Lerneffekt - Training für Hund und Mensch

Lerneffekt - Training für Hund und Mensch Hundetraining-Verhaltenstraining-Welpen-alle Rassen-positive Verstärkung-Alltagstraining
(9)

20/04/2024
11/12/2023

⛔️ Keine Gewalt im Training, bei der Ausbildung & der Erziehung von Hunden! ⛔️

Besonders im Hundetraining ist der Begriff „Gewalt“ immer wieder hart umkämpft.

Es ist kein klarer oder eindeutig definierter Begriff. Weder in der Wissenschaft noch im allgemeinen Sprachgebrauch. Ob eine Handlung Gewalt ist, bewerten wir Menschen immer als Individuum. Gewalt ist das, was sich für uns falsch anfühlt – nicht aber unbedingt für den Ausübenden.

Was also der eine als gewaltvoll empfindet, kann für den anderen angemessen und notwendig sein. Eigene Erfahrungen beeinflussen das Empfinden ebenso, wie die eigene Haltung und Überzeugung. Wie Hunde Gewalt beurteilen, lässt ich daher extrem schwer sagen. Einzig ihre Körpersprache kann uns darüber Aufschluss geben.

In der Ausbildung von Hunden sind wir (eigentlich) weg von Schlägen, Stachelhalsband und Co. Darüber besteht in der Trainer:innenwelt ein breiter Konsens. Allerdings wird es bei anderen Maßnahmen, die keine direkte physische Gewalt ausüben, wieder uneins.

ℹ️ Für den IBH e.V. und seine Mitglieder definiert sich Gewalt am Hund natürlich durch alles, was ihm absichtlich Schmerzen zufügt. Sei es via Leinenruck, Kneifen oder andere direkte körperliche Einwirkungen.

ℹ️ Darüber hinaus definiert sich Gewalt für den IBH e.V durch alles, was den Hund absichtlich erschreckt, um sein momentanes Verhalten abzubrechen und damit (kurzfristig) zu hemmen. Dazu zählen z.B. der Einsatz einer Wasserpistole, einer Rütteldose, bedrohliches Zischen, Klatschen etc.

ℹ️ Ebenso gehört absichtliches körperliches Bedrängen/Bedrohen dazu, welches dazu dienen soll, dem Hund Grenzen aufzeigen oder ihm Respekt abnötigen will. Dazu gehört z.B. massives in den Weg stellen, sich „großmachen“, fixieren, blocken, „Raum“ beanspruchen, etc. pp.

Hunde passen ihr Verhalten rein situativ den Konsequenzen an, die dieses Verhalten in direkter Folge hat - ohne dabei zu einer Form von Einsicht in „falsch“ oder „richtig“ zu gelangen. Gezeigtes Demuts- oder Meideverhalten lässt sich NICHT als ein "Verstehen" der eingeforderten Regeln interpretieren.

Auf Gewalt im Hunde- & Tiertraining kann und MUSS daher verzichtet werden.

!


www.ibh-hundeschulen.org
Foto: castenoid - stock.adobe.com

03/09/2023

Hallo Herr Rütter,

was kann es eigentlich Besseres geben, als die neue Staffel eines in die Jahre gekommenen TV-Formats mit einem kleinen Paukenschlag zu beginnen. Wie wir alle wissen, geht's im TV ja selten um Qualität als vielmehr um Einschaltquoten, Marketing ist alles. Und wenn Sie eines sind, dann Marketingprofi.

Ich sehe Sie also in der Redaktionskonferenz sitzen und sinnieren, was man für die Quoten tun kann.
„Wie wär mal wieder ein Aufreger?“ mögen Sie oder Ihr Team vorgeschlagen haben. Klar, immer gut, wenn sich möglichst Viele mal richtig echauffieren, das bringt Klicks und Aufmerksamkeit.

Und wie kriegt man das garantiert hin? Ganz einfach. Man nehme einen kleinen Pudelwelpen, dem man boshafte Ressourcenverteidigung unterstellt. Und weil Sie ja Profi sind und sich die Hände nicht schmutzig machen werden, nehme man außerdem eine Person dazu, die sich Hundetrainerin nennt (und ganz sicher auch den 11er besitzt, denn rechtlich muss ja alles passen) und die für die zweifelhaften berühmten 5 Minuten im Fernsehen kleine Welpen attackiert.

