29/11/2025
Eine Einordnung.
Eigentlich wollte ich nichts zu dem Thema „𝗕𝗶𝘁𝘁𝗲𝗿𝗲 𝗣𝗶𝗹𝗹𝗲𝗻: 𝗪𝗮𝗿𝘂𝗺 𝘄𝗶𝗿 𝗮𝘂𝗳𝗵ö𝗿𝗲𝗻 𝘀𝗼𝗹𝗹𝘁𝗲𝗻, 𝗛𝘂𝗻𝗱𝗲𝗻 𝗣𝘀𝘆𝗰𝗵𝗼𝗽𝗵𝗮𝗿𝗺𝗮𝗸𝗮 𝘇𝘂 𝘃𝗲𝗿𝗮𝗯𝗿𝗲𝗶𝗰𝗵𝗲𝗻“ schreiben. Aber – ja es geht potenziell um das Wohlergehen von Hunden, gerade vor Silvester. Auch bei mir hat der Beitrag etliche Fragen aufgeworfen, gerade was die 𝗹𝗼𝗴𝗶𝘀𝗰𝗵𝗲 𝗛𝗲𝗿𝗹𝗲𝗶𝘁𝘂𝗻𝗴 𝗱𝗲𝗿 𝗦𝗰𝗵𝗹𝘂𝘀𝘀𝗳𝗼𝗹𝗴𝗲𝗿𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻 betrifft, aber auch die 𝗔𝘂𝘀𝘄𝗮𝗵𝗹 𝗱𝗲𝗿 𝘇𝗶𝘁𝗶𝗲𝗿𝘁𝗲𝗻 𝗦𝘁𝘂𝗱𝗶𝗲𝗻. 𝗦𝗰𝗵𝗿𝗲𝗶𝗯𝘁 𝗺𝗶𝗿 𝗴𝗲𝗿𝗻𝗲 in die Kommentare, 𝘄𝗮𝘀 𝗶𝗵𝗿 𝘇𝘂 𝗻𝗮𝗰𝗵𝗳𝗼𝗹𝗴𝗲𝗻𝗱𝗲𝗻 Ü𝗯𝗲𝗿𝗹𝗲𝗴𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻 𝗱𝗲𝗻𝗸𝘁.
• Kann es sinnvoll sein, VERSCHIEDENSTE WIRKSTOFFE für den KURZ- und LANGFRISTIGEN Einsatz in einen Topf zu werfen und Schlussfolgerungen für ALLE zu ziehen?
• Können wir von Meta-Analysen zu EINER Medikamentenklasse (Antidepressiva) für EINE Indikation (Depression) in EINER Spezies (Mensch) ableiten, dass ALLE Medikamentenklassen für ALLE Indikationen und ALLE Tierarten kontraproduktiv sind?
• Ergibt es wirklich Sinn, aus HUMANSTUDIEN zu DEPRESSION die Schlussfolgerung ziehen, dass ALLE Medikamente, die für die Indikation ANGST bei HUNDEN verwendet werden, kontraproduktiv sind?
• Wenn wir schon von Menschen auf Hunde schließen, bei Hunden Psychopharmaka aber in den meisten Fällen aufgrund von Angst und nicht für Depression verschrieben werden – warum wird nicht die 𝗡𝗘𝗨𝗘𝗦𝗧𝗘 𝗠𝗘𝗧𝗔-𝗔𝗡𝗔𝗟𝗬𝗦𝗘 𝘇𝘂 𝗔𝗡𝗚𝗦𝗧 zitiert, anstatt sich auf Depressionen bei Menschen zu versteifen?
