26/10/2022
Gedanken rund um die Ausbildung & die Beziehung von Pferd und Mensch.
In diesem Post möchte ich ein paar meiner Gedanken rund um die Ausbildung von Pferd und Mensch und der Beziehung zueinander teilen.
Ganz wichtig: Ich teile hier natürlich "nur" meine Gedanken und meine Erfahrungen, basierend auf dem, was ich auf meinem Weg mit Pferden bisher so erlebt habe.
Ich erhebe dabei keinen Anspruch auf richtig oder falsch. Nimm dir für dein Pferd und dich mit, was ihr auf eurer Reise gebrauchen könnt.
Beziehungs(arbeit)
Für mich ist diese Komponente, dieser Baustein im System, Kern meiner Arbeit.
By the way: Früher habe ich mich so sehr gegen den Begriff Arbeit gewehrt, weil ich ihn so negativ assoziiert habe, vermutlich weil ich mit Arbeit eine lange Zeit gehorsam verbunden habe.
Aber eine gute, funktionale und stabile Beziehung, ganz egal zu welchem Lebewesen, ist meiner Auffassung nach eben nicht immer nur leicht sondern manchmal sogar eine ganze Menge Arbeit.
In einer echten Beziehung haben sowohl das Pferd als auch der Mensch ein Recht auf Mitsprache und somit eine Stimme, die gehört werden darf und möchte.
Viel zu häufig ist genau das leider nicht der Fall. Macht das Pferd eine Mitteilung, so ignoriert oder tadelt der Mensch dies. Zumeist unreflektiert, eben weil wir es in der eher konventionell geprägten Pferdewelt mal so gelernt haben.
Meiner Auffassung nach ist eine Beziehung, die auf diesem System basiert nie wirklich echt. Ein Pferd, dass so "erzogen/ ausgebildet" wird, wird dem Menschen gegenüber nie ganz seine Seele öffnen. An dieser Stelle darfst du dich selbst fragen, was du dir in der Verbindung mit deinem Pferd wünscht.
Oft werde ich nach Übungen für eine gute Beziehung gefragt. Natürlich gibt es da Übungen im Sinne einer teambildenden Maßnahme oder auch Übungen, die das Vertrauen fördern.
Das Wichtigste für eine gute Beziehung ist meiner Meinung nach jedoch die richtige Wellenlänge. Die Hauptzutaten dafür sind unter anderem Authentizität und Liebe.
Pferde lieben es, wenn Menschen authentisch sind, denn genau dann sind wir Menschen echt. Viel zu oft handeln wir im Außen ganz anders, als unser Inneres es gerne haben würde.
Manchen Menschen mag dieses Handeln vielleicht nicht auffallen, jedoch wird jedes Pferd das sofort bemerken und einen Menschen, bei dem Innen und Außen zu ambivalent zueinander sind als wenig glaubwürdig und vertrauensvoll einstufen.
Arbeit mit Pferden bedeutet immer auch Arbeit an uns selbst. Immer!
So anstrengend das manchmal sein mag, wenn wir in diesem Prozess an unsere Grenzen kommen, so sehr betrachte ich diese Tatsache heute als ein Geschenk.
Pferde helfen uns auf unfassbar einfühlsame, ehrliche und scheinbar magische Art und Weise dabei an uns selbst zu Arbeiten und zu wachsen.
Bei diesem Wachstum handelt es sich um gemeinsames Wachstum. Miteinander zusammen wachsen und sich gegenseitig dabei helfen über sich selbst hinaus zu wachsen. Ein Prozess, eine Reise bei der Pferd und Mensch Schüler und Lehrer zur gleichen Zeit sind. Wenn wir unsere Herzen dafür öffnen und uns auf diesen Prozess einlassen.
Der Ausbildungs- beziehungsweise Wachstumsprozess von Pferd und Mensch ist dynamisch und darf sich manchmal anfühlen wie eine Achterbahnfahrt; mit einer Menge Höhen und Tiefen.
Sei nicht frustriert, wenn mal etwas nicht funktioniert und lerne einen liebevollen Blick auf Fehler.
Fehrlerfreundlichkeit wird es dir und deinem Pferd auf eurem gemeinsamen Weg viel einfacher machen. Früher war mein Inneres Bild von diesem Weg immer eher eine Strecke im Sinne von "Start" und "Ziel".
Heute habe ich eher das Bild von einem Wegesystem im Wald im Kopf. Es ist ganz normal, dass man an vielen Punkten und Themen immer wieder ankommt und manche Wege wieder und wieder wandert. Betrachte dies bitte nicht als Niederlage, sondern Lerne dich deines Weges zu erfreuen. Je besser ihr euch in eurem Wald auskennt, desto weniger lauft ihr Gefahr euch zu verlaufen. Und auch das ist am Anfang ganz normal.