Und wenn der Welpe dann aufquiekt, dann stehen Sie im Off und erklären jovial und mit einem Lächeln auf den Lippen, dass der natürlich jetzt keine Schmerzen hat, sondern lediglich verwirrt ist. Klug, denn das Tierschutzgesetz und die Hundeverordnung verbieten bei Tieren ausdrücklich das absichtliche Hinzufügen von Schmerzen. Das muss natürlich schon alles schön sauber bleiben und Ihre Weste weiß, nicht wahr?

Das Konzept geht auf. Die positive Hundeszene ist in Aufruhr, Ihr Post wird fleißig geteilt. Und Ihr Fanclub jubelt - Menschen, die nichts wissen über Lerntheorie, über positive Strafe und ihre fatalen Folgen: Fehlverknüpfungen, Traumata, Angst, Vertrauensverlust, Misstrauen, weitere Verhaltensprobleme, die sich im Laufe der Entwicklung manifestieren werden... Die Fans wissen das nicht. Sie schon, schließlich nennen Sie sich "Hundeprofi". Doch statt aufzuklären, reden Sie das unsägliche, antiquierte Verhalten dieser Dame, die da medial verheizt wird, schön. Für Ihre Quote. Erbärmlich.

Trotzdem hoffe ich, dass es viele kluge, empathische Menschen gibt, die die Hässlichkeit dieser Aktion erkannt haben und deren Bauchgefühl sagt: „Nein! Das muss doch auch anders gehen! Ich kaufe mir doch keinen Hund, um den dann zu behandeln wie den letzten Dreck.“

Diese Menschen mit dem richtigen Bauchgefühl werden immer mehr, und am Ende werden der Verstand und die Empathie siegen, daran glaube ich fest. Bis es dazu kommt, werden allerdings noch eine ganze Reihe von Welpen kaputt gemacht werden. Alles für Ihre Quote...

Es ist einfach nur eine Schande, dass Hundetrainer wie Sie im Jahr 2023 dazu beitragen, dass es gesellschaftsfähig bleibt, Hunde über Strafe, Angst und Schrecken erziehen zu wollen - wider besseren Wissens. Das ist so traurig.

MfG
Carolin Hoffmann



02/09/2023

2023. Löwen, Elefanten, Tiger, Wale und Alligatoren werden in diversen Zoos über positives Training dazu gebracht, sich kooperativ dem Menschen gegenüber zu verhalten.

Nur bei einer Spezies sind nach wie vor viele Menschen davon überzeugt, Druck und Gewalt in der Ausbildung seien die Lösung. Bei der Spezies, die wir landläufig als "den besten Freund des Menschen" betiteln. Nur im Training, da ist der Hund oft nicht der Freund, sondern eher der Feind. Zumindest, wenn man sich so einige Beiträge anschaut.

In den USA ist der sogenannte "Dog Daddy" durch Social Media populär wie nie. Seine Trainingsmethoden würden in Deutschland (zum Glück) vermutlich sämtliche Veterinärämter auf den Plan rufen, Training kann man das wirklich nicht nennen. Aber, hey, wer eine Horde unterdrückter und über Schmerz gefügig gemachter Schäferhunde durch L.A. (oder war es Las Vegas?) führt, der kann ja nur recht haben. Die Macht der Bilder, wen interessiert da schon der Hintergrund.

Eine Trainerin von Deutschlands liebstem TV-Hundetrainer, Martin Rütter, zeigt in einem Videoclip zur bevorstehenden Sendung, wie man einen Pudelwelpen über körperliches Angehen maßregelt. Nachdem sie ihn zuvor mit Futter anlockt.
In den Kommentaren schreibt eine Dame etwas von "all den Gutti-Gutti-Hundehaltern", die ihrer Meinung nach keine Ahnung haben.

Es nervt mich so dermaßen: Nein, Hunde brauchen keine harte Hand. Auch nicht Terrier, auch nicht Schäferhunde, auch nicht manche.
Und es ist kein "Gutti-Gutti" Training, kein Wattebauschwerfen, keine blödes Schi-Schi. Es ist wissenschaftlich belegt und in der Praxis bewährt.

Man kann Hunde ohne Angst und Schmerz trainieren. Jeden. Punkt.
Die einzige Voraussetzung ist: Der Mensch muss das wollen.

Wer das will, findet Wege.
Wer das nicht will, findet Ausreden.

Simple as that.

Schönes Wochenende!

