22/07/2024
Am 8. Juli wurde von Mitarbeitern des britischen "Royal Veterinary College" eine dritte Studie veröffentlicht. Diese gaben mit verschiedenen Stichproben von insgesamt über 100.000 Kaninchen, die an über 100 Kliniken in England vorgestellt wurden, die Diagnosen an.
In einer ersten Studie wurden allgemein Krankheitsursachen vorgestellt, ohne auf Rasse- oder Körperformen einzugehen. Die Prävalenz für Otitis (interna, media oder externa) lag bei 1,0%. (O'Neill et al., 2020)
In einer zweiten Studie wurde untersucht, inwieweit spezifische Körpermerkmale (Größe, Gewicht, Hängeohren, aufrechte Ohren) bei Kaninchen Zahnkrankheiten verursachen können. Die Ergebnisse lieferten keine Beweise für ein erhöhtes Risiko von Zahnerkrankungen bei Rassen mit Hängeohren im Vergleich zu Rassen mit aufrechten Ohren. In der Studie konnte auch kein höheres Risiko für Zahnerkrankungen bei brachyzephalen Kaninchen im Vergleich zu normozephalen Kaninchen nachgewiesen werden. Laut den Autoren haben möglicherweise haltungsbedingte Faktoren, die in der aktuellen Studie möglicherweise über alle Rassen hinweg konstant sind, einen weitaus größeren Einfluss auf das Risiko von Zahnerkrankungen als rassespezifische Körperbaueigenschaften. (Jackson et al., 2024)
In der dritten Studie wurden Erkrankungen von Kaninchen mit hängenden und stehenden Ohren verglichen. Die Ergebnisse ließen laut der Autoren darauf schließen, dass es nur begrenzte Hinweise darauf gäbe, dass die Schädelform oder die Form der Ohren (hängend vs. stehend) mit einem signifikant erhöhten Gesamtrisiko für Erkrankungen bei Hauskaninchen zusammenhängt. Das deute darauf hin, dass andere Faktoren, wie die Haltung oder einfach das Leben als domestizierte Tierart, größere Auswirkungen auf die häufigsten Gesundheitsprobleme bei Heimkaninchen haben. (O'Neill et al., 2024)
Wenn man sich die erwähnten Studien durchliest, hat sich jede "Qualzucht"-Kampagne in Bezug auf Kaninchen erledigt. In keiner der genannten Studien stehen die Krankheiten, die z. B. das Merkblatt Nr. 17 der QUEN gGmbH hervorhebt, im Vordergrund. Zudem sind dort viele Behauptungen unbelegt oder fachlich schlicht falsch.
Ich hatte bereits in einer Sonderausgabe der Kaninchenzeitung (https://www.kaninchenzeitung.de/qualzucht/) anhand von Studienergebnissen nachgewiesen, dass die aufgestellten Behauptungen in dem Merkblatt mehr als fragwürdig sind - die beiden neuen Studien von Jackson et al., 2024 und O'Neill et al., 2024 bestätigen dies nun.
Eine Bitte an alle Kaninchenhalter: folgt nicht fragwürdigen Darstellungen über phänotypische Merkmale von Kaninchen und daraus folgenden, möglichen Erkrankungen, sondern achtet auf deren tiergerechte Haltung und Ernährung!
Literaturverzeichnis:https://kaninchen-wuerden-wiese-kaufen.de/Literaturverzeichnis.pdf