𝑴ü𝒍𝒍𝒆𝒓 𝒆𝒕 𝒂𝒍. (2025). 𝑪𝒐𝒎𝒑𝒂𝒓𝒂𝒕𝒊𝒗𝒆 𝒆𝒇𝒇𝒊𝒄𝒂𝒄𝒚 𝒂𝒏𝒅 𝒂𝒄𝒄𝒆𝒑𝒕𝒂𝒃𝒊𝒍𝒊𝒕𝒚 𝒐𝒇 𝒂𝒏𝒙𝒊𝒐𝒍𝒚𝒕𝒊𝒄 𝒅𝒓𝒖𝒈𝒔 𝒇𝒐𝒓 𝒕𝒉𝒆 𝒕𝒓𝒆𝒂𝒕𝒎𝒆𝒏𝒕 𝒐𝒇 𝒂𝒏𝒙𝒊𝒆𝒕𝒚 𝒅𝒊𝒔𝒐𝒓𝒅𝒆𝒓𝒔: 𝒂 𝒔𝒚𝒔𝒕𝒆𝒎𝒂𝒕𝒊𝒄 𝒓𝒆𝒗𝒊𝒆𝒘 𝒂𝒏𝒅 𝒏𝒆𝒕𝒘𝒐𝒓𝒌 𝒎𝒆𝒕𝒂-𝒂𝒏𝒂𝒍𝒚𝒔𝒊𝒔. 𝑬𝒖𝒓𝒐𝒑𝒆𝒂𝒏 𝑨𝒓𝒄𝒉𝒊𝒗𝒆𝒔 𝒐𝒇 𝑷𝒔𝒚𝒄𝒉𝒊𝒂𝒕𝒓𝒚 𝒂𝒏𝒅 𝑪𝒍𝒊𝒏𝒊𝒄𝒂𝒍 𝑵𝒆𝒖𝒓𝒐𝒔𝒄𝒊𝒆𝒏𝒄𝒆, 1-16.
𝗭𝗶𝘁𝗮𝘁: Analysis of 100 trials involving 28,637 participants showed that 𝗺𝗼𝘀𝘁 𝗮𝗰𝘁𝗶𝘃𝗲 𝗱𝗿𝘂𝗴𝘀 𝘄𝗲𝗿𝗲 𝗺𝗼𝗿𝗲 𝗲𝗳𝗳𝗲𝗰𝘁𝗶𝘃𝗲 𝘁𝗵𝗮𝗻 𝗽𝗹𝗮𝗰𝗲𝗯𝗼 𝗶𝗻 𝗿𝗲𝗱𝘂𝗰𝗶𝗻𝗴 𝗮𝗻𝘅𝗶𝗲𝘁𝘆.
Es ist vollkommen richtig, dass 𝗹𝗮𝗻𝗴𝗳𝗿𝗶𝘀𝘁𝗶𝗴𝗲 𝗔𝗻𝘄𝗲𝗻𝗱𝘂𝗻𝗴 𝘃𝗼𝗻 𝗕𝗲𝗻𝘇𝗼𝗱𝗶𝗮𝘇𝗲𝗽𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗸𝗼𝗻𝘁𝗿𝗮𝗶𝗻𝗱𝗶𝘇𝗶𝗲𝗿𝘁 ist. Diese Info ist auch schon seit langem bei Fachpersonen in Psychiatrie und Tierverhaltensmedizin angekommen. Zumindest kenne ich keine:n Verhaltensmediziner:in, der/ die Benzodiazepine für den langfristigen Einsatz verschreiben würde, und ich habe auch schon einige Fortbildungen von Verhaltenstierärzt:innen zu dem Thema besucht. 𝗙ü𝗿 𝗱𝗲𝗻 𝗸𝘂𝗿𝘇𝗳𝗿𝗶𝘀𝘁𝗶𝗴𝗲𝗻 𝗘𝗶𝗻𝘀𝗮𝘁𝘇 (𝘇.𝗕. 𝗲𝗶𝗻𝗺𝗮𝗹𝗶𝗴 𝗶𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗦𝗶𝗹𝘃𝗲𝘀𝘁𝗲𝗿𝗻𝗮𝗰𝗵𝘁) 𝗯𝗲𝘀𝘁𝗲𝗵𝗲𝗻 𝗱𝗶𝗲𝘀𝗲 𝗥𝗶𝘀𝗶𝗸𝗲𝗻 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁. Auch die Langzeitfolgen sind daher kein Argument, das 𝗽𝗮𝘂𝘀𝗰𝗵𝗮𝗹 gegen die Verwendung von Psychopharmaka spricht.