Trainieren statt dominieren

19/08/2023

KNURREN
… oder die Höflichkeit unserer Hunde

Wenn mein Hund mich anknurrt, dann ist das nichts anderes, als eine Bitte um Distanz:
„Bitte komm mir nicht so nah!“
„Bitte lass mich in Ruhe essen!“
„Bitte fass mich da nicht an!“

Wenn das passiert, habe ich bereits eine ganze Reihe subtilerer Signale übersehen:
Die Körperspannung hat sich erhöht, der Blick ist weniger weich, seine Mimik weicht zurück ... oder aber, mein Hund hat schon gelernt, dass ich dezente Hinweise nicht verstehe, und wird sofort deutlicher.

Was geschieht nun, wenn ich empört reagiere und ihm das Knurren verbiete?
Mein Hund lernt, dass auch sein Knurren mich nicht dazu bewegt, seine Bitten, seine Bedürfnisse zu erfüllen.
Jetzt können zwei Dinge passieren:
Mein Hund schließt aus dieser Erfahrung, dass er noch deutlicher werden muss und beißt mich bei der nächsten Gelegenheit. Ohne Vorwarnung!
Denn er hat gelernt, dass ich freundliche Bitten nicht wahrnehme und deutlichere verbiete.
Oder aber, es ist mir gelungen, ihn mit meinem Verbot so sehr einzuschüchtern, dass er es nicht mehr wagt, seine Bedürfnisse zu äußern.
Ich für mein Teil möchte das nicht.

Was ich stattdessen tue:
Ich weiche auf sein Knurren hin sofort zurück!
Ja, dann lernt er, dass er mit Knurren seinen Willen durchsetzen kann.
Und genau das darf er auch ruhig lernen. Er darf lernen „spätestens wenn ich laut werde, versteht sie, was ich möchte“.
Zukünftig werde ich in ähnliches Situationen aufmerksamer sein, auf feinere Signale achten und mich früher entsprechend verhalten.
Auch dadurch lernt mein Hund etwas: „Ich darf knurren, aber ich muss nicht – sie versteht mich auch so“.

Und jetzt wird es spannend!
Hunde (und andere Tiere), die gelernt haben, dass ihre Signale verstanden und ihre Bedürfnisse respektiert werden, lassen sich auf Kompromisse ein!
Sie halten eine unangenehme Situation länger aus, weil sie wissen, dass sie diese jederzeit auflösen können. Bei uns Menschen ist das übrigens nicht anders. ;-)

Wenn ich möchte – und wenn es überhaupt noch notwendig ist – kann ich nun beginnen, diesen Lernprozess weiterzuführen, indem ich die unangenehme Situation angenehmer gestalte (und zum Beispiel dem Hund hochwertige Futterbröckchen zuwerfe, wenn ich mich ihm beim Fressen nähern muss) und/oder Kooperationssignale trainiere.

Iris

Foto © jonnysek via canva

Trainieren statt dominieren

21/07/2023

halatir vor seiner futterschüssel.
nicht so schön, oder?

dass er das tun muss, hat er natürlich nicht bei mir gelernt. aber irgendwer in seinem bereits unglaublich langen hundeleben war wohl der ansicht - weit verbreitet, immer noch - der hund muss vor der futterschüssel warten.
so wegen respekt. oder wegen impulskontrolle. oder sonst einem schwachsinn.
halatir und ich bedanken uns herzlich dafür, dass dieser gebeutelte, kleine, steinalte hund jetzt mindestens zweimal am tag stress hat.
stress, weil er ein grundbedürfnis befriedigen möchte und nicht weiß, ob er das darf!!!
ich hab keine ahnung, was auf bulgarisch "nimm's", "deins" oder "friss" heißt, aber das ist nicht das grundproblem. die geste konnte ich offenbar auch nicht erraten.
ich geh jetzt eben ganz schnell weit weg, wenn ich sein schüsselchen abgestellt habe, sonst sieht es aus wie...ja, seht ihr eh.

auch wenn euch das immer noch irgendwer weismachen will: bitte verzichtet darauf, mit euren hunden diesen sinnlosen zirkus zu veranstalten!
nein, es bringt nix für die impulskontrolle, es kostet welche! nein, ihr steigt nicht in irgendeiner imaginären rangordnung - ihr benehmt euch lediglich wie ein unmöglicher bully und macht stress, wo keiner sein soll.

Old but Gold🫶🏼
13/07/2023

Old but Gold🫶🏼

😂🐕🚲

25/06/2023

Leider gibt es keine Übung, die generell dafür sorgt, dass dein Hund eine bessere Impulskontrolle bekommt. 🐶

Warten vor dem Futternapf sorgt nicht dafür, dass dein Hund im Wald oder am Straßenrand besser warten kann. 💥 Dein Hund kann dann "nur" vor dem Napf besser warten.

