, noch daran, dass sie nur ein Kaninchen haben. Das Pferd wird so artgerecht, wie es nur geht, gehalten … andere Tiere halt nicht. Letztens hat mich eine echt schockiert, die mir so im Vorbeigehen erzählt hat, dass ihr Meerschweinchen stirbt. Ich frage: “Was hat denn der Tierarzt gesagt?” - “Ach, ich bleibe jetzt noch bisschen länger im Stall und wenn ich nach Hause komme, ist das tot.” Was zum …? Beim Pferd würden sie das nie machen. Aber bei anderen Tieren? Voll okay!
Ich weiß nicht wie es euch geht, aber wenn ich ein Tier habe, dann weiß ich so gut wie alles darüber. Und ich lese immer wieder nach. Was sie brauchen, was sie fressen, etc. Das ist für mich irgendwie eine Pflicht. Ratten, Kaninchen, Katzen, Pferde, für jedes Tier wird geguckt, gesucht, sich fortgebildet, Futterzusammensetzungen gewälzt, etc. Und ich fahre auch nachts um drei in die Notfallklinik, wenn es der Ratte schlecht geht. Das würde ich ja für mein Pferd auch machen. Mit welcher Logik verwehre ich das anderen Tieren? Das raffe ich nicht. Ich schaffe mir kein Tier an, wenn ich darauf keine Lust habe. Aber ich kann doch nicht sagen: Dieses Tier ist mir mehr wert, deswegen bemühe ich mich mehr darum, das andere braucht aber keinen Tierarzt oder halbwegs artgerechte Haltung. Ich meine, ja, wenn ich mir Garnelen halte, dann heule ich eher nicht, wenn mal eine stirbt - das sieht bei einem Pferd dann doch anders aus. Aber deswegen muss ich die Garnelen doch nicht direkt schlecht halten oder einfach leiden lassen?
Besonders kurios finde ich das bei Leuten, die hier den Gaul im Offenstall stehen lassen, dort aber ihren Husky in der Zweizimmerwohnung im fünften Stock halten. Hunde werden oft so konträr zum Pferd behandelt, dass es mich schüttelt. Der Zosse hört, der Hund nicht, der wird an der Leine hinterher geschliffen. Von Leuten, die dich anranzen, dass du gefälligst eine ruhige Hand haben sollst, weil das dem Pferd doch wehtut. Ich wette, ihr habt gerade eine Person vor Augen. Meistens trägt sie ne Käppi, hat nen kleinen Hund, der ständig Rückwärtssaltos macht, wenn Frauchen mal wieder wie eine Irre an der Leine zieht, weil der Hund noch nie irgendeine Art von Erziehung bekommen hat. Während sie an dem Hund zieht, erklärt sie, wie toll sie im Horsemanship ist.
Noch ekliger sind die, die hier das Pferd betüddeln, da aber nach der Stallkatze treten, einfach aus Prinzip. Weil sie Katzen hassen. Oder “damit die sich nicht dahin setzt, nachher pinkelt die noch vor die Box!”. I got news for you … Wirklich, also so was macht mich wütend und mit solchen Menschen kann ich auch nicht. Dass man jetzt nicht vor Freude die wilden Ratten küsst, sondern stattdessen den Kammerjäger holt - voll normal. Dass man nicht begeistert ist, wenn Mäuse im Futter sitzen und man Fallen aufstellt - auch okay. Aber warum schaffe ich mir SELBST andere Tiere an, um ihnen dann eine adäquate Haltung oder Behandlung zu verwehren, während ich mein Pferd hätschle?
Foto: So sieht Begeisterung aus ...