31/01/2023
Hundeverhalten
oder "Warum ist der so?"
Hundeverhalten sorgt manchmal bei Bekannten des Hundebesitzers, völlig Fremden oder sogar dem eigenen Besitzer für Kopfschütteln und die Frage kommt dann „Warum ist der so?"
Diese Frage wollen wir heute mit einigen Ansätzen beantworten:
Wer den Blogbeitrag „Der perfekte Hund“ bereits gelesen hat, dem werden einige Punkte sehr bekannt vorkommen.
Zunächst ein Blick in die Geschichte: Vor ca. 15.000 Jahren haben die Menschen begonnen Hunde gezielt zu verpaaren. Um zum Beispiel einen guten Schutz- und Wachhund zu bekommen, hat man Hunde verpaart, die schnell beunruhigt und verunsichert sind und das durch entsprechendes Verhalten deutlich machen, wie Bellen oder Knurren. Ein Hund, der beim Einbruch entspannt auf dem Boden liegt und mit dem Schwanz wedelt, eignet sich nicht zum Schutz von Menschen oder Grundstücken. Durch die bewusste Paarung bestimmter Elterntiere hat man in den meisten Fällen Welpen bekommen, die man gut als Wach- oder Schutzhund einsetzen konnte.
Hier steht bewusst „in den meisten Fällen“, denn einige Verhaltensbiologen sagen, dass ein Verhalten durch 100% Anlage (Vererbung) und durch 100% Umwelt (Erfahrung) beeinflusst wird. Das Leben zeigt, dass man nicht exakt sagen kann, wo ein Verhalten herkommt und es durch unterschiedliche Bereiche bedingt wird.
Kommen wir zu dem Bereich der Umwelt (Erfahrung). Schon im Bauch der Mutter fängt für den Welpen eine wichtige Zeit an. Eine bedarfsgerechte Fütterung der Mutterhündin ist extrem wichtig. Bei einer Mangelernährung können negative körperliche Folgen für die Welpen entstehen. Wenn die Mutterhündin während der Schwangerschaft großem Stress durch eine reizstarke Umwelt, Hunger oder Verletzung ausgesetzt ist, hat das ebenfalls Auswirkungen auf die Welpen. Das Stresshormon Cortisol kann über die Plazenta an die Welpen weitergegeben werden.
Nicht minder wichtig sind die ersten Lebenswochen der Welpen. Bis zur dritten Lebenswoche sind die Welpen taub und blind. In dieser Zeit entwickelt sich die Stressstabilität der Hunde. Bei einer natürlichen Aufzucht erleben die Welpen, dass sie eine Mutterzitze erreichen können und trinken können, aber auch, dass sie von den Geschwistern zur Seite gedrängt werden. Bei einer Handaufzucht können sie diese Erfahrungen nicht machen.
In der Zeit von der 3. bis zur 5. Lebenswoche wird bei den Welpen ein Bild der Welt geformt. Die Kleinen sind neugierig und aufgeschlossen. Alle Reize, die hier neutral oder positiv wahrgenommen werden, werden wahrscheinlich auch im Erwachsenenalter neutral oder positiv wahrgenommen. Ab der 5. Lebenswoche steigt die Reaktionsfähigkeit des kleinen Hundes. Außenreize, die bisher noch nicht kennengelernt wurden, werden nicht unbedingt positiv oder neutral aufgenommen. Sie können auch negativ aufgenommen werden.
Bis zur 8. Woche hält sich aber die Waage zwischen Neugier und ängstlicher Reaktion. Danach ist eine ängstliche Reaktion bei Unbekanntem wahrscheinlicher. Das Ganze hat auch seinen Sinn. Wölfe zum Beispiel erleben zunächst ihr eigenes Rudel und die gewohnte Umgebung der Elterntiere. Hier ist es von Vorteil, wenn der kleine Wolf nicht bei jedem unbekannten Reiz ängstlich reagiert. Sobald er aber älter und vor allem mobiler wird, macht es natürlich Sinn auch Angst zu empfinden, sodass man z.B. bei Unbekanntem frühzeitig die Flucht ergreifen kann, nach Hilfe „rufen“ kann, um eben nicht gefressen zu werden.
In den vergangenen Absätzen wird viel auf die Bedeutung der ersten Lebenswochen hingewiesen. Für viele Hunde finden diese beim Züchter statt. Das unterstreicht natürlich, wie wichtig die Auswahl des richtigen Züchters ist. Es ist wichtig, dass man sich die Elterntiere oder zumindest die Mutterhündin ansehen darf. Interessant ist es, in welchen Lebenswochen der Züchter den Welpen welche Reize bietet. Kommen Personen unterschiedlichen Geschlechts, Alters, Größe usw. vorbei? Lernt der Hund andere Tiere, wie z.B. Katzen, Pferde usw. kennen? Kann der Züchter dem Hund die Reize bieten, die der Hund bei seinem späteren Besitzer erleben wird? Den acht Wochen alten Welpen aus dem abgeschiedenen ruhigen ländlichen Paradies beim Züchter in die Wohnung der 8. Etage in der Kölner Innenstadt umziehen zu lassen, ist mehr als ein Kulturschock für den Kleinen und meist mit anfänglichen Problemen verbunden.
All das Geschriebene soll nicht heißen, dass es zwingend ein Hund vom Züchter sein muss. Ich muss gestehen, dass ich bisher noch keinen Hund vom Züchter hatte. Mehr als 80.000 Hunde landen jedes Jahr im Tierheim – durch den Krieg in der Ukraine und die gestiegenen Lebenshaltungskosten sind es wohl noch einige mehr geworden. Die Tiere landen dort aus unterschiedlichen Gründen. Ich rate jedem, der bereit ist einen Hund aus einem Tierheim oder von einer Tierschutzorganisation zu adoptieren, sich bewusst zu machen, dass hier in den meisten Fällen keine oder kaum Informationen über das bisherige Aufwachsen des Hundes zu bekommen sind. Vor der Aufnahme eines Hundes sollte man sich unbedingt die Frage beantworten, unter welchen Lebensumständen der zukünftige beste Freund des Menschen leben wird. Folgende Fragen dienen als Beispiel: In welcher Etage lebe ich? Wie lange muss der Hund allein bleiben? Gibt es Kinder im Haushalt? Teilt die zukünftigen Lebensumstände dem Tierheim oder der Tierschutzorganisation mit, damit die erfahrenen Mitarbeiter euch einen passenden Hund vermitteln können und lasst euch nicht vom Äußeren des Hundes blenden.
Und natürlich kann man auch durch gezieltes Training einiges bei den Hunden (und deren Haltern 😉) bewirken.
Folgt mir gerne für weitere interessante Blogbeiträge.
Ich freue mich auf euch!