26/02/2024
Warum rein natürliche Fütterung?
Warum ist mir die rein natürliche Fütterung nach wie vor so wichtig?
Das werde und wurde ich über die Jahre (dieses Jahr schon ganze 18) immer wieder gefragt.
Es scheint gerade für eine Tierärztin sehr ungewöhnlich zu sein und hat mir anfangs sehr viel Gegenwind eingebracht.
Insbesondere in der Pferdefütterung war u.a. durch geschicktes Marketing damals die unangefochtene Devise, dass es ohne Produkte mit synthetischen ernährungsphysiologischen Zusatzstoffen gar nicht mehr möglich war Pferde so zu füttern, dass sie gesund bleiben. Auch wenn dies bei den Generationen davor ja scheinbar doch möglich gewesen ist und erst mit dem Aufkommen der Spezialfutter auch die zugehörigen Probleme zunahmen.
Durch die Weitergabe des Wissens um die physiologischen Zusammenhänge, die ich mir über die Jahre erarbeitet und ohne Rücksicht auf eigene Vorteile und Befindlichkeiten verbreitet habe, hat sich dies zumindest teilweise gewandelt.
Immer mehr stößt der Ansatz, so weit wie irgendwie möglich, rein natürlich zu füttern auf Interesse und nicht mehr die generelle Ablehnung die mir in der Anfangszeit so oft entgegenkam.
Dies liegt einmal sicher daran, dass sich der Erfolg so zu füttern herumgesprochen hat und die zugrundeliegenden Zusammenhänge weitergegeben wurden.
Aber es wird auch immer deutlicher, dass sich die momentane Fütterung auf Basis synthetischer Vitamine und industriell hergestellter Mineralverbindungen in eine Sackgasse führt, aus der es kaum ein herauskommen mehr gibt.
Anfangs waren es insbesondere die vermeintlich robusten Ponys und Spezialrassen, die direkt und unmittelbar die Schadwirkung konzentrierter synthetischer Zusatzstoffe aufzeigten. Denn ihr Stoffwechel und ihre Entgiftungsorgane sind auf eine andere, meist kargere Ernährung eingestellt als die der heimischen Warmblüter. Stoffwechselstörungen, die mit Insulinresistenz und Hufrehe einhergehen sind neben Entgiftungsreaktionen die zu Problemen mit Haut, Lunge, Darm etc. führen, bei diesen schon lange eher die Regel als die Ausnahme.
Aber mittlerweile sind auch bei den bisher weniger empfindlichen Rassen die Folgen dieser veränderten Nahrungsbestandteile mehr als deutlich sichtbar.
Während die genügsameren Rassen aus Regionen mit weniger reichhaltigem Grünland (und dabei ist es nicht von Bedeutung ob dies wegen kälterem oder wärmerem Klima der Fall ist) häufig schon direkt sehr empfindlich auf alles reagieren, was die Entgiftungsorgane und den Zellstoffwechsel belastet und sie daher heutzutage nicht mehr als robust gelten, wie weit in die 90er Jahre hinein, sondern als besonders empfindlich.
Dagegen sind die heimischen Warmblüter größtenteils lange durch ihre bessere Leberkapazität, Entgiftungsfähigkeit und allgemeine Anpassung auf reichhaltigere Fütterung und größere Kraftfuttermengen recht glimpflich davongekommen. Sie zeigten, wenn überhaupt erst im höheren Alter die Schadwirkung der hohen Dosen synthetischer Vitamine und der Zwangsverstoffwechselung von chelatierten Mineralverbindungen.
Dies hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert und es werden nicht nur immer mehr, früher recht unempfindliche, Pferdetypen von Hufrehe und ähnlichen,vorwiegend durch Stoffwechselstörungen bedingten Erkrankungen sowie der typischen Entgiftungssymptomatik über Haut und Schleimhäute betroffen.
Auch neue Symptome und Syndrome wie insbesondere PSSM2 mittlerweile MIM genannt (teilweise mit prädisponierenden Genotypen verbunden, aber immer häufiger auch ohne diese vorhanden) zeigen sich sehr häufig gerade bei diesen Rassen. Gerade hier werden immer abenteuerlichere Fütterungsmethoden entwickelt um diesen Herr zu werden. Was aber in den allermeisten mir bekannten Fällen nicht dauerhaft gelingt (mein Maßstab ist hier nicht einige reitbare Jahre zu ermöglichen sondern ich möchte ein dauerhaft möglichst gesundes Pferd, das so auch ein schönes Alter erreichen kann).
Fast zwei Jahrzehnte Erfahrung mit dem positiven Einfluss einer rein natürlichen Fütterung auf alles was ein Pferd so an Symptomen zeigen kann ließen mich logischerweise auch dies auf die rein natürliche Weise angehen und siehe da, meine altbewährte Vorgehensweise brachte durch die Bank eine deutliche Besserung wenn nicht sogar zumindest zeitweise ein vollständiges Verschwinden der Symptomatik.