Die Wirkungslosigkeit von Psychopharmaka für Hunde wird damit „belegt“, dass es für Gabapentin bei Hunden nur schwache Evidenz gibt – womit ich absolut konform gehe. Jedoch wird ignoriert, dass es 𝗱𝘂𝗿𝗰𝗵𝗮𝘂𝘀 𝗽𝗹𝗮𝗰𝗲𝗯𝗼-𝗸𝗼𝗻𝘁𝗿𝗼𝗹𝗹𝗶𝗲𝗿𝘁𝗲 und 𝘃𝗲𝗿𝗯𝗹𝗶𝗻𝗱𝗲𝘁𝗲 𝗦𝘁𝘂𝗱𝗶𝗲𝗻 𝘇𝘂 𝗠𝗲𝗱𝗶𝗸𝗮𝗺𝗲𝗻𝘁𝗲𝗻 𝗮𝗻𝗱𝗲𝗿𝗲𝗿 𝗪𝗶𝗿𝗸𝘀𝘁𝗼𝗳𝗳𝗸𝗹𝗮𝘀𝘀𝗲𝗻 𝗴𝗶𝗯𝘁, 𝗺𝗶𝘁 𝗽𝗼𝘀𝗶𝘁𝗶𝘃𝗲𝗻 𝗘𝗳𝗳𝗲𝗸𝘁𝗲𝗻 (siehe unten).
Psychopharmaka sollten niemals leichtfertig verschrieben werden, weder bei Mensch noch Tier. Selbstverständlich steht am Beginn JEDER verhaltensmedizinischen Konsultation eine gründliche körperliche Untersuchung mit Blutbild, Schmerzabklärung usw. und gegebenenfalls Behandlung des gesundheitlichen Problems. Wenn nach eingehenden Abwägen aller Pros und Kontras ein Medikament durch einen Tierarzt/ eine Tierärztin mit Spezialisierung auf Verhaltensmedizin für sinnvoll erachtet wird, ist dies 𝗶𝗻 𝗱𝗲𝗻 𝗮𝗹𝗹𝗲𝗿𝗺𝗲𝗶𝘀𝘁𝗲𝗻 𝗙ä𝗹𝗹𝗲𝗻 𝗲𝗶𝗻𝗲 𝘃𝗼𝗿𝘂̈𝗯𝗲𝗿𝗴𝗲𝗵𝗲𝗻𝗱𝗲 𝗨𝗻𝘁𝗲𝗿𝘀𝘁𝘂̈𝘁𝘇𝘂𝗻𝗴 (zum Beispiel für einige Monate).
Sehr 𝗵ä𝘂𝗳𝗶𝗴 𝗮𝘂𝗰𝗵 𝗻𝘂𝗿 𝗶𝗻 𝗔𝗸𝘂𝘁𝗳ä𝗹𝗹𝗲𝗻, z.B. einmalig in der Silvesternacht, oder auch z.B. bei Hunden, die Panik vor einem Tierarztbesuch haben. Die wenigsten Hunde sind lebenslang auf Psychopharmaka angewiesen, denn Verhaltensmediziner:innen und viele Trainer:innen sind sich einig, dass 𝗠𝗲𝗱𝗶𝗸𝗮𝗺𝗲𝗻𝘁𝗲 𝗻𝘂𝗿 𝗲𝗶𝗻 𝗕𝗮𝘂𝘀𝘁𝗲𝗶𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗧𝗵𝗲𝗿𝗮𝗽𝗶𝗲 𝘀𝗲𝗶𝗻 𝗸𝗼̈𝗻𝗻𝗲𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝗔𝗻𝗽𝗮𝘀𝘀𝘂𝗻𝗴 𝗱𝗲𝗿 𝗨𝗺𝘄𝗲𝗹𝘁 𝘂𝗻𝗱 𝗧𝗿𝗮𝗶𝗻𝗶𝗻𝗴 𝗺𝗶𝘁 𝗱𝗲𝗺 𝗛𝘂𝗻𝗱 𝗱𝗲𝗿 𝗦𝗰𝗵𝗹ü𝘀𝘀𝗲𝗹 𝘀𝗶𝗻𝗱 𝗳ü𝗿 𝗲𝗶𝗻𝗲 𝗲𝗿𝗳𝗼𝗹𝗴𝗿𝗲𝗶𝗰𝗵𝗲 𝗧𝗵𝗲𝗿𝗮𝗽𝗶𝗲.
