09/11/2022
Nachdem die Frage "kennt jemand eine gute Tierkrankenversicherung" immer wieder mal und in allen möglichen Gruppen gestellt wird, möchte ich sie ... nicht beantworten.
Denn so allgemein ist das gar nicht möglich. Jeder HH sollte sich vorher ein paar Fragen stellen und die Antworten recherchieren, bevor er/sie eine Entscheidung trifft.
Im Grunde ist diese am Ende individueller als man denkt und geht es gar nicht nur um "gut oder schlecht".
Vorrangig muß man überlegen, was man will, aber auch bezahlen kann, ob man einen allumfassenden und entsprechend teuren Vollschutz möchte oder sich ggf Eigenanteile leisten kann, die den monatlichen Betrag oft erheblich senken. Ebenso ist die Frage sinnvoll, ob ggf. auch ein OP Schutz reicht.
Es gibt ein paar zentrale Punkte, auf die man bei der Wahl achten bzw., die man für sich selbst klarhaben sollte, sonst wird die Versicherung schnell zur Mogelpackung. Ich liste sie hier mal so genau wie möglich auf.
1) Beitragssteigerungen
Man sollte darauf achten, daß es keine Beitragssteigerungen im Hundealter gibt. Bei der Mehrheit der Versicherungen steigt der Beitrag jährlich, zum Teil um 10-30% per anno. Da startet man vielleicht mit scheinbar günstigen 40/50 Euro im Monat, ist aber auch schnell bei 80/90 Euro oder mehr. Und hat im worst case vielleicht nicht einmal den Schutz, den man erhofft hat.
2) Höchstgrenzen
Wie sind die Höchstgrenzen dessen, was versichert ist? Ohne eine Unbegrenztheit nach oben ist eine Versicherung schnell wertlos, eine Begrenzung d Übernahme tierärztlicher Leistungen z.B. auf 1100 Euro wie sie z.B. die Agila auch im teuersten Tarif hat, ist im worst case gerade mal ein MRT, im normalen, nicht etwa im Notdienst.
3) Eigenbeteiligungen
Es klingt gut, 80 oder 90% erstattet zu bekommen. Kostet eine OP aber 1000 Euro sind das immerhin 100-200 Euro, die man selbst zahlt. Bei 5000 Tierarztrechnung sind es schon 500-1000 Euro.
4) Ausschlüsse
Viele Versicherungen schließen viele Erkrankungen von vorneherein aus, so HD, ED u.v.m.. Gern gestritten wird auch über die medizinische Indikation von Kastrationen. Da sollte man sehr genau hinschauen.
5) Kündigungen
Selten verzichten Versicherer auf ihr Kündigungsrecht im Schadensfall. Da sollte man im Vorwege durchaus mal recherchieren, ob die Versicherung, die man im Auge hat, dazu neigt, ihre Kunden im Schadensfall oder im wiederholten Schadensfall rauszuschmeißen. Im worst case hat man sonst ggf irgendwann einen alten oder als vorerkrankt geltenden Hund, den man nach Kündigung nicht mehr versichert bekommt.
6) Altersgrenzen
Gibt es ab einem bestimmten Lebensalter bei gleicher Beitragshöhe Vertragsumstellungen? Die Agila z.B. stellt Verträge ohne SB ab dem 5. Lebensjahr automatisch auf eine SB von 20% um, eine Tarifänderung z.B. auf eine reine OP Versicherung ohne SB gibt es dann nur nach Gesundheitsprüfung. Ist der Hund vorerkrankt, hat man darauf kaum eine Chance. Den Hund anderweitig zu versichern, klappt aber möglicherweise auch nicht mehr.
7) Auszahlungen/Abrechnungen
In der Regel rechnen TÄ nicht mit den Versicherern ab. Zwar machen die alle Werbung damit, daß das geht, sagen aber nicht, daß die meisten TÄ keine Lust haben, ihrem Geld hinterherzurennen, weil irgendwelche Teile der Rechnung nicht übernommen werden oder die Versicherung einfach ewig nicht zahlt. Man geht also im Normalfall in Vorleistung. Hat die Versicherung dann lange Bearbeitungszeiten, kann das durchaus zum Problem werden.
