27/10/2025
Wenn Blut zur Auslegungssache wird.
Mein letzter Beitrag über die geplante Änderung der FEI-„Blood Rule“ hat hohe Wellen geschlagen.
Viele haben zugestimmt.
Andere fühlten sich angegriffen.
Und manche warfen mir sogar Hetze vor.
Aber darum geht es nicht.
Es geht nicht um Emotionen.
Es geht um Fakten – und um die Frage, wie weit der Sport bereit ist zu gehen,
wenn das Pferd dafür zahlen muss.
Was die FEI wirklich plant:
Bisher galt: Sichtbares Blut = Eliminierung.
Eindeutig, pferdefreundlich, konsequent.
Im neuen Entwurf der FEI-Springregeln 2026 steht:
– Wenn Blut durch Reiter oder Ausrüstung verursacht wird (z. B. Gebiss, Sporen),
wird das Pferd sofort gestoppt und außerhalb des Parcours von Tierarzt und Jury untersucht.
Wird es als fit to compete eingestuft, gibt es keine Disqualifikation,
sondern nur eine Recorded Warning – eine Verwarnung.
Erst bei wiederholten Fällen drohen Sperre und Geldstrafe.
– Wenn Blut aus anderen Ursachen stammt (z. B. Lippe aufgebissen oder leichtes Nasenbluten),
darf das Pferd im weiteren Turnierverlauf wieder starten,
wenn Tierarzt und Jury sagen: fit to compete.
Keine Verwarnung, kein Ausschluss.
Das bedeutet:
Die Prüfung ist vorbei – aber das Turnier kann für das Pferd weitergehen.
Warum das problematisch ist:
Diese Regel verschiebt Verantwortung.
Sie öffnet Interpretationsspielraum:
Was gilt als „Ausrüstung“?
Was als „andere Ursache“?
Wie viel Blut ist „noch vertretbar“?
Und wer entscheidet das – im Wettkampfstress, unter Kameras, mit Sponsoren und Erwartungen im Nacken?
Solche Entscheidungen entstehen unter Druck.
Und wer unter Druck steht, urteilt selten objektiv.
Das Risiko trägt immer das Pferd.
Ein Pferd, das am oder aus dem Maul blutet – ob durch Druck, Reibung oder Verletzung –
zeigt Schmerz, kein Zufall.
Ein Pferd, das aus der Nase blutet – ob durch Reizung, Stress oder geplatzte Gefäße –
braucht Ruhe, nicht ein „fit to compete“.
Diese Änderung ist keine Formalität.
Sie schwächt das, was bisher klar war.
Sie ersetzt Konsequenz durch Auslegung –
und Ethik durch Ermessensfragen.
Blut ist kein Detail.
Blut ist ein Stoppsignal.
Und wer das relativiert, verliert den Kompass.