Wenn jeder in einem Chalet in den Schweizer Bergen wohnen würde, wäre Management wie Vermeidung von Situationen, welche Stress auslösen und langsame Heranführung an diese Situationen sowie Vorbereitung darauf in anderen Kontexten die erste Wahl. Doch die Lebensrealität von vielen Hunden und Menschen sieht einfach anders aus. Ein Umzug in ein Bergdorf ist selten eine realistische Option, und viele Menschen haben neben Hund/en und Partner/in noch andere Verpflichtungen, finanzielle Einschränkungen etc. – und doch lieben sie ihr hündisches Familienmitglied!
Wenn ein Hund generalisierte Ängste zeigt oder mit Aspekten seiner Umwelt momentan überfordert ist, kann eine (vorübergehende) medikamentöse Unterstützung ein wichtiges Werkzeug sein, um die 𝗟𝗲𝗯𝗲𝗻𝘀𝗾𝘂𝗮𝗹𝗶𝘁ä𝘁 𝗱𝗲𝘀 𝗛𝘂𝗻𝗱𝗲𝘀 zu verbessern, ihm 𝗣𝗮𝗻𝗶𝗸 𝘂𝗻𝗱 (𝗿𝗲-)𝘁𝗿𝗮𝘂𝗺𝗮𝘁𝗶𝘀𝗶𝗲𝗿𝗲𝗻𝗱𝗲 𝗘𝗿𝗳𝗮𝗵𝗿𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻 𝗲𝗿𝘀𝗽𝗮𝗿𝗲𝗻 (z.B. im Tierarzt-Kontext) oder es ihm zu ermöglichen, von einem dauerhaft hohen Stresslevel herunter zu kommen, um überhaupt neue Lernerfahrungen machen und abspeichern zu können.
In einer Studie von Gruen et al. (2020) kam z.B. heraus, dass mit wiederholten Gewittern oder anderen Lärmereignissen unter Einfluss von Sileo immer weniger des Medikaments notwendig wurde, vermutlich weil die Hunde lernen konnten, dass Gewitter nicht so gefährlich sind wie ursprünglich empfunden. Noch viel effektiver wäre es natürlich gewesen, zudem eine Gegenkonditionierung durchzuführen und aktiv für positive Emotionen zu sorgen (vgl. Riemer, 2020) zur Effektivität der ad hoc Gegenkonditionierung).
Daher - weil es gerade aktuell ist: 𝗱𝗶𝗲 𝗸𝘂𝗿𝘇𝗳𝗿𝗶𝘀𝘁𝗶𝗴𝗲 𝗚𝗮𝗯𝗲 𝘃𝗼𝗻 𝗠𝗲𝗱𝗶𝗸𝗮𝗺𝗲𝗻𝘁𝗲𝗻 𝘇𝘂 𝗦𝗶𝗹𝘃𝗲𝘀𝘁𝗲𝗿 𝗸𝗮𝗻𝗻 𝗱𝗶𝗲 𝗟𝗲𝗯𝗲𝗻𝘀𝗾𝘂𝗮𝗹𝗶𝘁𝗮̈𝘁 𝘃𝗼𝗻 𝗛𝘂𝗻𝗱𝗲𝗻 𝗺𝗶𝘁 𝗚𝗲𝗿ä𝘂𝘀𝗰𝗵𝗽𝗮𝗻𝗶𝗸 𝘄𝗲𝘀𝗲𝗻𝘁𝗹𝗶𝗰𝗵 𝘃𝗲𝗿𝗯𝗲𝘀𝘀𝗲𝗿𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝗻𝗲𝗴𝗮𝘁𝗶𝘃𝗲 𝗟𝗲𝗿𝗻𝗲𝗿𝗳𝗮𝗵𝗿𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻 𝘃𝗲𝗿𝗵𝗶𝗻𝗱𝗲𝗿𝗻.