➽ Aber durch gezieltes Training kannst du die Impulskontrolle bei deinem Hund steigern.

In unserem Artikel sagen wir dir, wie das geht. 💡
https://blog.dogitright.de/impulskontrolle-aufbauen/

22/06/2023

Aus für "Die Pferdeprofis
Das bei Vox ausgestrahlte und von Martin Rütters Mina TV produzierte TV-Format „Die Pferdeprofis“ wird eingestellt. Wie RTL mitteilte, habe man sich nach elf erfolgreichen Jahren gemeinsam mit Mina TV darauf verständigt, „Die Pferdeprofis“ nicht fortzusetzen. Derzeit werde geprüft, inwieweit andere Projekte zum Thema Pferdehaltung und Pferdesport mit Mina TV realisiert werden können.
Die Serie „Die Pferdeprofis“ war kurz vor der Ausstrahlung der elften Staffel im Februar unter Druck geraten. Einen Tag vor der Ausstrahlung der ersten Folge hatten wir veröffentlicht, dass Uwe Weinzierl öffentlich propagiert hatte, ein Pferd von Kopf bis Bauch mit Elektrodraht zu umwickeln, um es weidefromm zu machen.
Martin Rütter lud daraufhin Ende April zu einer Diskussionsveranstaltung nach Köln ein. Teilnehmer waren u.a. die Wissenschaftlerin Willa Bohnet, Andrea Mihali vom Deutschen Tierschutzbund, Sandra Schneider, Pferdeprofi der ersten Stunde“, die Tierärztin Kirsten Tönnies, Uwe Weinzierl, Heinz Welz und ich als Herausgeberin der Dressur-Studien. In der Diskussion attestierte Andrea Mihali Martin Rütter, dass sie in verschiedenen Filmausschnitten der Pferdeprofis tierschutzwidriges Verhalten erkennen könne. Ich brachte auf den Tisch, dass Uwe Weinzierl folgende Methode anwendete, um ein Pferd halfterführig zu machen: Er band es an einen Traktor und zog es hinter sich her.
Eigentlich hätte die Diskussion nach der Aufzeichnung innerhalb weniger Wochen „ungeschnitten“ veröffentlicht werden sollen – das ist aber bis heute nicht geschehen. Und spielt wohl auch keine Rolle mehr.
Für die „alten“ Pferdeprofis Bernd Hackl, Sandra Schneider und Katja Schnabel (ja, auch hier war nicht alles Gold was glänzte) ist das Ende der „Pferdeprofis“ wohl traurig: Waren sie doch mit Herzblut bei der Sache.
Aber für die Pferde ist es auf jeden Fall eine gute Nachricht! Denn die Vorstellung, dass die brutalen „Ausbildungsmethoden“ eines Uwe Weinzierl weiterhin als „salonfähig“ über den Bildschirm flimmern, wäre schwer zu ertragen gewesen. Das haben die Pferde nicht verdient!
Warum man sich nun entschieden hat, das Format einzustellen, lässt RTL in seiner Pressemitteilung offen. Waren es die schlechten Einschaltquoten? Unsere Recherchen und die damit verbundene große Unterstützung in den sozialen Medien? Vielen Dank an alle, die so energisch gegen die gezeigte Brutalität protestiert haben! Oder war es doch Einsicht? Wir werden es wohl nie erfahren.
Wer das alles noch einmal von Anfang an nachlesen, möchte, hier gibt es die Chronologie: https://dressur-studien.de/uwe-weinzierl-und-martin-ruetter-chronik-einer-angekuendigten-farce-oder-martin-ruetter-macht-sich-die-welt-wie-sie-ihm-gefaellt/

22/06/2023

Kastration: Nur legal mit medizinischer Indikation?

Von Ralph Rückert, Tierarzt, und Johanne Bernick, Tierärztin

Kann man ja im Netz allenthalben lesen: „Eine Kastration ohne medizinischen Grund ist illegal!“. Dabei wird regelmäßig auf Paragraph 6, den sogenannten Amputations- und Organentnahme-Paragraphen des Tierschutzgesetzes abgehoben, speziell auf die Formulierung:

„Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres. Das Verbot gilt nicht, wenn (…) zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung oder - soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen - zur weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres eine Unfruchtbarmachung vorgenommen wird.“

Dabei gewinnt man immer den Eindruck, dass die meisten nach der Hälfte dieses Absatzes zu lesen aufhören. Anders lässt sich nicht erklären, dass so häufig und so felsenfest behauptet wird, dass eine Kastration ausschließlich aufgrund einer medizinischen Indikation durchgeführt werden dürfe. Die reichlich gummiartige Formulierung „zur weiteren Nutzung und Haltung des Tieres“ öffnet nämlich Tür und Tor auch für Kastrationen aus anderen als rein medizinischen Gründen.

