23/10/2024
Training für Tierarzt und Hufschmied
Über social media sehen wir alle täglich eine riesige Anzahl an Trainingsmethoden der unterschiedlichsten Reitweisen oder für Bodenarbeit. Manche davon haben schon fast Sektencharakter, deren Erfinder haben oft eine große Fanbase.
Als Tierärzte (und auch Hufschmiede) sehen wir uns aber mit einer steigenden Anzahl sehr schwer zu behandelnder Pferde konfrontiert, welche nicht selten eine erhebliche Gefahr für unsere körperliche Unversehrtheit darstellen. Hier sei zunächst erwähnt, dass es einen großen Unterschied macht, ob ein Pferd einfach Angst hat, oder unsicher ist, denn damit kommen wir in der Regel gut klar. Wir sind, glaubt es, oder nicht, zu 99% echte Pferdemenschen.
Schlimm wird es aber, wenn ein Pferd gefährlich wird, weil es schlicht nie gelernt hat, Behandlungen zu tolerieren. Hier spreche ich von Standard- und Routinedingen wie Abhören, Fieber messen, Zähne anschauen und Spritzen (intravenös und intramuskulär) und eine normale Hufbearbeitung.
Nicht selten wird von uns erwartet, dass wir das ja schließlich irgendwie schaffen müssen, schließlich sind wir ja Tierärzte! Diese Idee an sich ist schon unglaublich dreist und zeugt von wenig Empathie und genauso wenig Wertschätzung für uns und unseren Beruf. Wir sind auch Menschen, meistens selbständig, haben Familie und Angestellte, für die wir verantwortlich sind. Da sollen wir also ernsthaft unsere Existenz riskieren, nur um eine Impfung beim unerzogenen 13jährigen Freizeitpferd durchzuführen? Oder dem hochtourigen, ebenfalls unerzogenen Dressurkracher ein paar Eisen zu verpassen?
Und wenn man sich dann die Zeit nimmt, das Pferd ein wenig zu schulen, damit es ganz vielleicht in Zukunft besser läuft, freut sich die verantwortliche Person zunächst darüber: "So ein toller Tierarzt, hat sich richtig Zeit genommen und konnte den Diabolo dann tatsächlich impfen, nachdem der ihn dreimal umgerannt hat". Aber wenn dann die Rechnung etwas höher ausfällt, weil der Impftermin statt 15 Minuten fast 1 Stunde gedauert hat, folgt todsicher ein empörter Anruf!
Die Krönung war vor kurzem eine Anfrage zur Zahnbehandlung. Es würde aber nur bezahlt werden, wenn es mir gelänge, das Pferd zu sedieren, denn es lässt sich nicht spritzen und diverse Kollegen sind schon unverrichteter Dinge wieder gefahren, da diese (!) angeblich Angst vor dem Pferd gehabt hätten. Trotzdem hätte man die Anfahrt bezahlen müssen und das ginge ja nicht, wenn nix gemacht wurde. Natürlich habe ich dankend abgelehnt und Medical Training empfohlen.
Medical Training- eine echt gute Sache! Mittlerweile gibt es auch dafür extra ausgebildete Trainer! Bei Bedarf leite ich gerne entsprechende Kontakte weiter.
Gegebenenfalls braucht man das aber gar nicht, wenn man sich die Mühe macht, den Pferden schon im Fohlenalter alles Nötige beizubringen. Das dauert nicht lange und macht das Leben für alle viel einfacher!
Aber so lange sich auf 3jährige Pferde gesetzt wird, welche sich noch nichtmal die Hufe aufheben, oder sich problemlos halftern und führen lassen, liegt noch ein langer Weg vor uns!
Und wenn der Tierarzt oder der Hufschmied sagt, ein Pferd müsse sediert werden zur Behandlung, wir das nicht diskutiert! Das hat weder mit Faulheit, noch mit mangelndem Können unsererseits zu tun.
Es liegt in der Verantwortung des Pferdebesitzers, sein Pferd so zu trainieren, dass Leute, die routinemässig mit dem Pferd arbeiten müssen, das auch tun können, ohne ihre Gesundheit zu riskieren!