𝗛𝗶𝗲𝗿 𝗲𝗶𝗻𝗲 𝗭𝘂𝘀𝗮𝗺𝗺𝗲𝗻𝗳𝗮𝘀𝘀𝘂𝗻𝗴 𝗱𝗲𝗿 𝗿𝗲𝗹𝗲𝘃𝗮𝗻𝘁𝗲𝗻 𝗦𝘁𝘂𝗱𝗶𝗲𝗻 𝘇𝘂𝗺 𝗧𝗵𝗲𝗺𝗮 𝗚𝗲𝗿𝗮̈𝘂𝘀𝗰𝗵𝗮𝗻𝗴𝘀𝘁 𝗯𝗲𝗶 𝗛𝘂𝗻𝗱𝗲𝗻:
Die Wirksamkeit von Sileo® (Korpivaara et al, 2017) und Pexion (Engel et al, 2019) wurde durch placebokontrollierte, doppelverblindete klinische Feldstudien demonstriert. Für beide Medikamente berichteten mehr als zwei Drittel der Halter:innen deren Hunde Sileo bzw. Pexion erhielten von eine gute bis ausgezeichnete Wirkung des Arzneimittels während des Silvesterfeuerwerks – doppelt so viele wie in den Placebogruppen (Engel et al, 2019; Korpivaara et al, 2017).
Eine kleinere Studie verglich die Wirkungen von Trazodon mit der von Sileo® an Silvester (keine Placebogruppe) und fand, dass beide Medikamente wirksam waren. Allerdings waren die Reduktion der Angstwerte und die Zufriedenheit der Besitzer signifikant größer für Trazodon (87,5 % der Besitzer zufrieden) als für Sileo® (61,1 % der Besitzer zufrieden) (Harting et al, 2018).
Es gibt sogar Hinweise darauf, dass die wiederholte Verabreichung von Sileo® während verschiedener Arten von Lärmereignissen es Hunden ermöglichte, besser mit dem Lärm umzugehen, sodass die Verwendung der Medikation reduziert werden konnte (Gruen et al., 2020).
In einer doppelverblindeten Cross-over-Studie war Gabapentin mit signifikant niedrigeren Angstwerten während Gewittern bei Hunden assoziiert, obwohl drei von achtzehn Probanden höhere Angstwerte unter Gabapentin hatten als bei Verabreichung eines Placebos (Bleuer-Elsner et al., 2021). (Ja – gemäß der derzeitigen Studienlage finde ich die Verwendung von Gabapentin – zumindest als alleinige Medikation – auch nicht sonderlich zielführend).