Dies zeigt erneut, dass ein Großteil der Probleme die Pferde jedweder Rasse heutzutage haben größtenteils durch die moderne Fütterung ausgelöst werden.
Während ich mich in der Vergangenheit hauptsächlich mit der direkten, meist primär beim Menschen nachgewiesenen, Schadwirkung der synthetischen Futterzusätze beschäftigt habe (z.B. Einfluss auf Insulin- und Energiestoffwechsel durch antioxidative Vitamine und Selen, präformiertes Vitamin A als Leberbelastung und Calciumräuber, präformiertes Vitamin D3 als Auslöser von Kalzifizierungen, kanzerogene Wirkungen synthetischer Vitamine etc.) so haben mich in jüngerer Zeit interessante Studien ( z.B. Veränderungen des Dickdarmmikrobioms beim Pferd durch Zinkgabe) und die Tatsache, dass es bei vielen Pferden durch eine Erhöhung der Proteinmenge zeitweilig zu einer symptomatischen Verbesserung kommt (während es ja bisher immer hieß dass Pferde rohfasereich aber eiweißarm gefüttert werden müssten) auf eine Fährte gebracht, die mich ganz zurück zu den Anfängen meiner Beschäftigung mit natürlicher Fütterung führt.
Als ich vor 18 Jahren die ersten Kontakte mit der natürlichen Fütterung hatte, war das Wichtigste (neben der optimalen Mikronährstoffversorgung ohne Belastung der Entgiftungsorgane) die Kondition und Funktion von Darm und Leber. Beides Organsysteme deren zentrale Bedeutung mir im Studium nur unzureichend nahegebracht wurde.
Insbesondere was den Darm angeht hat sich dies zwischenzeitlich geändert und gerade die zentrale Bedeutung des Mikrobioms und des Darmimmunsystems sind mittlerweile allgemein anerkannt.
Die vielfältigen Aufgaben der Leber fristen dagegen in der öffentlichen Wahrnehmung noch ein Schattendasein, sind aber im Großen und Ganzen recht gut erforscht.
Eine der Hauptaufgaben einer nicht überlasteten Leber ist die Synthese von nicht-essentiellen Aminosäuren u.a. aus den freien Fettsäuren, die beim Pferd überwiegend das umfangreiche Mikrobiom der sekundären Gärkammer des Dickdarms produziert. Auch fertige Aminosäuren inklusive ein Teil der essentiellen Aminosäuren werden direkt aus dem Dickdarm resorbiert.
Aber ein Großteil der vom Körper als Bausteine benötigten Proteine besteht aus nicht-essentiellen Aminosäuren. Es wäre ja auch ziemlich unpraktisch, wenn er das, was am meisten gebraucht wird, nicht selber herstellen könnte.
Sind aber Darmmikrobiom und/oder Darmschleimhaut geschädigt, dann können diese Vorstufen für körpereigenes Eiweiß nicht in der nötigen Menge resorbiert werden. Ist dazu noch die Leber überlastet, dann haben Entgiftungsfunktionen eine höhere Priorität als die Bildung von Aminosäuren. Dadurch kommt es zu einem Mangel an diesen, der nur sehr begrenzt und nicht dauerhaft über die Aufnahme aus dem Dünndarm ausgeglichen werden kann.
Denn als Pflanzenfresser ohne Vormagenverdauung ist der Dünndarm des Pferdes nicht auf die Aufnahme größerer Mengen Aminosäuren und Peptiden ausgerichtet und dazu belasten diese dauerhaft auch wieder die Leber, deren Aufgabe es ja ist sie zu verstoffwechseln. In Folge durch den gebildeten Harnstoff werden zudem auch die Nieren belastet.
Dadurch erklärt sich die typische (meist eben nur vorübergehende) Verbesserung der Symptomatik nach Erhöhung der Proteinmenge in der Ration.
Dauerhaft und nachhaltig kann eine Verbesserung aber nur durch den Ansatz die Darm- und Leberfunktionen zu unterstützen erreicht werden. Hierfür braucht es teilweise Geduld und einen langen Atem, aber es ist eine reelle Chance nachhaltige Erfolge zu erzielen.
Es ist meiner Einschätzung nach, unabhängig von dem, wie man die Folgen dieser Problematik nennen möchte oder wie sie sich zeigt absolut unabdingbar, dass hier in der Fütterung und auch in der Gewinnung der Futtermittel ( Stichwort Glyphosat: bildet unlösliche Komplexe mit Mineralien und stört Darm und Mikrobiom) umgedacht wird, wenn man dauerhaft noch gesunde reitbare Pferde haben möchte.
Denn auch instabiles Bindegewebe mit all seinen Folgen für den Bewegungsapparat, das wir mittlerweile bei sehr vielen Pferden sehen, kann durch einenMangel an den für dieses benötigten nicht-essentiellen Aminosäuren hervorgerufen werden.
Ich möchte alle Pferdefreunde eindringlich bitten vor diesem Hintergrund ihre bisherige Fütterung zu überdenken.
Die exponentielle Entwicklung der letzten Jahren macht es meiner Meinung nach unbedingt notwendig.