10/11/2024
Protestpi***ln?
„Und dann hat er aus Protest mitten auf den Teppich gemacht!“
„Bitte?“
Tiere hinterlassen ihre Stoffwechselendprodukte nicht aus Protest irgendwo, sondern weil sie sich lösen müssen.
Erst mal von vorne: Kein Tier geht davon aus, dass seine Fäkalien für andere eklig sind. Fast jedes Tier beschnuppert seine eigenen Hinterlassenschaften ausgiebig und auch die von anderen Kollegen.
In unserer Gesellschaft hat man gelernt, sich davor zu ekeln.
Stubenreinheit bei Hunden kann viele Wochen bis Monate dauern, denn das Hundebaby muss erst mal durch Abschauen von Muttertier lernen, dass sich das Lösen außerhalb der Wurfstätte ein guter Ansatz ist. Vorher entfernt die Mutter die Fäkalien ihre Nachwuchses, um die Babystube sauber zu halten. Nach und nach merkt das Hundebaby dann, dass es nicht so schön ist, in seinen eigenen Fäkalien zu weilen. Wer schon einmal seinen Hund in der Tierklinik lassen musste, weiß, wie lange ein Hund es herauszögert, sich an Ort und Stelle zu lösen.
Hundebabys, die bei Ihren Menschen eingezogen sind, vermeiden es, sich draußen zu lösen, denn für sie ist die Welt noch fremd, unheimlich und alles neu. Gerade haben Sie ihr neues Zuhause bezogen und sie wissen einfach noch gar nicht, wo ein für sie geeigneter Ort ist, um Urin und Kot abzusetzen. Auch wenn man sich einen bereits erwachsenen Hund holt, ist es oft für ihn schwierig, sofort draußen sein Geschäft zu machen. Zum Lösen muss man entspannt sein, loslassen können im wahrsten Sinne des Wortes. Gelöst sein. Kann man sicher als Mensch nachvollziehen, denn auf eine öffentliche Toilette gehen ist auch nicht gerade angenehm, vor allem, wenn andere diese auch zeitgleich von anderen Personen frequentieren. Es ist ziemlich unangenehm.
Und dennoch passiert es vor allem vielen Hundebabys oder auch Hundekindern, dass doch in der Aufregung mal etwas daneben geht. Vor Freunde, vor Aufregung, vor Angst. Kennen Sie den Spruch: „Ich hab mir vor Angst fast in die Hose gemacht“? Die Beckenbodenmuskulatur und die Schließmuskeln funktionieren nicht mehr, das Streßhormon Adrenalin bewirkt, dass sich alle Schleusen öffnen. Auch bei langanhaltendem Streß sorgt das Hormon Cortisol dafür, dass Stubenreinheit vergessen wird. Und dies zeigt sich oft bei Hunden, die mit dem Alleinsein nicht zurechtkommen, weil sie zu früh, bzw. zu lange alleine gelassen wurden.
Dies kann sich zeigen durch langanhaltendes Bellen, Jaulen, Heulen, Weinen, aber auch durch das Zerstören von Gegenständen, um den Streß irgendwie zu kompensieren, als eben auch durch das Koten und Urinieren.
Aber niemals macht ein Hund so etwas, um seinem Menschen eins auszuwischen oder zu protestieren. Zu so komplexen Gedankengängen ist ein Hund nicht fähig. Das wäre ein üble Form der Vermenschlichung, einem Hund so etwas zu unterstellen. Er hat in dem Moment einfach nur Angst, oft sogar Todesangst.
Auch zur Begrüßung Ihres Menschen pi***ln Hunde oft unter sich, meist wenn sie in Rückenlage sind. Das ist ein submissives, also unterwürfiges Verhalten.
Streß ist ein häufiger Grund, wenn ein erwachsener Hund plötzlich wieder ins Haus macht. Hunde sind sehr sensible Tiere. Sie empfinden häufiger als Menschen die kleinsten Gegebenheiten als Streß. Überforderung, zu wenig Schlaf, eine Veränderung im Tagesablauf, ein Baby, ein neues Haustier oder zuviel Besuch können unter anderem ein Streßauslöser sein.
Auch ein gesundheitliches Problem kann ein Grund sein. Bitte bei solchen Vorfällen unbedingt Blase und Niere bei einem Tierarzt untersuchen lassen.
Bitte bestrafen oder schimpfen Sie Ihren Hund niemals für solche „Unfällchen“. So würde er erst recht Angst bekommen, sich zu lösen. Und Angst vor Ihnen bekommen. Wann immer ein Pfützchen oder Häufchen ins Haus geht, wischen Sie es bitte kommentarlos weg. Bedenken Sie, wie oft Kinder noch in die Hose oder ins Bett machen, obwohl sie schon von den Windeln weg sind. Auch das ist kein Protest und auch kein Anstreben von Aufmerksamkeit.
Eva Windisch
Hundetrainerin, Hundeverhaltensberaterin, Hundepsychologin, Hund-Mensch-Coach
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