13/09/2021
Gibt es in Deutschland eigentlich noch die Tollwut?
Diese brandaktuelle Frage möchten wir aus gegebenem Anlass mit folgendem Beitrag beantworten. Gleichzeitig geht es uns darum, auf Gefahren aufmerksam zu machen, die von Hunden aus Drittländern ausgehen, wenn sie illegal nach Deutschland gebracht werden.
Fledermäuse sind in Deutschland das Hauptreservoir für Tollwutviren. Auch wenn eine Übertragung auf andere Spezies durch Fledermäuse möglich ist, gilt die terrestrische Tollwut in Deutschland als eliminiert. Gründe dafür sind die hohe Impfquote unserer Haustiere sowie die Importbestimmungen für Tiere aus dem Ausland. In der Coronapandemie kam es jedoch zu einem Haustier-Boom. Die hohe Nachfrage leerte die Tierheime. Gleichzeitig nehmen die illegalen Tiertransporte und Grenzüberquerungen zu. Auch kommt es immer wieder vor, dass Menschen unter Umgehung der behördlichen Auflagen kranke Hunde und Katzen aus dem Urlaub mit nach Deutschland bringen. Und von so einem Fall möchten wir hier berichten.
Uns wurde diese Woche ein kranker Kangal-Welpe vorgestellt, der zwar aus gut gemeinten Gründen, aber völlig gedankenlos aus der Türkei nach Deutschland gebracht wurde. Dem armen Kerl ging es bei Vorstellung sehr schlecht. Da uns anfangs weder die Herkunft des Tieres noch die Hintergründe der Vorstellung bekannt waren, haben wir alle intensivmedizinischen Maßnahmen eingeleitet. Nach einer kurzen Phase der Verbesserung, verstarb der Patient.
In der Zwischenzeit wurden weitere Details über das Tier bekannt, so dass wir den Hund sofort isolierten. Es ist unsere tierärztliche Pflicht, Tiere aus dem Ausland ohne Herkunftsnachweis, Quarantäne oder nachweisbaren Impfungschutz dem Veterinäramt zu melden. Obwohl der Besitzer hier wenig kooperativ war, kamen wie dieser Pflicht selbstverständlich nach. Das Veterinäramt holte den verstorbenen Patienten ab und leitete eine pathologische Untersuchung ein.
Es stellte sich schließlich heraus, dass der Hund an den Folgen von Tollwut gestorben war. Tollwut ist eine ansteckende und speziesübergreifende Virus-Erkrankung, die immer tödlich endet. Ein Biss durch ein erkranktes Tier gilt als sicherer Übertragungsweg. Jedoch kann das Virus in seltenen Fällen auch über andere Wege auf den Menschen übertragen werden. Ein Großteil unserer Mitarbeiter hatte trotz Schutzmaßnahmen mehr oder minder direkten Kontakt zu dem Tier und setzte sich damit einem deutlich erhöhten Risiko aus.
Wir sind dankbar, dass die Diagnose sehr früh gestellt und schlimmeres verhindert werden konnte. Unser Krisenmanagement funktionierte in dieser Situation sehr gut. Unter ärztlicher Aufsicht und behördlicher Begleitung wurden vergangene Nacht ca. 30 unserer Mitarbeiter notgeimpft, ein paar weitere wurden in Krankenhäusern behandelt. Die Impfungen müssen nun in kurzen Abständen mehrfach wiederholt werden, um für einen wirksamen Schutz zu sorgen. Wir können aber hoffen, dass niemand mehr von uns in Lebensgefahr schwebt. Deshalb möchten wir an dieser Stelle einmal ganz offiziell unserem zuständigen Veterinär- und Gesundheitsamt danken, die sofort und unbürokratisch gehandelt haben. Gleichzeitig danken wir Dr. Steiner, der uns als ausgewiesener Spezialist mit seiner Expertise rund um die Uhr beratend zur Seite stand und unser Team über die kommenden Wochen weiter medizinisch betreuen wird. Natürlich sind wir auch sehr stolz auf alle unsere Kolleg:innen, die sich der ernsten und angespannten Situation ohne Panik gestellt haben.
Aber warum veröffentlichen wir das an dieser Stelle? Ganz einfach, weil hier durch den gedankenlosen Import eines kranken Tieres eine Gefährdung von Menschen- und Tierleben billigend in Kauf genommen wurde. Wir schätzen uns außerordentlich glücklich, dass nicht mehr passiert ist und möchten Sie mit diesem Beitrag für das Thema sensibilisieren. Bitte halten Sie sich trotz aller Tierliebe immer an die jeweiligen Vorschriften. Sie sind sinnvoll! Und bitte achten sie auch darauf, dass Ihr Tier immer einen aktuellen Impfstatus aufweist. Er wird im Zweifelsfall sowohl das Leben Ihres Tieres als auch das Ihre retten. Denn wir müssen davon ausgehen, dass es sich hierbei nicht um den letzten eingeschleppten Tollwutfall handelt.
Bleiben Sie gesund - bleiben Sie aufmerksam!
Ihr Team der TKP