Nehmen wir zur Verdeutlichung ein Beispiel: Eine Ärztin, in eigener Praxis niedergelassen, hält eine intakte (nicht kastrierte) Hündin, die sie während ihrer Arbeitszeiten natürlich mit in die Praxis nehmen kann. Durch eine Änderung der Lebensumstände wird sie im weiteren Verlauf gezwungen, ihre Praxis aufzugeben und ihre Brötchen als angestellte Ärztin in einer anderen Praxis zu verdienen, wo sie allerdings ihre Hündin nicht mehr mit zur Arbeit bringen darf. Als Ausweg aus dieser Situation bietet sich die arbeitstägliche Unterbringung in einer Hundepension mit entsprechendem Angebot an. Allerdings fordert diese Pension aus nachvollziehbaren Gründen die Kastration der Hündin. Das ist sicher keine medizinische, sondern eine soziale Indikation für diesen Eingriff, der aber durch die oben hervorgehobene Formulierung des Tierschutzgesetzes eindeutig als rechtens eingestuft werden kann. Die weitere Haltung der Hündin ist für die Ärztin nur möglich, wenn sie das Tier während ihrer Arbeitszeit artgerecht untergebracht und versorgt wissen kann, und wenn die einzige realistische Möglichkeit zur Erfüllung dieser Voraussetzungen die Unterbringung in dieser Hundepension ist, dann ist die Kastration gerechtfertigt und der endgültigen Abgabe des Tieres in andere Hände natürlich vorzuziehen.

Richtig (und wichtig!) ist, dass der Gesetzgeber die Indikationsstellung (ob nun medizinisch oder sozial) mit der Formulierung „soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen“ mehr oder weniger komplett in die Hände von uns Tierärztinnen und Tierärzten gelegt hat. Eine Kastration ist somit keine Dienstleistung, die Sie in Ihrer Tierarztarztpraxis einfach so einfordern können. Die im Netz ebenfalls immer wieder zu lesende, saloppe Formulierung „Lass ihn / sie doch einfach kastrieren und gut ist!“ haut so also auch nicht hin. Die letztendliche Entscheidung, ob eine rechtlich stichhaltige Begründung für eine Amputations- oder Organentnahme-OP im Sinne von Paragraph 6 TschG vorliegt, muss immer Sache der durchführenden Tierärztin oder des durchführenden Tierarztes bleiben, denn sie bzw. er muss dafür im rechtlichen Sinne auch den Kopf hinhalten können.

Das kann einen durchaus gelegentlich in ziemliche Gewissensnöte bringen. Alle, die unsere Praxis (und unsere Blogartikel) kennen, wissen ja, dass wir Hunde eher ungern kastrieren, wenn es dafür keine wirklich handfesten Gründe gibt. Trotzdem gab es durchaus schon Fälle, in denen wir Rüden und Hündinnen kastriert haben, weil das aufgrund ungünstiger und oft durch die Besitzer:innen zu verantwortender Umstände die einzige Alternative zur Abgabe des Tieres darstellte, so nach dem Motto: Lieber kastriert als im Tierheim! Unüberlegtheit und ein gewisses Maß an Inkompetenz von Hundehalter:innen kann also (leider!) auch eine Art sozialer Indikation für eine Kastration darstellen. Wie schnell wird eine gemischtgeschlechtliche Mehrhundehaltung begonnen, ohne auch nur einen Gedanken darauf zu verschwenden, wie man das mit den Läufigkeiten geregelt bekommt, wenn die beiden süßen Welpen plötzlich zu Rüde und Hündin geworden sind! Wie oft wird spontan ein putziger Terrierwelpe angeschafft, um dann völlig überfordert zu sein, wenn der ab der Pubertät mit rassetypischem Temperament an jeder Ecke Ärger mit anderen Rüden sucht und findet oder bei jedem Besuch in ebenfalls typischer Beharrlichkeit das Bein der reichen Erbtante rammelt!