8) Was ist die Definition von OP?
Die Frage gilt vorrangig, aber nicht nur, für reine OP Versicherungen, sie ist auch dann wichtig, wenn im Vollschutz tierärztliche Leistungen gedeckelt sind, OP aber nicht.
Beispiel: Bei der Agila ist eine OP nur eine OP, wenn eine Naht gesetzt wird. Klammert der TA, auch wenn der Eingriff unter Vollnarkose erfolgte, nur oder erfolgt ein laporoskopischer Eingriff, dessen Zugangspunkte nicht genäht werden, zahlt die Agila nicht bzw gilt der Eingriff nicht als OP. Auch die Frage, ob ein Eingriff auch unter Teilnarkose oder nur Schmerzstillung als OP gilt, ist nicht unerheblich.
9) Wartezeiten/Staffelungen
Ab wann gilt die Versicherung, zahlt sie bei Unfällen sofort, gibt es Staffelungen wie z.B. bei der Petprotect und der Deutschen Familienversicherung, die im ersten Jahr z.B. nur 300 Euro im Jahr übernimmt, im zweiten 600 (wenn es im Vorjahr keinen Schaden gab) und erst im dritten Versicherungsjahr Unbegrenztheit der Deckung ermöglicht. Diese Fragen sollte man prüfen.
10) GOT-Grenze/Notdienst
Übernimmt die Versicherung die Notdienstgebühren und die dann üblichen GOT-4-Sätze oder nicht?
11) Vertragsänderungen
Viele Versicherer passen ihre Angebote im Laufe der Zeit an. Beispiel: Viele alte Verträge sehen kein GOT 4 im Notdienst vor, weil sie geschlossen wurden, bevor die neuen Notdienstgebühren eingeführt wurden. Neuere Tarife decken das mit ab. Einige Anbieter übertragen bessere Konditionen automatisch auf alte Verträge, andere nicht. Auch da: genau hinschauen.
12) Vor-/Nachbehandlungen (gilt für reine OP-Versicherungen)
Wie lange vor einer OP werden Diagnostik und/oder Vorbehandlungen und wie lange danach Nachbehandlungen übernommen?
Das sind die Punkte, die mir spontan einfallen. Und auch, wenn ich früher wegen der Schnelligkeit der Zahlungen ein Fan der Agila war, muß ich heute sagen: Sie ist f d Vollschutz ungeeignet. Sie wird schnell sehr teuer in den Beiträgen, deckelt d Behandlungen ohne OP auf 1100 Euro im Jahr, ändert ab dem 5. Lebensjahr bei gleichem hohem Beitrag von 100% Übernahme auf 80% und ist in ihrer Definition von OP extrem einschränkend. Dazu kommt, daß sie teilweise komplett nicht mehr telefonisch, sondern nur noch per Mail erreichbar war oder noch ist. Das ist bei Problemen mit Auszahlungen extrem ärgerlich.
Ich würde empfehlen, einen Vergleich via Check24 zu machen. Da sieht man auf den ersten Blick, ob sich die Beiträge im Alter erhöhen, ob es Staffelungen gibt usw..
Achtung: Wenn die Wahl getroffen ist NICHT über das/ein Vergleichsportal abschließen, sondern nur b d Versicherung direkt. Denn sonst rechnet man ggf gar nicht m d Versicherer ab, sondern über d jeweilige Portal. Und das dann m d Versicherer. Das kann zu erheblichen Komplikationen führen.
Hilfreich kann auch ein guter Makler sein. Aber auch da, Vorsicht. Manche wollen nur d Versicherungen eines bestimmten Versicherers verkaufen. Und nicht wenige machen nicht einfach per Mail ein einfaches Angebot, sondern nerven per Telefon oder schreiben permanent weiter, auch, wenn man nicht reagiert.
Photo dient lediglich der Aufmerksamkeit.