19/10/2022
Sehr lesenswert🐱
Nicht selten werde ich mit den Worten „Ich benötige dringend Ihre Hilfe, denn mein/e Katze/Kater markiert“ telefonisch um Unterstützung gebeten. Nach ebendiesem Erstgespräch folgt meist ein Hausbesuch, um entsprechende Fellnase/n in ihrer häuslichen Umgebung kennenzulernen und mir bzgl. der Problematik ein genaueres Bild machen zu können.
Ähnlich gestaltete sich die Situation vor wenigen Wochen: Herrn und Frau Schöps (Name geändert) und deren Fellnasen Susi und Strolch (Namen geändert) betreue ich seit Anfang September aufgrund mehrerer Problemverhalten: Strolch verhielt sich Susi gegenüber regelmäßig aggressiv. Weiterhin zeigten beide Fellnasen kein bis kaum Spielverhalten und auch bzgl. Susi´s ständig übermäßigem Hungers wurde ich um Rat gefragt. Außerdem markierte Strolch nach Aussage Frau Schöps seit längerer Zeit an unterschiedlichen Stellen.
Ein erster Hausbesuch inklusiv einiger Absprachen sowie die Umsetzung diverser Maßnahmen verbesserte die Gesamtsituation erheblich. Allerdings kamen wir bzgl. Strolchs „Markierverhalten“ nicht wirklich weiter. Denn die Situationen, in denen Strolch dieses Verhalten zeigte, gestaltete sich lt. Aussage Frau und Herrn Schöps sehr unterschiedlich. Auch die Antworten auf meine Nachfragen, die auf Strolchs Körpersprache und dessen Ausdrucksverhalten abzielten, waren nicht eindeutig. Aufgrund dessen sprach ich mit Frau und Herrn Schöps ab, im Rahmen eines weiteren kurzen Hausbesuchs meine Wildtierkamera in der Wohnung aufzustellen. Diese sollte Strolch an zwei Stellen aufnehmen, an denen er meistens markierte. Mit dem Videomaterial erhoffte ich mir, wichtige Hinweise bzgl. Strolchs „Markierverhalten“ zu erhalten.
Ich war vielleicht eine viertel Stunde in der Wohnung der Familie, stand gerade mit Frau Schöps im Wohnzimmer, um mich mit ihr über Susi´s und Strolch´s Fortschritte auszutauschen und die eine oder andere Maßnahme nach zu justieren, als Frau Schöps plötzlich rief: „Er macht es schon wieder!“ Durch die offene Balkontür konnte ich beobachten, wie Strolch auf einer freien Fläche hockte, auf der sich bereits eine große Urinpfütze gebildet hatte. Frau Schöps wollte in Richtung Strolch gehen und ihn von Weiterem abhalten. Doch ich bat sie, Strolch „gewähren zu lassen“, da er mir in diesem Moment bzgl. seines Problemverhaltens „Markieren“ viele wichtige Informationen lieferte. Denn sehr schnell konnte ich erkennen: Strolch markierte gar nicht! Er zeigte klassische Unsauberkeit!
Egal ob klassische Unsauberkeit oder Markierverhalten: In beiden Fällen verrichten unsere Fellnasen ihr Geschäft außerhalb des Katzenklos. Es kommt auch vor, dass die Katzenklos parallel genutzt werden.
Die Beweggründe bei der klassischen Unsauberkeit bzw. Markierverhalten sind allerdings unterschiedlich: Während die Katze bei der klassischen Unsauberkeit mit ihrem Urin oder/und Kot-Absatz „einfach mal muss“, hat uns eine markierende Katze etwas zu sagen. Dies tut sie meist mit ihrem Urin. Seltener sind Kot-Markierungen.
Woran können Sie erkennen, ob Ihre Katze markiert oder klassische Unsauberkeit zeigt?
+++ Klassische Unsauberkeit: +++
Die gesamte Körperhaltung entspricht in der Regel der Körperhaltung, die eine Katze vor, während und nach ihrer Geschäftsverrichtung auf dem Katzenklo einnimmt.