𝗙𝗮𝘇𝗶𝘁: Der Einsatz von angstlösenden Medikamenten sollte gut abgewogen werden. Jedes Medikament kann Nebenwirkungen haben. Doch 𝘄𝗲𝗻𝗻 𝗠𝗮𝗻𝗮𝗴𝗲𝗺𝗲𝗻𝘁 𝘂𝗻𝗱 𝗧𝗿𝗮𝗶𝗻𝗶𝗻𝗴 (𝗻𝗼𝗰𝗵) 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗮𝘂𝘀𝗿𝗲𝗶𝗰𝗵𝗲𝗻, 𝘂𝗺 𝘀𝘁𝗮𝗿𝗸𝗲 Ä𝗻𝗴𝘀𝘁𝗲 𝘂𝗻𝗱 𝗣𝗮𝗻𝗶𝗸𝗿𝗲𝗮𝗸𝘁𝗶𝗼𝗻𝗲𝗻 𝘇𝘂 𝘃𝗲𝗿𝗵𝗶𝗻𝗱𝗲𝗿𝗻, 𝗸𝗮𝗻𝗻 𝗺𝗲𝗱𝗶𝗸𝗮𝗺𝗲𝗻𝘁ö𝘀𝗲 𝗨𝗻𝘁𝗲𝗿𝘀𝘁ü𝘁𝘇𝘂𝗻𝗴 𝗱𝗮𝘀 𝗪𝗼𝗵𝗹𝗯𝗲𝗳𝗶𝗻𝗱𝗲𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝗱𝗶𝗲 𝗟𝗲𝗯𝗲𝗻𝘀𝗾𝘂𝗮𝗹𝗶𝘁ä𝘁 𝗱𝗲𝘀 𝗯𝗲𝘁𝗿𝗼𝗳𝗳𝗲𝗻𝗲𝗻 𝗛𝘂𝗻𝗱𝗲𝘀 𝘃𝗲𝗿𝗯𝗲𝘀𝘀𝗲𝗿𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝗶𝗻 𝗺𝗮𝗻𝗰𝗵𝗲𝗻 𝗙𝗮̈𝗹𝗹𝗲𝗻 𝗧𝗿𝗮𝗶𝗻𝗶𝗻𝗴 𝘂𝗻𝗱 𝗩𝗲𝗿𝗵𝗮𝗹𝘁𝗲𝗻𝘀𝗺𝗼𝗱𝗶𝗳𝗶𝗸𝗮𝘁𝗶𝗼𝗻 𝘂̈𝗯𝗲𝗿𝗵𝗮𝘂𝗽𝘁 𝗲𝗿𝘀𝘁 𝗺ö𝗴𝗹𝗶𝗰𝗵 𝗺𝗮𝗰𝗵𝗲𝗻.
𝗪𝗶𝗰𝗵𝘁𝗶𝗴: das Gehirn ist viel zu komplex, um es auf einfache Erklärungen wie „Serotoninmangel“ herunterzubrechen. Daher kann es auch tatsächlich zum Teil Versuch und Irrtum sein, welches Medikament bei welchem Tier wirkt und welche Dosierung optimal ist. Wie die Verhaltensmedizinerin Dr. Karen Overall sagt „𝐈𝐭 𝐢𝐬 𝐧𝐨𝐭 𝐚 𝐝𝐫𝐮𝐠 𝐟𝐨𝐫 𝐚 𝐜𝐨𝐧𝐝𝐢𝐭𝐢𝐨𝐧. 𝐈𝐭 𝐢𝐬 𝐓𝐇𝐀𝐓 𝐝𝐨𝐠, 𝐓𝐇𝐀𝐓 𝐜𝐚𝐭“. Daher verweise ich auch immer auf ausgebildete Verhaltensmediziner:innen, denn sie haben das relevante Know-How und viel Erfahrung – nicht selten ist auch eine Kombination aus zwei Medikamenten effektiver (Simpson and Papich, 2003). Natürlich sollten 𝗣𝘀𝘆𝗰𝗵𝗼𝗽𝗵𝗮𝗿𝗺𝗮𝗸𝗮 𝗻𝗶𝗲 𝗱𝗶𝗲 𝗮𝗹𝗹𝗲𝗶𝗻𝗶𝗴𝗲 𝗧𝗵𝗲𝗿𝗮𝗽𝗶𝗲 sein – sondern sie dienen einerseits dazu, dem Hunde 𝘀𝘁𝗮𝗿𝗸𝗲, ansonsten unvermeidbare, Ä𝗻𝗴𝘀𝘁𝗲 zu 𝗲𝗿𝘀𝗽𝗮𝗿𝗲𝗻, andererseits können sie 𝗧ü𝗿ö𝗳𝗳𝗻𝗲𝗿 𝗳ü𝗿 𝗲𝗶𝗻 𝗲𝗳𝗳𝗲𝗸𝘁𝗶𝘃𝗲𝘀 𝗩𝗲𝗿𝗵𝗮𝗹𝘁𝗲𝗻𝘀𝘁𝗿𝗮𝗶𝗻𝗶𝗻𝗴 𝘀𝗲𝗶𝗻.