Ein Aspekt, den du nie aus dem Auge verlieren solltest ist der Spaß bei der ganzen Sache; natürlich für beide Akteure!
Damit meine ich nicht, dass immer alles Spaß machen muss. Wie wir weiter oben bereits festgestellt haben, ist die Arbeit mit Pferden immer auch Arbeit an uns selbst und das macht nicht immer unbedingt Spaß.
Was ich meine ist, nicht immer alles so ernst zu nehmen und Freude in der Gegenwart zu haben, anstatt zu zukunfstorientiert zu sein und den Prozess nicht zu genießen.
Begebe dich auf die Suche, was dir Spaß macht. Es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten und Crossover zwischen verschiedenen Disziplinen. Probiere aus, wo du dein Pferd und euch wiederfindet.
Wo liegt eurer verstecktes Talent?
Neben den verschiedenen Themenbereichen beziehungsweise Disziplinen in der Pferdeausbildung möchte ich noch auf eines meiner Lieblingsthemen kommen; die verschiedenen Energielevel.
Die Interaktion mit Pferden kann so viele verschiedene Energielevel haben. Von der Arbeit im Stand über den rasanten Galopp übers Stoppelfeld. Natürlich gibt es dabei nicht nur viel und wenig Energie. Energie kann sich beispielsweise zentrieren, sammeln oder auch entladen. Es wird Tage geben an, denen dein Pferd und du das gleiche Energielevel habt und Tage an denen ihr in unterschiedlichen Level unterwegs seid.
Meiner Erfahrung nach geschieht es viel zu oft, dass Menschen die Pferde über zu lange Zeit in einem Level arbeiten, dass ausschließlich in der Komfortzone des Menschen liegt. Versuche nicht ein Pferd in ein "Level" zu bringen, in dem es sich zu diesem Zeitpunkt nicht wohl fühlt.
Ein weiterer Aspekt, den ich auf jeden Fall ansprechen möchte ist die Balance. Dabei meine ich mentale, emotionale und körperliche Balance, die in Verbindung miteinander stehen und nicht getrennt voneinander betrachtet werden können.
Häufig beschränkt sich die Sicht auf Balance meiner Ansicht nach auf die körperliche Ebene ohne die andern Ebenen zu betrachten und mit einzubeziehen.
Sprich, du kannst den Körper einers Pferdes trainieren, so viel du willst, es wird vermutlich nie in eine gute Balance finden, wenn es sich psychisch in seiner Rolle nicht wohl fühlt.
Lerne Detektiv zu sein und nutze dein Bauchgefühl als Lupe. Häufig fühlen wir Dinge besser, als wir sie mit den Augen beobachten können.
Balance ist im übrigen meiner heutigen Ansicht nach kein Zustand, denn man erreicht. Das wäre viel zu einfach.
Natürlich können wir an uns und unseren Pferden arbeiten und auf körperlicher Ebene die Grundlage für eine bessere Balance schaffen, die uns dabei hilft häufiger in diese zu finden.
Dennoch unterliegt sie so vielen Faktoren, dass nur selten alle zusammen kommen und man Momente der Balance erleben kann und darf. Ich betrachte diese Momente mittlerweile als Geschenk. Mich beflügeln wenige Sekunden in Balance, die ich fühlen konnte, oft den ganzenen Tag lang.
Kennst du dieses Gefühl auch?
Wenn ich dir abschließend noch ein paar meiner Erkenntnisse als Impulse mitgeben darf, dann sollen es diese sein:
Lerne die Dinge auf ihre Echtheit zu überprüfen und lass dir nicht einreden, dass etwas richtig ist, wenn es sich für dich nicht richtig anfühlt. Behalte dabei immer dein Pferd und dich im Fokus und fokussiere dich nicht auf Erwartungen, die andere an euch haben.
Nur, weil manche Dinge in der Pferdewelt als normal gelten, bedeutet das noch lange nicht, dass sie richtig sind. Überprüfe etwas immer auf dein eigenes Wertesystem und behalte die Augen deines Pferdes im Blick.
Probiere Dinge aus und sei offen für Veränderung. Dabei dürfen Fehler passieren, wir erinnern uns in diesem Zusammenhang an das Thema Fehrlerfreundlichkeit 😉.
Wenn dir meine Gedanken gefallen haben, dann like diesen Post, teile ihn oder lass mir einen Kommentar da.
Ich wünsch dir was
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📷Rosah Sahin