Natürlich drängt man als Tiermediziner:in in solchen Fällen dringend darauf, sich professionelle Hilfe in Sachen Erziehung und Verhaltensbeeinflussung zu holen. Ob das dann tatsächlich mit dem eigentlich notwendigen Einsatz und Arbeitswillen gemacht wird, entzieht sich aber unseren Kontrollmöglichkeiten, und dann steht man am Ende halt doch vor der Situation, dass man entweder kastriert oder das Tier abgegeben werden muss. Dabei dient der Eingriff als „Heilmittel“ für Defizite auf Seiten der Halter:innen, was beileibe nicht ideal und eher unschön ist, aber auch das ist eben durch den Gesetzestext durchaus abgedeckt, weil – Unüberlegtheit, mangelndes Engagement oder Unvermögen der Besitzer:innen hin oder her – die weitere Haltung des betreffenden Tieres durch die Kastration möglich gemacht wird und die denkbaren Alternativen noch viel unschöner wären.

Wie auch immer: Wir wären dankbar, wenn die (oft in anklagendem Tonfall gegenüber irgendwelchen Kolleginnen und Kollegen vorgebrachte) Behauptung, dass das Tierschutzgesetz Kastrationen nur aufgrund einer rein medizinischen Indikation zulassen würde, in Zukunft etwas weniger häufig zu lesen wäre. Sie ist halt nun mal schlicht falsch!

Bleiben Sie uns gewogen, bis bald,

Ihr Ralph Rückert, Ihre Johanne Bernick

© Kleintierpraxis Ralph Rückert, Römerstraße 71, 89077 Ulm

Sie können jederzeit und ohne unsere Erlaubnis auf diesen Artikel verlinken oder ihn auf Facebook teilen. Jegliche (auch teilweise) Vervielfältigung oder Nachveröffentlichung, ob in elektronischer Form oder im Druck, ist untersagt und kann allenfalls ausnahmsweise mit unserem schriftlich eingeholten und erteilten Einverständnis erfolgen. Zuwiderhandlungen werden juristisch verfolgt.
Von uns genehmigte Nachveröffentlichungen müssen den jeweiligen Artikel völlig unverändert lassen, also ohne Weglassungen, Hinzufügungen oder Hervorhebungen. Eine Umwandlung in andere Dateiformate wie PDF ist nicht gestattet. In Printmedien sind dem Artikel die vollständigen Quellenangaben inkl. meiner Praxis-Homepage beizufügen, bei Online-Nachveröffentlichung ist zusätzlich ein anklickbarer Link auf meine Praxis-Homepage oder den Original-Artikel im Blog nötig.

17/06/2023
05/05/2023

Hund und Körpersprache! Die 3 größten Irrtümer!

1. Der wedelt mit der Rute, der freut sich!

Das Wedeln alleine zeigt erstmal nur, dass der Hund aufgeregt ist!

2. Der markiert, der zeigt Besitz an!

Markieren kann viele andere Ursachen haben - z.B. Stress, Austausch von Informationen wie Hormonstatus, Geschlecht usw.

3. Der macht ne Bürste, der macht einen auf dicke Hose!

Das Aufstellen der Rückenhaare kann der Hund nicht willentlich steuern. Auch hier steckt wieder Aufregung hinter dem Verhalten!

Du möchtest mehr erfahren? Dann ab zur Website: https://sprichhund.de/

21/04/2023

Durch ängstigende Strafen wird dein Hund misstrauisch und unsicher. 🧨

Warum das so ist ⬇️
https://blog.dogitright.de/strafe-im-hundetraining/

Deshalb setzen wir im Training bei Dog It Right vor allem auf positive Verstärkung, achten die Bedürfnisse von Hunden und Menschen und reflektieren ständig unser Training und unser Handeln im Alltag. 💚

28/03/2023

Forme mit uns den 5. Hundekongress mit deinen Ideen, Vorschlägen und Meinungen. Am 31.3.2023 um 19 Uhr reden wir miteinander und hören dir zu!

Adresse

Hamburg
22607

Telefon

+491622122552

Webseite

Benachrichtigungen

Lassen Sie sich von uns eine E-Mail senden und seien Sie der erste der Neuigkeiten und Aktionen von Lerneffekt - Training für Hund und Mensch erfährt. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht für andere Zwecke verwendet und Sie können sich jederzeit abmelden.

Service Kontaktieren

Nachricht an Lerneffekt - Training für Hund und Mensch senden:

Teilen

Kategorie