Außerdem ist die klassische Unsauberkeit durch typische Ausscheidungsrituale gekennzeichnet (Ausnahmen bestätigen die Regel und es muss nicht immer das komplett nachfolgende Verhaltensrepertoire gezeigt werden):
• Katze scharrt vor der Ausscheidung
• Katze hockt sich hin und verrichtet ihr Geschäft
• Katze dreht sich um und begutachtet und/oder beriecht ihre Ausscheidungen
• Ausscheidungen werden imaginär zugescharrt
+++ Markierverhalten: +++
Die Katze nimmt eine im Vergleich zur klassischen Unsauberkeit eine veränderte Körperhaltung ein. In der Regel sieht diese wie folgt aus:
• Katze steht
• Rücken der Katze ist durchgedrückt
• Schwanz ist steil aufgerichtet und zittert manchmal
• Katze trippelt manchmal mit den Hinterbeinen
• Urinstrahl wird im Stehen waagrecht oder leicht aufsteigend gegen vertikale Flächen (gerne Ecken, typischerweise nahe Fenster, Türen, Schränke, neue Gegenstände etc.) gespritzt
Außerdem werden im Rahmen des Markierverhaltens typische o.g. Ausscheidungsrituale nicht gezeigt. D.h. vor allem, die
• Katze scharrt nicht
• Katze dreht sich nicht um, um ihre Ausscheidung zu begutachtet und/oder zu beriechen
Vielleicht noch ein, zwei nicht unrelevante Hinweise.
Immer wieder lassen sich Kommentare hören/lesen wie: „Kleine Urinspritzer zeigen sich bei Markierverhalten, große Urinpfützen sind ein Indiz für klassische Unsauberkeiten“. Es wäre zu schön und einfach! Auch wenn diese Aussage GANZ OFT zutrifft, gibt die Urinmenge NICHT ZWANGSLÄUFIG Aufschluss darüber, ob eine Fellnase markiert oder klassische Unsauberkeit zeigt. So ist es bspw. möglich, dass eine Katze mit einer größeren Urinmenge markiert, ebenso wie Katzen z.B. bei bestimmten Krankheiten im Rahmen einer klassischen Unsauberkeit kleine/re Urinmengen absetzen.
Darüber hinaus gibt es Fellnasen, die GRUNDSÄTZLICH als „Stehpinkler“ gelten und damit entsprechende Körperhaltung nicht unbedingt im Rahmen eines Markierverhaltens zeigen.
Und zu guter Letzt: Manche Katzen sind gleichzeitig unsauber und markieren.
Um diesen Post nicht zu lang werden zu lassen: Bzgl. Susi´s Heißhunger habe ich Herrn und Frau Schöps gebeten, den Tierarzt ihres Vertrauens mit in´s Boot zu holen. Auch, wenn ich Praktika in Tierarztpraxen absolviere, bin ich lange kein Veterinärmediziner. Dennoch hatte ich u.a. die Schilddrüse bzw. Bauchspeicheldüse in Verdacht. Ein Blutbild sollte Aufschluss geben. Strolchs Aggressionsverhalten, welches durch Unterforderung, mangelnde Spielmöglichkeiten, für Strolch ungünstiges Spielzeug sowie fehlender Rituale hervorgerufen wurde, konnten wir zwischenzeitlich -bis auf wenige Ausnahmen- in den Griff bekommen. Und Strolch´s „angebliches Markierverhalten“, welches sich als klassische Unsauberkeit entpuppte? Herr und Frau Schöps wechselten vor einigen Monaten das Katzenstreu, welches Strolch gar nicht zu behagen schien. Und auch mit einem einzigen Katzenklo schien er nicht wirklich zufrieden zu sein. Dies sind zwei von zahlreichen typischen Faktoren für eine klassische Unsauberkeit. Denn was wollte Strolch uns sagen? „Ich muss einmal, aber mit meinem Katzenklo komme ich überhaupt nicht klar!“
Hätten Sie es gewusst? 😍😻
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