𝗣𝗦: 𝗪𝗶𝗹𝗹𝘀𝘁 𝗱𝘂 𝗺𝗲𝗵𝗿 𝗲𝗿𝗳𝗮𝗵𝗿𝗲𝗻, 𝘄𝗲𝗹𝗰𝗵𝗲 𝗠𝗮𝗻𝗮𝗴𝗲𝗺𝗲𝗻𝘁-𝘂𝗻𝗱 𝗧𝗿𝗮𝗶𝗻𝗶𝗻𝗴𝘀𝗺𝗮ß𝗻𝗮𝗵𝗺𝗲𝗻 𝗯𝗲𝗶 𝗚𝗲𝗿ä𝘂𝘀𝗰𝗵𝗮𝗻𝗴𝘀𝘁 𝘄𝗶𝗿𝗸𝗹𝗶𝗰𝗵 𝗵𝗲𝗹𝗳𝗲𝗻 𝗼𝗱𝗲𝗿 𝘄𝗶𝗲 𝗱𝘂 𝗔𝗻𝗴𝘀𝘁 𝗯𝗲𝗶 𝗛𝘂𝗻𝗱𝗲𝗻 𝗴𝗮𝗻𝘇𝗵𝗲𝗶𝘁𝗹𝗶𝗰𝗵 𝗮𝗻𝗴𝗲𝗵𝗲𝗻 𝗸𝗮𝗻𝗻𝘀𝘁? 𝗟𝗶𝗻𝗸𝘀 𝗶𝗻 𝗱𝗲𝗻 𝗞𝗼𝗺𝗺𝗲𝗻𝘁𝗮𝗿𝗲𝗻!
𝗤𝘂𝗲𝗹𝗹𝗲𝗻
• Bleuer-Elsner, S., Medam, T., Masson, S., 2021. Effects of a single oral dose of gabapentin on storm phobia in dogs: A double-blind, placebo-controlled crossover trial. Veterinary Record 189, no-no.
• Engel, O., Müller, H.W., Klee, R., Francke, B., Mills, D.S., 2019. Effectiveness of imepitoin for the control of anxiety and fear associated with noise phobia in dogs. Journal of Veterinary Internal Medicine 33, 2675–2684.
• Gruen, M., Case, B.C., Robertson, J.B., Campbell, S., Korpivaara, M.E., 2020. Evaluation of repeated dosing of a dexmedetomidine oromucosal gel for treatment of noise aversion in dogs over a series of noise events. Veterinary Record 187, 489–489.
• Harting, T.P., Bach, J.-P., Nolte, I., 2018. Efficacy and safety of dexmedetomidine and trazodone for the prophylaxis of acute noise phobia in dogs on New Year’s Eve: a prospective, randomised trial. Kleintierpraxis 63, 704–713.
• Korpivaara, M., Laapas, K., Huhtinen, M., Schöning, B., Overall, K., 2017. Dexmedetomidine oromucosal gel for noise-associated acute anxiety and fear in dogs—a randomised, double-blind, placebo-controlled clinical study. Veterinary Record 180, 356.
• Müller et al. (2025) Comparative efficacy and acceptability of anxiolytic drugs for the treatment of anxiety disorders: a systematic review and network meta-analysis. European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience 1–16.
• Riemer, S., 2020. Effectiveness of treatments for firework fears in dogs. Journal of Veterinary Behavior - Clinical Applications and Research 37, 61–70.
• Simpson, B.S., Papich, M.G., 2003. Pharmacologic management in veterinary behavioral medicine. Veterinary Clinics: Small Animal Practice 33, 365–404.